Riesenmaschine

05.04.2010 | 13:57 | Berlin | Supertiere | Alles wird schlechter

Das Furbyhaus darf nicht sterben!


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Ein Schock für Nordwestkreuzberg und den Rest der Welt: Das allseits beliebte Furby-Haus soll als Teil des Kreuzberg-Tower-Ensembles grundsaniert werden und dabei baulichen Änderungen unterzogen werden. Laut Informationen der taz soll die Farbgebung geändert werden. Ein Skandal! Denn was könnte es schöneres geben, als grau-hellgrün, die Farbe der Flechten und der moosbewachsenen Steine, von Popeln, Schimmel und der Bundeswehr ... naja, okay, anders: Laut Informationen der taz sollen die als Markisen getarnten Augenbrauen verändert oder abmontiert werden. Abgerissene Augenlider! Ein Skandal! Nachdem der echte Furby in freier Wildbahn schon vor vielen Jahren vom Menschen ausgerottet wurde, sind nun auch seine Abbilder dran. Machen Sie es wie Peter Eisenman und unterzeichen Sie noch heute diese Petition.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Furbyhaus


29.03.2010 | 23:51 | Anderswo | Alles wird schlechter | Listen

Apfelbäumchenpflanzen jetzt im Live-Ticker verfolgen

Das Geschehen am Large Hadron Collider ist als journalistisches Thema mittlerweile nicht mehr das freshste, aber das interessiert bild.de natürlich nicht. Stattdessen wollte man dort vom morgigen Protonen-Aufeinanderschiess-Experiment per Liveschalte berichten. Zwar wird ein Verantwortlicher zitiert, der die ganze Sache schon im vorhinein zum langweiligen Unereignis erklärte, doch, so die Humeschen Induktionsskeptiker von bild.de, "genau kann er es auch nicht wissen – ein Experiment dieser Dimension wurde noch nie durchgeführt".

Die Videoverbindung kommt aber nun nicht zustande wegen "technischer Probleme", vermutlich hat ein Vogel die aufgestellte Webcam mit Krümeln beworfen. Darum greift man bei bild.de jetzt zum last resort der Berichterstattung: dem Live-Ticker. In diesem Fall ergibt sich daraus natürlich ein interessanter Versuchsaufbau (viel interessanter als diese ewige Protonen-Aufeinanderschiesserei): Entweder bild.de stellt morgen früh ab 9 Uhr den Rekord für den langweiligsten Live-Ticker der Welt auf – oder aber (mit einer Wahrscheinlichkeit von immerhin 50%, denn "it's gonna either happen or it's gonna not happen") es ergibt sich für alle Nerds, Geeks und sonstige Stubenhocker die wahrlich einmalige Möglichkeit, für ihren Lebensentwurf ein letztes Zeugnis abzulegen: "Weltuntergang? Ach, das lasse ich nebenbei im Live-Ticker laufen!" Wir werden es vermutlich nie erfahren, denn morgen um 9 Uhr schlafen wir natürlich noch.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Zen-Sportberichterstattung


01.03.2010 | 14:14 | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles

Milky Mars


Hier war früher mal ein Bild eines "Milky Way Simply Caramel", bitte bei Bedarf selber googeln
Nur ein Beispiel für die Bildungskatastrophe in Deutschland: Im Rahmen der Umstrukturierung zu Bachelorstudiengängen soll die Schokoriegelforschung neuerdings nur noch als Teilgebiet der Astronomie gelehrt werden, die wiederum nur als Teilgebiet der Physik gelehrt wird. Und alles nur, weil Frank C. Mars, der Schokoladenheld der Neuzeit aus Minnesota, im Jahr 1923 den Riegel Milky Way auf den Markt brachte, ein schlichtes Konglomerat aus Nougat, Karamel und Schokolade. Milky Way war angeblich eine Idee von Franks Sohn Forrest, der ein paar Jahre später nach England ging, um praktisch denselben Scheiss als "Mars" quer durch Europa zu werfen. In Europa wird stattdessen ein Milky Way ohne Karamel verkauft, eine Rezeptur, die in Amerika wiederum "3 Musketeers" heisst. Diese Ambiguitäten muss man aushalten, wenn man in der Astronomie was werden will.*

Aber es kommt noch schlimmer. Die ökologische Nische des Marsriegels war in Amerika eine Weile von einer Kreatur besetzt, die wir heute als Snickers Almond kennen, also das original Milky Way mit Mandeln. Das Proto-Erdnuss-Snickers, muss man wissen, ist ebenfalls eine Erfindung von Frank Mars. Und die Globalisierung versetzt dem bunten Treiben den Gnadenstoss, was technisch überhaupt nur als Metapher möglich ist, wenn überhaupt, indem sie das europäische Mars neuerdings auch auf dem amerikanischen Markt feilbietet. Astronomisch eine Sensation: In Amerika sind Mars und Milky Way identisch.

Schliesslich noch dieses: Irgendein Klugscheisser ist vor kurzem auf die Idee gekommen, in Amerika ein Milky Way ohne Nougat zu verkaufen, also wie das europäische Milky Way, nur mit Karamel. Kein Scherz, alles einwandfrei recherchiert. Das muss man sich mal vorstellen. Da dreht jemand an der Schokoriegelevolutionsschraube und erfindet ein inverses Anti-Mars. Schon bald wird das Universum kollabieren, so der gegenwärtige Konsens in der Literatur. Frank Mars jedenfalls ging später nach Tennessee und machte in Pferdezucht.

* Wikipedia: "In the Republic of Ireland the milky bar has always been white and Anne Mc Mahon is incorrect in saying that it was brown." Anne McMahon ist entweder vor kurzem gestorben oder aber Bibliothekarin in Limerick.


29.12.2009 | 15:12 | Anderswo | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles

Silver Prosumer


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Angst vor einer Hungersnot ist eine Kollektiveigenschaft der Über-80-Jährigen. Die Ereignisse der Kriegs- und Nachkriegszeit haben ihnen eingeimpft, dass man niemals genug hamstern kann, und deswegen werden im Altenheim die überzähligen Butterpakete vom Frühstück auch nicht weggeschmissen, sondern zu Dutzenden im Kühlschrank gesammelt, und wird den Kindern und Enkeln bei der Abfahrt noch reichlich Essen mitgegeben, nur für den Fall, "du hast doch sicher wieder nichts im Haus". Wenn wir in 50 Jahren selbst im Altenheim sind, wird es sicher nicht anders sein: Aufgewachsen in Zeiten grösster Not, werden wir den Kindern stets ungefragt ein paar Exaabyte-USB-Sticks einpacken, falls sie zuhause nicht mehr genug Speicherplatz haben.

Das Osnabrücker Diakonie-Wohnstift am Westerberg, bekannt für seine kreative Kuchenwerbung, nutzt dieses Generationentrauma nun schamlos aus, um sich von seinen Insassen unbezahlt bei den Vorbereitungen zum Neujahrsempfang helfen zu lassen. Waffelbacken, klar, wer weiss, ob es 2010 noch genug zu essen geben wird. Und so wird ganz nebenbei das Prinzip des Prosumenten endlich auch im Altersheim eingeführt. Gearbeitet wird mit den üblichen Euphemismen der Branche, denn Ort des Waffelbackgeschehens ist der, schon klar, "Kreativraum". Wenn demnächst als Seniorengymnastik der Zimmernachbar umgebettet wird, sollten wir unsere Pflegeversicherungsbeiträge zurückverlangen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Die Rache der Prosumenten


17.11.2009 | 16:25 | Berlin | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles

Ausweitung der Brunchzone


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Freie Neukölln hat vor kurzem seinen Kneipenbetrieb um eine Frühstücks- und Mittagsoption erweitert. Was auf den ersten Blick wie ein ganz normales Gentrifizierungssymptom anmutet, ist genauer betrachtet eine Pionierleistung. Denn während der Mittagstisch nur bis 17 Uhr bestellbar ist, gilt die Frühstückskarte bis 18 Uhr, also eine Stunde länger. Wir sind uns noch nicht ganz sicher, welche historische Entwicklung im Mahlzeitensektor sich hier gerade vor unseren Augen vollzieht: Die Wanderung des Frühstücks in eine spätere Tagesregion, möglicherweise sogar ein Platztausch von Frühstück und Mittagessen, oder die Erweiterung der Frühstückszeit auf 24 Stunden/Tag. Aber egal was es ist, es ist toll.


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