Riesenmaschine

01.05.2007 | 19:13 | Berlin | Essen und Essenzielles

Vom Zauber des Nebenbeiten


Immerhin können sich nur sehr grosse Kinder die Hände verbrennen. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nebenbeiten. Ein nagelneues, famoses Wort für eine halbneue, halbfamose Tätigkeit. Es ist eine Kurzform von "nebenbei arbeiten" und bedeutet im vorliegenden Fall eine gleichzeitige Verbindung von Nutzflächenoptimierung, Just-in-Time Lean Production, Arbeitsprozess-
Parallelisierung und Verarschung. Wir sehen einen Supermarkt, in dem integriert ins Brotregal ein Backofen steht. Das ist die Nutzflächenoptimierung. Wir sehen auch, dass daneben ein Tablett unfertiger Brötchen steht, das genau dann in den Ofen geschoben wird, wenn der Brötchenvorrat zur Neige geht. Das ist die Just-in-Time Lean Production. Wir ahnen aber auch, dass der Backvorgang nicht unbedingt von Konditormeistern vorgenommen wird, sondern von Regalbefüllern, die vorher eine vierstündige Ofenschulung bekommen haben mögen. Das ist die Arbeitsprozess-Parallelisierung. Und schliesslich vermuten wir, dass diese nebenbeitenden Backbefüller niedrigentlohnt werden dürften, aber auch sie irgendwann eingespart werden, so dass als Steigerung nur die Flucht nach unten bleibt: schon in naher Zukunft werden die Kunden ihre Brötchen selbst backen müssen. Supermärkte werden nur noch Zutaten und Gerätschaften bereithalten, der Trend wird sich weiter verschärfen, indem die Entertainmentgesellschaft daraus ein Event macht und ganz am Ende kommt man beim Supermarktgang in eine riesige Halle, wo man die Kuh selbst künstlich besamen muss, damit man ein Jahr später im Rahmen eines Live-DJ-Sets ein Kalbsschnitzel überreicht bekommt. Wenn man in der Zwischenzeit Hunger hat, mäht man ein Feld und bäckt sich ein Brot in einem der Öfen im ehemaligen Brotregal.


30.04.2007 | 03:03 | Berlin | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Der traurigste Geldautomat der Welt


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Banken sind over. Als man sich in den 1970er Jahren noch kritisch mit dem Kapital auseinandersetzte, bemühte der aufgeklärte, aber nostalgische Studienrat einen Vergleich: "Früher waren die Kirchen die höchsten Gebäude der Stadt, um Glanz und Macht zu zeigen – inzwischen sind es die Türme der Banken." Heute gibt es andere Herrscher der Finanzwelt, "Masters of the Universe" nennen sich Fondsmanager selbst und nehmen ihr Selbstbewusstsein daher, dass sie in ihrer lebenslangen 29-Jährigkeit 400 Jahre alten Banken sagen, wo es langgeht. Gleichzeitig beginnen P2P-Banken wie Zopa oder das deutsche Smava von unten an den Banken zu kratzen (auch wenn auf Smava Kreditnachfragen über 5.000 Euro für 1.000 "hocheffiziente Holzsparkocher" in Nigeria von einem anonymen Mitglied einer "Nicht-Regierungs-Organisation" nur begrenzt vertrauenserweckend scheinen).

Insgesamt litt und leidet das Image der Banken von allen Seiten. Oft genug gelten sie irgendwie als heuschreckoid, aber sind gleichzeitig deren Opfer. Sie entlassen in Scharen, schliessen Filialen, man ist entweder sauer auf sie oder sie sind einem egal und die meisten Menschen beschäftigen sich mit Banken nur noch, wenn sie ihre Spammails löschen.

Da passt es gut, wenn in einem Supermarkt in Berlin ein Geldautomat den denkbar grössten Kontrast zu der marmornen Eingangshalle einer altehrwürdigen Grossbank mit Zedernholztresen darstellt: Zwischen dem handgeschriebenen Brötchenangebot des Frischebäckers, Plastiknachbildungen von Terrakotta-Blumenkübeln und einem Sortiment Blumensamen im Papp-Display, nur zwei Meter von der stinkenden Pfandflaschen-Rückgabe entfernt, steht ein weinender, verschmutzter Geldautomat, achtlos dort von seiner Bank hingerotzt und trauert der Zeit nach, als er noch regelmässig vom Klassenfeind mit Steinen beschmissen wurde, weil er ein stolzes Zeichen des herrschenden Bankenkapitalismus war.


25.04.2007 | 20:13 | Berlin | Alles wird schlechter

Neue Höflichkeit – Rückrufaktion

Die Graffitivermeidungstechnik "Neue Höflichkeit" (links im Bild), über die wir im Sommer 2005 berichteten, ist, wie sich (rechts im Bild, aktueller Zustand der Mietsache) herausgestellt hat, leider defekt. Wir bedauern aufrichtig die Unannehmlichkeiten, die manchem Leser durch unsere Berichterstattung entstanden sein mögen, bitten aber um Verständnis. Wer stets von der vordersten Front des Fortschritts berichtet, kann nicht immer zwei Jahre abwarten, ob sich ein neues Verfahren in der Praxis bewährt. Dass sich das Klingelschild deutlich tagfreier darstellt als zum Zeitpunkt unserer ersten Veröffentlichung, macht weitere Untersuchungen erforderlich, von deren Ergebnissen wir in aller gebotenen Voreiligkeit berichten werden.

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Neuer Trend zur Höflichkeit


25.04.2007 | 12:29 | Berlin | In eigener Sache

Berlin Bunny Lectures Vol. 25


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Endlich ist es soweit, am jetzt kommenden Freitag um 20 Uhr werden wir (Supatop- und das Hilfscheckerbunny) die heitere Performance-Bühne des nbi betreten und uns dort mit dem wichtigsten Thema der heutigen Zeit auseinandersetzen: Mit Kunst – pro und contra! Dabei stehen uns klugen Bunnies drei schillernde Vertreter aus der internationalen Kunst und Karikaturszene zur Seite: F.W. Bernstein wird über Karikaturen sprechen und noch über so allerlei! Helge Flemming wird über "erfolglose Künstler" sprechen und darüber wie man mit Bilderrahmen Geld verdient! Und Daniel Richter wird Fragen zum Thema "erfolgreicher Künstler" beantworten und dafür sorgen, dass viele gut aussehende Kunststudentinnen im Publikum sitzen!

Ausserdem werden unsere singenden Musen, FIL, Jens Friebe und Swingin' Cäsar, ein paar schöne Kunstlieder und Avantgardistische Popsongs betragen! Worauf wartet ihr noch? Lasst Eure Pinsel und Sprühdosen fallen und kommt vorbei!


24.04.2007 | 11:44 | Berlin | Anderswo | Zeichen und Wunder

Ewige Jugend in Peking


Die Jugend wird immer älter, aber nicht unbeweglicher
Was kann man eigentlich daraus schliessen, wenn eine Bandikone des 20. Jahrhunderts in der mutmasslichen Hauptstadt des 21. Jahrhunderts auftritt, diese Band immer noch Sonic Youth heisst, ihre Mitglieder aber einen Altersdurchschnitt von genau 49 Jahren haben, und einem durchschnittlich 35 Jahre alten Publikum, das es sich leisten kann 35 Euro Eintritt zu zahlen, was ungefähr dem Monatsgehalt einer Pekinger Kellnerin entspricht, "Teenage Riot" vorspielen? Wahrscheinlich gar nichts, weil zu viele Variablen. Genauso unmöglich ist es im Moment noch zu bestimmen, ob Peking bereits Berlin voraus ist, was Auftrittstermine internationaler Bands angeht, oder immer noch zurück. Wer den gestrigen, übrigens sehr, sehr guten Auftritt von Sonic Youth im Pekinger Star Live Club verpasst hat, muss bis zum 27. Juni warten, bis er die Band in der Columbiahalle sehen kann. Oder er war im Dezember letzten Jahres da.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


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