01.09.2005 | 15:30 | Berlin | Alles wird besser
Endlich mal positive Nachrichten vom maroden und maladen Wirtschaftsstandort Berlin: "Manager meiden Berlin. Top-Positionen in der Stadt sind seit Monaten unbesetzt – trotz hoher Gehälter", vermeldet heute die Berliner Zeitung in ihrem Berlin-Teil. Prima, denkt man sich. Wenn jetzt auch noch die Kleinkünstler, Eventveranstalter und Neo Popper wegbleiben, steht der wirtschaftlichen und vor allem mentalen Genesung Berlins kaum mehr etwas im Wege. Bei der weiteren Lektüre des Artikels erweist sich jedoch, dass es sich bei den unbesetzten Stellen lediglich um Führungsjobs in städtischen Unternehmen handelt. Dazu fällt uns nun wiederum im Guten wie im Schlechten nicht besonders viel ein.
01.09.2005 | 14:50 | Berlin | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Es passt zur Einstellung der Berliner gegenüber der Welt und sich selbst, dass es zwar keine Berge gibt, aber man ganz gern so tut als ob. Sei es ganz früher mit den Bezirksnamen Schöneberg, Prenzlauer Berg, Kreuzberg, früher mit Aufschüttung der Kriegstrümmer zum Teufelsberg oder jetzt in verschiedenen künstlichen Aufbauten, etwa auf dem Wild West Rockin' Strandmarkt (auch schon hier beschrieben) oder mit dem künstlichen Berg im Palast der Republik bzw. Volkspalast. Doch solche Haltungen provozieren gerade zu die Entlarvung. Genau das passiert im Mauerpark, dem ehemaligen Todesstreifen und höchsten vielleicht zweithöchsten Punkt des Bezirks Prenzlauer Berg. Wie man auf dem Foto sieht, wird damit gleichzeitig eine neue Spielart der Street Art ins Leben gerufen: das 3D-Betongraffiti in Schreibschrift. "Ceci n'est pas une montagne", das ist kein Berg – dem kann man kaum widersprechen, nicht mal als Berliner, und schon gar nicht, wenn man folgenden Urberliner Ausspruch kennt, der die schmerzvolle Berglosigkeit mit Schnodderigkeit zu überdecken versucht: "Okay, wir haben keine Berge in Berlin, aber wenn wir welche hätten, wären sie 10.000 Meter hoch!"
(Zur weitergehenden Information: folgt man dem Link zum Volkspalast, dann erkennt man recht schnell, woher die Betonschrift stammt.)
31.08.2005 | 19:25 | Berlin | Anderswo | Alles wird besser
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Wer hätte gedacht, dass sich ausgerechnet Museen im deutschsprachigen Raum zu Treibern der symmetrischen Gleichberechtigung entwickeln würden? Doch die beiden (zusammengeschnittenen) Fotos beweisen es: sowohl im Berliner Technikmuseum als auch im Züricher Schweizer Landesmuseum gibt es auf den Herrenklos Wickeltische. Bis auf die Einrichtung einer dritten, geschlechtsneutralen Toilette für Transsexuelle, Hermaphroditen, Transvestiten und Unentschlossene kann man kaum mehr für die Gleichberechtigung der Geschlechter im Sanitärwesen tun. Dass der Einbau auf irgendwelche Richtlinien der EU zurückgeht, ist unwahrscheinlich. Denn zum Einen hat "Wickeltischpflicht" ebenso wie "Pflichtwickeltisch" null Google-Treffer und zum Anderen ist die Schweiz gar nicht in der EU.
31.08.2005 | 13:09 | Berlin | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Konträr zum vorherrschenden Trend, wonach immer weitere Teile des öffentlichen Raumes nach Firmenheadquartern ( "An den Treptowers") oder Shoppingcentern ( "An der Alexa", Riesenmaschine berichtete) benannt werden, selbst die Umbenennung des Wiener Karlsplatzes in "Nikeground" – im Rahmen einer Kunstaktion postuliert – längst nicht mehr leicht als Fake durchschaut wird, geschehen mitunter Zeichen und Wunder. So ist es auf Betreiben und Initiative der Taz nun tatsächlich gelungen, die partielle Umbenennung der Kreuzberger Kochstrasse in Rudi-Dutschke-Strasse zu erwirken. Das ganze darf durchaus als Retourkutsche in der Erbfehde zwischen Taz und Springer-Konzern gelten, hatte Springer doch vor rund zehn Jahren die Umbenennung eines Teils der Lindenstrasse in Axel-Springer-Strasse durchgesetzt. Die Pikanterie an der Sache ist, dass nun auch Teile des Springerverlages, namentlich der Neubau, unter der neuen Adresse firmieren, was einer gewissen historischen Ironie nicht entbehrt. In Anspielung auf den Bild-Titel zur Papstwahl ("Wir sind Papst") liess es die Taz denn auch heute mit einem entsprechend umgewandelten Button auf der Titelseite an sportlicher Häme nicht mangeln. Bei Springer nimmt man es indessen gelassen. Sprecherin Edda Fels beschreibt die Reaktion des Konzerns tapfer mit "Gleichmut", Springer habe sich nie dagegen engagiert und akzeptiere die demokratisch gefällte Entscheidung. Es ist aber davon auszugehen, das die Pläne für die nächste Eskalationsstufe im symbolischen Hoheitskampf bereits in der Schublade liegen. Wir erwarten gespannt die Innitiative zur Umbenennung von Kreuzberg in BILDberg, gekontert von der zur Umbenennung Berlins in APOstolien.
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30.08.2005 | 13:47 | Berlin | Alles wird besser
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Die Zukunft der Sexualität liegt, wie man mit einem Blick in dieses Internet leicht feststellen kann, in der Diversifikation, hat man doch in letzter Zeit herausgefunden, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Dinge interessant finden. Einer der durchaus drittgrößten Interessenbereiche ist am Samstag, den 3. September, in Berlin auf dem Folsom Europe*-Straßenfest vertreten: es geht um Leder/Fetisch, wie die Schwulen sagen bzw. SM, wie die Heteros sagen, in jedem Fall um "eine Veranstaltung, die jenseits der guten Sitten liegt und an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten ist", wie die Berliner CDU sagt. In San Francisco, wo es dasselbe schon seit 1984 gibt, zieht die Folsom Street Fair um die 300.000 Besucher an, und hey! Diese Sexualitätsangelegenheiten könnten ja eventuell ein Wirtschaftsfaktor sein! So denkt man sich im Berliner Senat, bei der IHK und bei der Berlin Tourismus GmbH; vermutlich, nachdem man einen Blick in dieses Internet geworfen hat. Wir sind stolz auf unsere Stadt, in der man sich so kluge Dinge denkt, und erwarten gespannt weitere Entwicklungen und Ausdifferenzierungen (gemeinsame Fußfetisch-/Flipflop-Messen, DB-Sonderfahrten der bisexuellen Trainspotter), die wir, wenn es demnächst so weit ist, uneingeschränkt befürworten werden. Schon aus Prinzip.
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