Riesenmaschine

17.04.2007 | 19:48 | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles | Zeichen und Wunder

Thermodynamik in Flaschen


Im Grossversuch: Der Unterschied in der Zeit, die liegende und stehende Flaschen für die gleiche Abkühlung benötigen, beträgt etwa 50%. Bleibt die Frage, ob man aufstehen oder liegenbleiben soll. (Foto: traxo) (Lizenz)
Morgens an die Thermodynamik denken lässt einen die Decke über den Kopf ziehen: Du kannst nicht gewinnen, du kannst nicht einmal unentschieden spielen, und du musst am Spiel teilnehmen.

Wenn einem die Sonne das Schlafzimmer aufheizt und es unerträglich macht, den Tagesbeginn weiter zu verschieben, sollte man schon mal über das Kaltgetränk der Wahl im Kühlschrank nachdenken, welches einen am Abend erwartet. Wahrscheinlich hat der fleissige Mitbewohner im Home Office aber alles geleert und nicht wieder nachgelegt. Dann kann man stattdessen im Halbschlaf darüber sinnieren, ob es besser für die schnelle Kühlung wäre, neue Flaschen aufrecht oder waagerecht in den Kühlschrank zu legen. Die zugehörigen Fluid- und Thermodynamikgleichungen am besten auf einem Taschentuch festhalten, dann kann man sie besser referieren, wenn man um 11:30 im Büro aufschlägt.


14.04.2007 | 14:25 | Anderswo | Alles wird besser | Alles wird schlechter | Sachen anziehen

Die Eier von Fred Meyer


Die Brüste von Madonna
Vor einem Monat wurde in Hongkong die erste H&M-Filiale Ostasiens eröffnet, was mit zwei Meter hohen Brüsten von Madonna beworben wurde, deren 'M by Madonna'-Kollektion hier zeitgleich Weltpremiere hatte. Das brachte rund 1.000 Leute auf die Beine, auch weil man den Klamotten-Discounter in Asien für eine exotische (=europäische) Nobelmarke hält. Unterstrichen wird dieser Eindruck durch die Lage des vierstöckigen Ladens: Die Queen's Road in Central ist eine der teuersten Adressen auf Hongkong Island, vergleichbar der Fifth Avenue in New York, wo H&M seit dem Jahr 2000 seinen amerikanischen Flagshipstore hat. Es standen aber auch deshalb viele Leute Schlange, weil sie dem Gerücht geglaubt hatten, Madonna käme selber. Am Ende kam nur ihr Trenchcoat. Dafür eröffnete vor zwei Tagen Ersatzmadonna Kylie Minogue persönlich den ersten H&M in Shanghai und stellte dabei ihre "H&M Loves Kylie"-Beachwear-Linie vor. Die beiden Eröffnungen sind insofern bemerkenswert, da H&M hier letztlich wieder nach Hause kommt. Vor rund 30 Jahren wurde in Hongkong das erste H&M-Produktionsbüro eröffnet, noch heute kommt 60 Prozent des H&M-Anziehzeugs aus Asien. Jetzt können endlich auch die Chinesen die Produkte kaufen, die sie Jahre lang mühselig hergestellt haben.


Die Eier von Fred Meyer
Das ist auch deshalb erfreulich, weil es energiesparend ist. Ein Teil der H&M-Klamottentonnen zumindest muss nicht mehr um den halben Globus verfrachtet werden. Andererseits kann man sicher nicht nur im Hongkonger Stadtteil Tai Koo Shing unten in der City Plaza, und zwar genau im UNY Supermarkt (eine japanische Kette), Eier kaufen, die von Fred Meyer stammen, 20 Stück für umgerechnet rund 2 Euro. Fred Meyer klingt wie der Name eines Massenmörders, ist aber nur der einer amerikanischen Supermarkt-Kette aus ursprünglich Portland, Oregon, die zu Kroger Co. gehört, dem fünftgrössten Einzelhandelskonzern der Welt. Natürlich fliegt man Freddie & Krogers Eier direkt aus den USA ein, denn auf dem langen Schiffstransport würden sie verderben. Energieverbrauchsmässig wird also insgesamt gar nichts besser. Eher bleibt es so mittel. Mal sehen, ob das auf die Dauer reicht.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


19.03.2007 | 19:27 | Alles wird schlechter

Das vierte Gesetz

Viele Tiere sind faule und inkonsequente Geschöpfe: Wespen etwa bauen sich behelfsmässige Wohnungen aus Spucke und kaum ist alles halbwegs fertig und wasserdicht, denken sie "passt schon, den Anbau für unsere 10.000 Kinder machen wir später" und ziehen ein. Klingelschilder fehlen auch noch nach Jahren. (Hier noch ein Beispiel). Menschen sind auch nicht besser. Haben sie z.B. einen Blogbeitrag einigermassen fertig geschrieben, also soweit, dass die Leser die Argumentationslinie verstehen dürften, wird er einfach schon mal veröffentlicht. Beispiele kann man ja auch später noch einsetzen, passiert dann aber doch nie.

Deshalb wurde der Roboter erfunden. Roboter wollen immer alles richtig machen. Spielen sie Schach, gehen sie bei jedem Zug immer wieder alle paar Milliarden Möglichkeiten durch, anstatt nach drei oder vier zu denken: "Ach, das geht schon so." (Hier noch ein Beispiel einsetzen). Der im Video vorgestellte Seestern-Roboter, der auch nach Verlust eines seiner vier Beine noch so gerade weiterhumpeln kann, ist daher eine fatale Entwicklung. Die wundervolle Verheissung des Provisoriums darf nie in der Welt der Robotik Einzug halten! Nie! Man sollte es sofort als vierten Punkt in die Robotergesetze aufnehmen, denn ansonsten kann man dieses ganze Roboterprojekt auch einfach für beendet erklären.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Als die Geräte stolpern lernten


14.03.2007 | 23:21 | Alles wird schlechter | Was fehlt | Sachen kaufen

Taschenbügeldramen


In dieser Form nicht tragbar (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Gesamtsituation in Russland ist durchaus besorgniserregend, aber sprechen wir von den Problemen, die uns um die Schulter hängen, sprechen wir vom Schweigekartell rund um das allgegenwärtig gesellschaftliche Taschenbügeldrama. Und schlagen wir ruhig einen weiten Bogen: Unternehmen beherrschen heute die Welt. Das ist gar nicht so schlimm, wie man zunächst denken sollte, viel schlechter als Staaten früher können sie sich vermutlich nicht anstellen. Unternehmen glänzen wie ihre Vorgänger nicht gerade durch übergrosse Zuhörfähigkeit ihren Untertanen (sog. Kunden) gegenüber, im Gegenteil tun sie alles, um möglichst kompliziert erreichbar zu sein. Dass es trotzdem Marktforschung gibt – also Kundenanalyse über Bande gespielt –, anstatt einfach nachzufragen, was toll ist und was nicht, hängt damit zusammen, dass zwei plus zwei noch vierer ist, wenn ein Experte es sagt.

Deshalb gilt an dieser Stelle das Sprichwort "Fragen kostet nichts" eben nicht, Marktforschung ist eine teuere Angelegenheit und so wird nur in Bereichen überhaupt nachgefragt, wo es sich zu lohnen scheint und wo man Produktunzulänglichkeiten vermutet. Oft sind diese Fehler aber ganz woanders, und so verwundert es nicht, dass die Taschenindustrie bislang mit Sicherheit viele Shrillionen ausgab, um die Modefarben und -materialien der neuen Saison herauszufinden, aber sich noch niemand des Taschenbügeldramas annahm; denn diese Halterungen, die eigentlich lotrecht zur Zugrichtung zwischen Haltegurt und Tasche sitzen sollten, verdrehen sich noch stets um 90°, klemmen dann längs und lassen sich nie wieder für länger als 30 Sekunden richtig positionieren. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Wie in Russland.


10.03.2007 | 00:26 | Alles wird besser | Alles wird schlechter

Pediaphilie konservativ


Als Logo für die Conservapedia? Konservativ, doch zu modern. (Foto: orangeacid, Lizenz)
Warum ich und nicht der da? So jammert manch ein Wikipediaautor, dem gerade wieder ein Artikel unter dem Sitzkissen weggelöscht worden ist. Wie die Pest, die im Dunkeln schleicht, wie die Seuche, die wütet am Mittag, so suchen Tag um Tag kübelweise Artikel die beliebte Internetenzyklopädie heim, welche formell allen gesammelten Löschstatuten genügen. Ob die dreiste Offenbarung der SS-Vergangenheit schottischer Dudelsackisten oder markante Biographien wie "Ist ein Typ der in Wien wohnt viele sind eifersüchtig auf ihn weil er einfach cool ist aber viel zu sagen gibts dazu nix kommts und besuchts ihn mal", es wird sich nichts geschenkt ("Vormittags ist aber mehr los im Löschbetrieb", so Wikipedia-Admin d). Manche Frustrierte unter diesen löschbedrohten Kulturvandalisten versuchen wenigstens, es auf die Ruhmesseiten dauerhaft gesperrter Lemmata zu schaffen oder im Humorarchiv blasoniert zu werden – oder aber, sie gründen einfach eine neue Pedia, von denen es inzwischen fast mehr gibt als Sand im Getriebe der Ursprungspedia. In diesem Reigen eine der letzten Neugründungen: Die logolose Conservapedia, ein Wiki für, wie erwartet, Konservative und Neocons. Wer also konservativ ist, der braucht sich nicht mehr in Löschdiskussionen mit linken Wikipedianern herumzuschlagen, sondern kann sich gleich mal hinsetzen und für die Conservapedia ein pfiffiges Logo entwerfen. Aber nicht zu modern, bitte.

Ruben Schneider | Dauerhafter Link | Kommentare (7)


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