Riesenmaschine

07.08.2006 | 18:55 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Hummer statt Lobster


Schalentiere gehen anders (Foto: Eli Hodapp)
Der generelle Abrundungstrend der Welt hat jetzt auch die letzte Bastion eingenommen: Den Hummer, Amerikas sperriges und erdölverschlingendes Symbol für alles, wofür Amerika ein Symbol braucht, zum Beispiel für den Sieg über Stock und Stein. In einer Militäranalogie zum Camouflagetrend, der mittlerweile Handtaschen, Kinderkleidung und Stretchleggins erfasst hat, wird der grosse, gewaltige Hummer zum 0815-Gerät. In seiner Evolution vom H1 über H2 zum H3 verwandelt er sich graduell in ein rundes, aerodynamisches Luftei, das sich entgegen anderslautenden Behauptungen äusserlich durch fast gar nichts mehr von allen anderen handelsüblichen Geländetieren unterscheidet. Wenigstens die Produktnamen sind noch schön anachronistisch unbeeindruckt von der Massenproduktion. Und er kann immer noch interessante Kunststücke, z.B. Treppen hochfahren, was man auf der Hummer-Website mit Hilfe von zahlreichen hinreissenden Filmchen verifizieren kann (über Gallery, Movies). Der Convenience-Hummer H3, in Amerika seit 2005 für cirka 30000 Dollar im Handel, ist ab sofort auch in Deutschland erwerbbar. Er verbraucht nur doppelt so viel Benzin wie ein Kleinwagen, wo soll das hinführen, Hummer?


31.07.2006 | 09:49 | Anderswo | Supertiere | Alles wird schlechter

Hört das denn nie auf?


Täter und Opfer im Zoo von Saigon
Kaum hatten wir die Abschiebung von Abu, dem Pfähler, von Wien nach Halle gemeldet, schlugen zwei der grauen Mordgesellen erneut zu – in einem Safari Park im südchinesischen Shenzhen. Täter waren hier eine Elefantenmutter und ihr Kind, die ihr Verbrechen offenbar sorgfältig geplant hatten. Bei einer Tierschau war das Elefantenkind angewiesen, mit einer Besucherin auf dem Rücken unter dem Bauch der Mutter her zu laufen, die deshalb auf zwei Bänken stand. Sowie sich der Babyelefant dann unter dem Mutterbauch befand, stieg Frau Dumbo von ihrem Podest herab und zerquetschte so Beine und Unterleib der bedauernswerten Reiterin. Der Mordanschlag ist als umso perfider zu bewerten, als sich das Opfer auf der Hochzeitsreise befand. Die Frau wird nicht nur auf immer behindert bleiben, sondern sich auch nicht mehr fortpflanzen können. Gut möglich, dass es das Killerduo eben darauf angelegt hatte. In Elefantenkreisen scheinen offenbar Pläne zur Ausrottung der Menschheit zu kursieren, wozu gewalttätige Gangsterelefanten systematisch unsere Zoos unterwandern. Von hier aus lässt es sich nicht nur öffentlich alimentiert, sondern auch global hervorragend gegen Menschen agieren.

Elefantenversteher, die in Anbetracht dieser mörderischen Pläne Rüsselige hinter Gittern bedauern oder gar mit Musik zu trösten gedenken, können selber nicht bei Trost sein. Die Elefanten-Internationale sei jedoch hiermit ausdrücklich gewarnt: Die Riesenmaschine wird sie – in Zusammenarbeit mit dieser verdienstvollen Seite – von nun an verstärkt im Auge behalten und alles tun, um die Menschheit vor Unheil zu bewahren. Helfen bitte auch Sie mit und melden Sie uns verdächtige Elefanten in Ihrer Nachbarschaft oder Ihrem Bekanntenkreis.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Abu

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


25.07.2006 | 03:14 | Anderswo | Alles wird schlechter

Können Sie mal kurz die Kamera halten?


Irrelevante Informationen für Sekundenschläfer (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der Trend geht zum kurz. So sind kurze Internetadressen so beliebt, dass mittlerweile Dienste wie die Suchmaschine für 3-Buchstaben-Domains herausfinden, was an kurz überhaupt noch geht. Auch ist eine Korrelation zwischen Produkterfolg und Namenskürze zu beobachten. Der iPod (4 Buchstaben) ist Marktführer, das arithmetische Mittel der Konkurrenznamenslängen dürfte beim Doppelten bis Dreifachen liegen.

Zumindest auf dem Gebiet der zu langen Filme wird jetzt kurzer Prozess gemacht: In der Stadt mit dem sympathisch kurzen Namen New York entsteht The 1 Second Film. Für diese cineastische Übersprungsreaktion malen Dutzende Künstler zwölf riesige Einzelbilder, die dann jeweils zwei Mal abgefilmt 24 Frames oder eben eine Filmsekunde ergeben. Und nach dieser spannungsgeladenen Sekunde voller Action, unerwarteter Wendungen, romantischer Verwicklungen oder so ähnlich, also nach dieser Sekunde ist der Film dann vorbei. Fast.

Denn da kommt ja noch der Abspann – mit einem Making-Of und den Namen der Produzenten, was ziemlich viele sind, da jeder erwähnt wird, der mindestens einen Dollar gespendet hat. Und obwohl man das Ende ja eigentlich nicht verraten soll, sei es kurz erwähnt: Der Abspann dauert 90 Minuten. Spätestens jetzt fällt auf, dass dieser Artikel über verstiegene Projekte amerikanischer Kunsthysteriker schon viel zu lange ist und daher umgehend


19.07.2006 | 18:03 | Anderswo | Alles wird schlechter

Hier irrt der Ire


Menschen werden zu Fahrrädern (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wenn man mit den gängigen Billigfluglinien an irischen Häfen strandet, so ist es schwierig, die sauteuren Werbekampagnen von science.ie zu übersehen. Auf riesigen Plakaten wird auf Progression, Maturität, Rationalität und was weiss ich noch alles hingewiesen, was zusammen mit dem anhaltenden Boomboom Dublins dafür verantwortlich ist, dass man mittlerweile eine Stunde von der Stadt entfernt wohnen muss, um nicht einen Lottogewinn pro Monat an Miete zu bezahlen – ein konsistent gezeichnetes Bild vom freiheitlich fortschrittlichen Irland.

Wie sich durch die alte Kulturtechnik des Nachforschens herausstellt, gilt all dies Fortschrittliche leider nur, wenn man alt genug ist, um nicht zur Schule gehen zu müssen. Die Mehrheit der irischen Kinder nämlich besucht katholische Schulen, in denen Geschlechtsverkehr immer noch Dreck ist (was natürlich stimmt) und, viel schlimmer, die Erde vor 5000 Jahren oder so entstand, was selbst intelligente Vatikanangestellte für blöden Aberglauben halten. Wie man auf dieser konterrevolutionären Basis ein modernes Land aufbauen will, weiss der Geier, von denen es natürlich in Irland überhaupt fast gar keine gibt. So bleibt Irland, was es immer war, eine Luftblase irgendwo in diesem, na, wie nennt man die grosse Ansammlung von Wasser und Fischen, genau: Meer. Mehr nicht.


18.07.2006 | 02:16 | Supertiere | Alles wird schlechter | Papierrascheln

War nichts mit der Monogamie


So schön kann Promiskuität sein (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nur kurze Zeit, nachdem Dämonen als Erklärungsmodell für alles ausgedient hatten, kamen die Menschen auf die Idee, ihre liebgewonnenen, aber bisweilen problematischen Schrulligkeiten den Genen in die Schuhe zu schieben. Das funktionierte gut, Nachrichten über frischgefundene Gene, die für Intelligenz, Homosexualität oder Übergewicht verantwortlich sein sollen, plätschern heute noch im Wochentakt durch die Zeitungen.

Deswegen sei hier nur darauf hingewiesen, dass statt Genen auch andere biologische Faktoren zur Erklärung menschlicher Eigenarten hoch im Kurs stehen: Das Zusammenspiel der aus der menschlichen Darmflora weidlich bekannten Bakterienlangweiler Methanobrevibacter smithii und Bacteroides thetaiotaomicron wurde für die Fettpolster von Mäusen verantwortlich gemacht. Damit stehen uns neben Designer-Antibiotika, die verschiedene dickmachende Keime erledigen sollen, auch kaum vorstellbare T-Shirt-Aufschriften ins Haus. Hingegen zeichnen weder Maus noch Bakterium für die sexuelle Orientierung von Männern verantwortlich, sondern die Zahl der älteren biologischen Brüder – die Mechanismen, die dahinter stehen, sind unbekannt, werden aber sicher nachgeliefert.

Und wenn diese Meldungen von den Tickern verschwunden sind, werden sie üblicherweise alsbald widerlegt – so funktioniert das Wunderwerk Wissenschaft. Gerade zum Beispiel gibt es schlechte Nachrichten für alle Wühlmäuse, die unter Berufung auf ihr Genom die Seitensprünge der letzten Woche erklären wollen. Ihre Monogamie-Mutation wurde nämlich als nicht relevant enttarnt. Auch genetische Befindlichkeiten bleiben Befindlichkeiten.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Dopaminnesang


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