Riesenmaschine

02.04.2006 | 18:01 | Berlin | Supertiere | Alles wird schlechter | Fakten und Figuren

Die teuflischen Frösche


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

An der Neuköllner Rütli-Schule gibt es bekanntermassen Probleme: Aggressive und gewaltbereite Schüler, die täglich durch eine tägliche Hölle aus Gewalt, Verrohung, Respektlosigkeit und Erniedrigung gehen, bis am Ende selbst die Lehrer um Schliessung der Schule betteln. Aber es sind nicht die Drogen, nicht die Sprachprobleme und auch nicht der Ausländeranteil, die zur Eskalation führen. Es sind die Frösche (Eingang Weserstrasse/Rütlistrasse). "Aber es sind doch nur Frösche", wird der Leser einwenden, "wer kann denn das ahnen?" taz-Leser konnten: "Als es darum ging, wie das Eingangsportal für die Jugendstrasse gestaltet werden soll, erzählte Wolfgang Janzer" – der schuldige Künstler – "den Kids von einer Fernsehreportage über Ochsenfrösche. 'Das ist eine knallharte Tierart. Sie vermehren sich schnell, sind aggressiv und machen alles platt.'" Noch Fragen?


29.03.2006 | 18:26 | Berlin | Alles wird schlechter

Der Kapitalismus macht alles kaputt


Kapitalistischer Realismus in märkischem Sand (Ausriss Berliner Zeitung) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die Umgestaltung von Berlins Mitte, einst stolzes und stilsicher eingerichtetes Wohnzimmer der DDR, schreitet mit grossen Schritten voran: Nachdem der Palast der Republik nun endgültig abgerissen wird zugunsten von garnichts, der liebenswürdige Kaufhof am Alex mit seiner Eierkartonfassade mittels massiver Sandsteinisierung jedem mittelstädtischen Einkaufscenter gleichgemacht wurde, enthüllte die verantwortliche Investorengruppe nun die Pläne für das in unmittelbarer Nähe entstehende Einkaufszentrum Alexa, die so unvorstellbar deprimierend sind, dass man nur noch weinen möchte. Natürlich handelt es sich beim Grundraster abermals um die vertikalen Albert-Speer-light-Portiken mit einheitlicher Traufhöhe in Sandstein. Davor geklatscht aber finden sich Deko-Elemente wie Rundbögen und Mosaike in sogenanntem "Art-Deco-Stil", die an die "Goldenen Zwanziger" erinnern sollen, "als Berlin zur europäischen Kulturmetropole aufstieg", dabei in Wahrheit aber eher an die typische Messing-und-Rauchglas-Wohnzimmereinrichtung von Möbel Hübner erinnern, die ihrerseits wohl als bastardisiertes Art Deco durchgehen kann.

Weil derart monströs-missratener Eklektizismus aber nicht einfach so für sich stehen kann, sondern einen Bezugspunkt ausserhalb braucht, ist davor ein ragendes, postmodernes Etwas in einer Art Memphis-Design eingeplant, das erkennbar keiner anderen Funktion dient, als die unmittelbar vis-à-vis befindliche Weltzeituhr zu verhöhnen. Das ganze findet ja nicht irgendwo draussen auf der grünen Wiese statt, sondern in unmittelbarer Nachbarschaft des vom Bauhausschüler Hermann Henselmann im fortschrittsoptimistischen international style der DDR-Nachkriegsmoderne gestalteten Ensembles aus Kongresshalle und Haus des Lehrers. Zum Glück wird Henselmann dieser Anblick erspart bleiben – er starb 1995.

Über die geplante Innenarchitektur wissen wir noch nicht viel, ausser dass dort – Erbarmen! – "Themen wie Musik, Tanz und Licht" aufgenommen werden sollen und der üblichen Einheitsmix an Läden dort einziehen wird. Damit sich der Kapitalismus endgültig auch in Berlin so anfühlt wie in Hannover und Bielefeld, und ja nichts mehr daran erinnert, dass es hier mal eine Alternative gab. Damit Deutschland endlich überall gleich aussieht, wie es Henry Morgenthau vorgeschlagen hatte – nur eben in kleinbürgerlich-kapitalistisch. Damit ein für allemal klar ist, dass es kein Entkommen gibt aus der ganzen Scheisse. Augen zu und durch.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Public Private Prostitution


28.03.2006 | 06:29 | Berlin | Anderswo | Vermutungen über die Welt

Die Sprache der Liebe


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

Es ist also gar nicht so, dass sich englischsprachige Rucksacktouristen aufführen wie die Katze beim Tierarzt, weil sie das gern so wollen und sich auch zu Hause nicht anders verhalten. Es sind, wie dieser Flyer "Backpacker's Phrasebook" von hostelbookers.com belegt, vielmehr wieder von Monty Pythons "Ungarischem Wörterbuch" inspirierte Autoren am Werk. Hier zeigt sich, dass die Sapir-Whorf-Hypothese der Linguisten eben auch und besonders in der Tourismusbranche gilt: Der Tourist ist ein ferngesteuerter Roboter der Fremdenverkehrsindustrie, dessen Verhalten durch die Sprachfragmente bestimmt wird, die ihm zur Verfügung stehen. "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt", heisst das bei Wittgenstein. Wohl dem Touristen, der da rechtzeitig Toki Pona sprechen gelernt hat, eine künstliche Sprache, die die Weltanschauung ihres Benutzers im Sinne des Taoismus formt. Leider wird sie von deutschen Taxifahrern nur in Ausnahmefällen verstanden.


26.03.2006 | 05:53 | Berlin | Alles wird besser | Sachen anziehen

Mit Planen planen

In der Schweiz gibt es ein lustiges Gesetz, nach dem vor dem Bau eines Hauses hohe Stäbe aufgestellt werden müssen, die die zukünftigen Aussenmasse des Hauses abbilden. Das Volk soll sehen, worauf es sich einlässt und gegebenenfalls protestieren. In Berlin Mitte gibt es ein ungeschriebenes Gesetz (Lex Stadtschlossi), nach dem jedes wiederaufzubauende oder zu restaurierende Gebäude zunächst durch eine bunt bedruckte Hausvortäuschungsplane vorgetäuscht werden muss. Anders als in der Schweiz soll das Volk dann nicht protestieren, sondern es gefälligst gut finden, wo man sich schon so eine Mühe gemacht hat, verdammt!


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

Hier sehen wir die vorgetäuschte, ehemalige Schinkelsche Bauakademie am Werderschen Markt in Berlin. Die Ecke ganz links ist symbolisch schonmal ein bisschen aufgebaut, der Rest ist nur geplant und daher verplant. Besonders erwähnenswert ist nun, dass auf der Plane mit der aufgedruckten Fassade auch noch ein Riesenplakat aufgedruckt ist. Gut, Mercedes-Benz unterstützt den Wiederaufbau, aber ist es tatsächlich schon so weit, dass ein grosses Gebäude ohne Riesenplakat drauf aus der Ferne nicht echt scheint? Werden unsere Kinder erschrecken, wenn sie unverplante Fassaden sehen? Ist unsere Gesellschaft tatsächlich schon so verworben? Die Antwort lautet: Ja.

Genau gegenüber übrigens steht der Palast der Republik, vulgo Volkspalast, der in diesem Moment abgerissen wird. Hier hätte man vielleicht einfach den umgekehrten Weg gehen können und vor dem Abriss riesige Bilder von einer Brachlandschaft an der Fassade anmontieren können, damit sich das Volk schon mal vorstellen kann, wie die Gegend ohne den Palast aussieht und eventuell hätte protestieren können. Ach nee, es hat ja protestiert. Hat aber nichts genützt. Das mit der Plane hätte man trotzdem machen sollen, schade um die schöne Werbefläche.


23.03.2006 | 10:23 | Berlin | In eigener Sache

Riesenmaschine plant ihre Woche


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Soeben eingetroffen: Die Termine für kommende Woche und Berlin. Am Montag, den 27.März., stellt der kürzlich sogar mit einem Orden dekorierte Erfolgsautor Joachim Lottmann seinen neuen Roman Zombie Nation im nbi vor (20 Uhr). Das anschliessende Gespräch mit dem Autor werden das Supatopcheckerbunny und Kirk Albers führen. Am Dienstag ab 20.30 Uhr präsentieren Kathrin Passig und Holm Friebe die Kolumnensammlung Das nächste grosse Ding im Festsaal Kreuzberg. Am Mittwoch findet als vorläufiger Höhepunkt der Woche und drittes Après-Bunny-Format nach Powerpoint-Karaoke und RiesenmaschineTV ebenfalls um 20 Uhr im nbi die Weltpremiere von Mutmassungen über Tiere statt. Details über das Format – ausser dem gelungenen Logo – können hier leider noch nicht bekannt gegeben werden, weil sie noch nicht feststehen. Fest steht jedoch: Es wird ein weiterer historischer Abend. Die Termine für Donnerstag und Freitag werden in Kürze hier bekanntgegeben.


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