Rätselhafte Völker gibt es viele, die an dieser Stelle schon mehrfach erwähnten Uiguren sind eins davon. So ist beispielsweise bis heute nicht geklärt, ob man sie nicht doch eher als Uighuren verdeutschen soll, oder gar als Uyghuren? Kryptisch bleibt auch die englische Untertitelung dieses uigurischen Restaurants in der an der südlichen Seidenstrasse gelegenen Jadestadt Hotan. Werden hier essbare Steine serviert, oder spielt man Rockmusik (für die die Uiguren auch in China bekannt sind)? Und warum heisst der Laden nicht gemäss der sonstigen uigurischen Gewohnheit "Rock Speed Foods"? Respektive dann doch wohl besser, weil präziser: "Speed Rock Foods", oder ganz genau: "Speed Metal Food"?
So würde wirklich ein echter Marketingschuh draus; gleich eine ganze Kette könnte man derart benennen, die sich gewiss in rasender Geschwindigkeit über den Globus ausbreiten dürfte. Was dort dann serviert werden soll, ist zwar noch nicht ganz klar. Aber wer an der Spitze des Konzerns steht, das haben wir hier schon mal gelesen: "In their over 20-year career, Slayer has ranked at the top of the speed metal food chain". Eigentlich klar.
Ja, es gibt hunderte toller Musikvideos, zum Beispiel das hier. Aber nur wenige von ihnen zeigen eine deutlich bessere Welt und müssen daher kurz erwähnt werden. Eine Welt, in der ausgestorbene Ungeheuer wie Dinosaurier und Kurznasenbären ausgestorben bleiben, und dafür ausgestorbene Computer, sagen wir Macintosh Plus, aus dem Meer steigen und das ausgestorbene Toronto erkunden. Freudetrunken und einsam stolpern sie über die armseligen, "The Beaches" genannten "Strände" der Stadt, klettern über die Mauern von Casa Loma, die leicht übersehbare "Burg" Torontos, erbaut 1911 von Selfmade-Pleitier Sir Henry Pellatt, bis sie zunächst im High Park und anschliessend im Beer Store landen. Denn schliesslich bauen wir diesen ganzen Quatsch nicht für unsere Kinder auf, die hoffentlich nie geboren werden, sondern für unseren Elektroschrott, der ästhetisch ohnehin viel besser zu urbaner Architektur passt.
Speedfoodschuppen in Kashgar Noch einer in TurpanFast Food gilt in seiner Heimat wenig. Jedes Jahr kommt ein Film heraus, in dem das praktische Essen schlecht gemacht wird; von Büchern ganz zu schweigen. In Fast Food Nation, einem Film zum Buch, wird es ab dem 17. November in den USA (respektive dem 27. Januar in Deutschland) eklig zugehen; u.a. soll Bruce Willis einen Big Mac spielen und Avril Lavigne eine Tüte Pommes, die Kühen aus der Klemme hilft.
Dagegen hat Fast Food in weiten Teilen der Dritten Welt einen guten Klang. So galt in China noch bis vor ein paar Jahren ein McDonalds als Nobelrestaurant. Das hat sich inzwischen geändert, auch weil es jetzt so viele sehr gute Restaurants gibt wie Hamburgerfilialen. In der Provinz jedoch schreibt manch einfacher Reis- und Nudelkoch noch immer "Fast Food" über seine Garküche, weil das so flott klingt, modern und weltläufig. Tatsächlich wird in China traditionell sehr schnell gebrutzelt und auch serviert, es sei denn die Xiao Jie hat die Bestellung wieder mal vergessen.
Noch schneller kochen nur die Uiguren in Xinjiang, der Upper Westside Chinas. Hier wird Speedfood auf den Tisch geschossen. Die Abbildungen lassen allerdings vermuten, dass es sich auch dabei um nichts weiter als des Turkvolks Standardessen handelt: Fetten Hammel am Spiess, Safranreis mit fettem Hammel, Nudeln mit Hammelfleisch (die fettere Sorte) und sehr leckere, mit nicht ganz magerem Hammelfleischhack gefüllte Dumplings. Doch wer weiss? Vielleicht sind die Dumplings hier nichts anderes als Speedballs, hat man den Reis mit Amphetamin gestreckt und getrunken wird dazu Benzedrin-Tee aus Crystal-Gläsern? Wir haben es nicht ausprobiert. Wir hatten es gerade eilig.
Baugleich, in Brighton (Foto: elsie)Ganz allgemein weiss man ja nicht, ob es so gut ist, ohnehin Unvermeidliches zum Trost ästhetisch zu verbrämen (vgl. Gefängnisse, "Reizwäsche"). Aber nicht deshalb wurden die in der Wiener Opernpassage angebrachte Pissoirs der Marke Kisses von der Grünen-Stadträtin Monika Vana kritisiert, sondern weil sie ein Bild der Frau als willige Schwanzlutscherin vermittelten (Quelle: taz-Blog). Mal abgesehen davon, dass auch Männer, diese notorischen Ferkel, sich nur im äussersten Notfall von Urinalen den Schwanz lutschen lassen, ist das ein bisschen ungerecht: Der Mystique Night Club in Bangkok bleibt trotz gleicher Urinalausstattung vom Zorn grüner Stadträtinnen verschont.
So lange die weltweite Pinkellandschaft ästhetisch so karg ausgestattet bleibt, kommen wir einer Antwort auf die eingangs angesprochene Frage jedenfalls nicht näher. Ausser Clark Sorensens Blumen und Muscheln und irgendwelchen Porzellankirchen und Ritterburgen gibt es kaum Alternativen zum klassischen Baumarktmodell. Wir müssen also zum wiederholten Male die Designer ermahnen, nicht so viele Weinaufbewahrungslösungen und Wasserhähne zu designen, sondern hin und wieder auch mal ein Urinal, eine geräumige Flasche oder wenigstens einen Baum zum Dranpinkeln. Bäume sind auch ganz schön.
Während man in Europa denkt, der ganze afrikanische Kontinent sei nichts weiter als eine Elendsregion und tauge höchstens als Roh- bzw. Schundstofflieferant, glaubt man in China, Afrika sei das nächste grosse Ding. Wie gross genau, das ist an den gigantischen Werbetafeln abzulesen, mit denen ganz Peking in den letzten Tagen tapeziert wurde, und die dicke Elefanten zeigen. Noch dicker wird nur der Chinesisch-Afrikanische-Gipfel an diesem Wochenende werden, die grösste Gipfelkonferenz in China seit 50 Jahren. Wenn aber die Chinesen denken, Afrika sei im Kommen, wird da was dran sein. Immerhin muss die hiesige Regierung 1.000.000.000.000 US-Dollar, die, wie soeben verkündet, sich in Chinas Geldspeichern an Währungsreserven angesammelt haben, irgendwann und irgendwo auch wieder ausgeben. Warum nicht in Afrika, wo man ganz viel Geld investieren kann, weil noch so wenig Infrastruktur (Autobahnraststätten, Skulpturenparks, Ölpipelines nach China) da ist? Im Jahr 2005 wurden bereits 1,18 Milliarden chinesische US-Dollar in 49 verschiedenen afrikanischen Ländern angelegt. Wer als junger, karrieregeiler Riesenmaschinenleser also nach einer Chance sucht, vom nächsten, fetten Wirtschaftsboom zu profitieren, sollte sofort aufhören, Wirtschaftssinologie in Konstanz zu studieren. Der chinesische Zug ist gestern abgefahren und alle Abteile sind besetzt. Besser legt man sich an den Strand von Mombasa, lernt BWL-Amharisch, Invest-Yoruba, Money-Hausa, Real-Estate-Wolof, Cash-Flow-Zulu oder Equity-Kisuaheli und fängt sodann als Korrespondent der Jambo-Maschine an.