Riesenmaschine

19.06.2008 | 23:45 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Kontraste


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Über Kontrastflüssigkeiten für Windeln, Tampons und Katzenstreu wurde schon viel spekuliert, eine konkrete Antwort ist noch ausständig: Warum sie blau sein muss, wenn die Auscheidungen nicht auch blau sind, wie beim Wegdornbeeren essenden Kaninchen. Warum nun ausgerechnet Blau der Stellvertreter für Rot, Gelb und Braun ist, warum nicht Grün?

Ja, assoziiert man nicht mit Blau Frische, so wie uns die Kloreinigungsnabobs einzureden versuchen? Es scheint da einen nicht eindeutig definierten Graubereich zu geben. Was ist gutes Blau, was böses? Vollends verwirrend wird es, wenn Katzen das Blau ihrer Ausscheidungen so ans Herz gewachsen ist, dass sie in blauen Waschbecken schlafen. In Japan z.B. wirbt die Schlagersängerin Jun Tugawa seit Jahren für das Washlet der Firma Toto, indem sie sich die Hände mit Tubenfarbe blau beschmiert. Schmutz und Reinheit in einem. Nun scheint Japan generell ein Land der diffusen Grenzen zu sein, das braune Pepsicola wurde zuerst grün und jetzt blau. Noch hat keiner gesagt: Schmeckt wie Elvis. Das Argument, dass etwas, das so blau aussieht, nicht natürlich sein kann, kann man dann mit dem Schmutzargument entkräften. Andererseits: sind Ausflüsse und -scheidungen nicht auch natürlich?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Man schmeckt nur mit den Augen gut

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (7)


18.06.2008 | 08:59 | Anderswo | Alles wird schlechter

Nazivergleiche in die Steinzeit gebombt


Bunker (Foto, Lizenz)
Hitlervergleiche sind ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Kultur, nicht nur, weil sie Kohärenz von Vergangenheit und Gegenwart herstellen, sondern auch wegen ihrer inhärenten Unschlagbarkeit. Wer sich so ähnlich verhält wie Hitler, hat verloren, nicht nur den Weltkrieg, sondern auch seinen Ariernachweis oder so. Der Hitlervergleich, das einäugige unter den blinden Totschlagargumenten.

Aus Amerika jedoch kommt heute Kunde von einem Debakel in der neuzeitlichen rhetorischen Nutzung des Nazidebakels. Jemele Hill, kurzatmige Kolumnistin des Sportgiganten ESPN, kommentiert am Samstag die Finalserie der NBA mit folgender Sentenz: Rooting for the Celtics is like saying Hitler was a victim. It's like hoping Gorbachev would get to the blinking red button before Reagan. Ein Hitler- und ein Gorbatschowscherz in einem einzigen Satz! Grossartiges Beispiel abwegiger Sprachentartung.

Dann aber der Untergang. ESPN entschuldigt sich am Montag für den absolutely unacceptable comparison und entfernt die Statements. Was soll bitte daran inakzeptabel sein, eine altgediente rhetorische Figur in neuem Gewande zu verwenden, vermutlich historisch zum ersten Mal im Zusammenhang mit Basketballfans? Dumm, ja, aber inakzeptabel? Was soll's, Hill jedenfalls ist vorerst beurlaubt, um über ihre Worte nachzudenken.

Aber jetzt der eigentliche Skandal. Was folgt, ist die zensierte Fassung der Kolumne: Rooting for the Celtics is like supporting inflation, unemployment and locusts. It's like praying for Eva Mendes to get married and for Brad Pitt to be disfigured. So ja nun nicht, ESPN. Wer Hitlervergleiche durch Brad-Pitt-Vergleiche ersetzt, klebt auch Micky-Mouse-Sticker auf die Goldedition von "Mein Kampf". Celtics trotzdem 131:92.


11.06.2008 | 16:26 | Anderswo | Alles wird besser | Effekte und Syndrome

Na endlich ein EM-Beitrag!

Aus einem regulationstheoretischen Ansatz heraus lässt sich die Gesetzmässigkeit formulieren, dass je durchkapitalisierter ein gesellschaftliches Teilsystem ist, desto schwerer es sich tut mit der Hervorbringung von immer neuen Innovationen, die zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Systems führen.

Beispiel Hochleistungssport: Abgesehen vom Kempa-Trick im Handball 1954, vom Fosbury-Flop im Hochsprung 1968, der den bis dahin hegemonialen Straddle ablöste, und von der V-Stil-Revolution von Jan Boklöv im Skispringen Anfang der 1990er, der die parallele Beinhaltung zur Geschichte machte, hat sich in den letzen Jahrzehnten nicht mehr viel getan.

Aus den USA ist jetzt aber beim Fussball eine Neuerung am Herüberschwappen zu uns, die man vielleicht sogar bei der gerade begonnenen Europameisterschaft erstmals beobachten können wird, wer weiss: Der Flip Throw-In, bei dem durch einen zum Zwecke der Beschleunigung dem Einwurf vorgeschalteten Überschlag der Ball viel weiter und also viel gefährlicher in den Strafraum der gegnerischen Mannschaft gebracht, ja katapultiert werden kann als mit der herkömmlichen Technik.

Bilddokumente belegen, dass an der Technik aber noch gefeilt werden muss, will man verhindern, dass einen der dicke Schiedsrichter im gelben Hemd vom Platz stellt.


07.06.2008 | 10:14 | Anderswo | Sachen kaufen

Das neue It-Bag


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Für diese Saison reichlich spät zeichnet sich nun doch noch das ultimative It-Bag des Sommers ab. Es kommt aus einer Richtung, die kein Insider aus der Fashionwelt auf dem Schirm hatte. Dabei hätte man es ahnen können. Hatte nicht Marc Jacobs im letzten Sommer die Cargo-Bag mit Migrationshintergrund aus den Slums und Flüchtlingslagern der Dritten Welt bzw. den herausgeforderten Stadtvierteln des Westens auf den Laufsteg gezerrt? Hatte er. Ein Leichtes nun für einen Global Player wie IKEA, den Markt aufzurollen und durch die dezente Verkleinerung des Allzeit-Klassikers, der blauen IKEA-Tasche, das New-Ugly-Glamour-Segment zu entern. Im Testmarkt Schweiz ist die "kleine Blaue" bereits voll eingeschlagen. Am Paradeplatz tragen Bänkerinnen in Pumps und Prada darin in der Mittagspause ihre Laptops spazieren, am Belvue sieht man bored rich Teenagerinnen demonstrativ lasziv damit herumschlenkern. Lässig lässt sie sich zudem beim Dinner im Restaurant Rossi an die Stuhllehne knoten. Wenn uns nicht alles täuscht, dann kann den weltweiten Siegeszug dieses Kult-Bags in spe kaum noch etwas wirksam aufhalten.


06.06.2008 | 12:45 | Anderswo | Alles wird besser | Fakten und Figuren | Papierrascheln

Verpasste Riesenmaschinenchance


So macht sich Peking die Welt gefügig
Nur ein paar schale Kaurimuschel-Witze war unseren Lesern die Prophezeiung vor knapp zwei Jahren wert, Afrika sei das nächste grosse Ding, weil China dort im grossen Stil investiere. Und natürlich folgte niemand unserer Aufforderung, sich sofort nach Mombasa aufzumachen, um dort Equity-Kisuaheli zu lernen; wir haben den ganzen Kontinent per Google Earth abgesucht und ihn auf Riesenmaschinenleser überprüft. Zu Hause zu bleiben allerdings war ein grosser Fehler, denn inzwischen beginnt sich Afrikas Aufschwung noch deutlicher abzuzeichnen. In den vergangenen sechs Jahren, so schreibt der Wirtschaftsjournalist Frank Sieren in seinem neuen Bestseller Der China Schock. Wie Peking sich die Welt gefügig macht, war das gesamtafrikanische Wirtschaftswachstum höher als fünf Prozent. Einzelne Volkswirtschaften wie die Angolas sind in den letzten Jahren sogar jährlich um 15 Prozent gewachsen. Auch Sieren meint, Afrika boome, weil sich die Chinesen dort in hohem Masse engagierten. "Die Europäer" allerdings, so stellt er fest, "haben den Aufstieg Afrikas durch China verschlafen."

Weshalb das so ist, das erklärt sich und uns Allan Green, ein britischer Geschäftsmann in der Blüte seiner Siebziger, den Sieren in der nigerianischen Grossstadt Lagos trifft: "Ich rate den jungen Leuten in Europa immer wieder, ihr sollt nach Afrika gehen.... Dort habt ihr alle Möglichkeiten. Sie haben diesen Unternehmergeist verloren. Das Leben hat sie verwöhnt. Sie können einfach für eine Internet-Firma arbeiten, in Chicago, London oder sonst wo. Sie gehen nirgendwo mehr hin." Das ist jetzt mal ziemlich stramm dahinbehauptet. Es gibt allerdings ein paar stichhaltige Beweise für Greens These. Der beste sind Sie, denn Sie verschwenden offensichtlich ihr Leben auch nur damit, im Internet zu surfen, um Texte von Leuten zu lesen, die für Internet-Firmen in Europa arbeiten, statt endlich einmal auszuwandern und ein bisschen Geld zu verdienen. Jetzt machen Sie doch einfach mal.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Equity-Kisuaheli in Mombasa

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


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