Riesenmaschine

06.01.2006 | 03:20 | Supertiere | Fakten und Figuren | Papierrascheln

Dopaminnesang


Warum ist Wissenschaft nicht immer so? (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
"Saget mir ieman, waz ist minne?
weiz ich des ein teil, sô wiste ichs gerne mê". So klagte ratlos der Minnemann von der Vogelweide, und so klagen natürlich auch wir. Schon allein der drolligen Schreibung wegen, "wiste", haha. Äh, ja. Ausserdem, wer wiste nicht gerne mê über die wundersamen Vorgänge in der Minne drinne. Und verbände sich solches Wissen ums Minneinnere gar mit possierlichem Wühlmauswissen, handelte es sich also praktisch um possierliche Wühlmausminneinnenansichten, dann strömte das Gefäss unserer Freude über, es wäre dann kein Halten mehr und alle Dämme brächen. Kein Zweifel also, wir haben ein bisschen zu lange am grade erschienenen Aufsatz in Nature Neuroscience über die Rolle von Dopamin in der Wühlmauspartnerwahl geknabbert, und jetzt sind die Dopamine in unserem Kopf verstellt und wir voll in den Aufsatz reinverknallt. Oder jedenfalls in die nebenstehende Abbildung daraus. Kamma nix mâ, amor vinxit omnia. Oh süsses, doofes Dopamin.


05.01.2006 | 12:46 | Fakten und Figuren

Leichenpaparazzi


Kantige Gesichtszüge: Adam (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Prominente Leichen beobachten, eigentlich der Mikrotrend der zweiten Jahreshälfte 2005, bleibt auch im neuen Jahr ein angesagter Zeitvertreib. Nachdem in den letzten Monaten bereits der Schädel von Kopernikus, die Knochen von Beethoven und überhaupt der älteste Mensch der Welt ans Tageslicht gebracht wurden, wird jetzt Mozarts Hirnschale gründlich in die Öffentlichkeit gezerrt. Das ist gleichzeitig natürlich ein Paukenschlag zu Beginn des Mozartjahres 2006, das damit logisch und schön mit seiner kausalen Ursache, nämlich Mozarts Kopf beginnt – wenn auch nur dem Aussen und nicht dem Innen, erkenntnistheoretisch somit immerhin zweifelhaft. Optimistisch gestimmt wegen des Vorhandenseins einer Schädelverletzung, die dem späten Mozart womöglich erhebliche Kopfschmerzen bereitete und vielleicht auch eher Todesursache ist als "hitziges Rieselfieber", sucht man nun mit Hilfe eines DNA-Tests den endgültigen Beweis, dass Mozart a) einen, genaugenommen diesen speziellen Kopf besass und b) wirklich tot ist. Neuartige Ergebnisse dieser Untersuchungen sind am Sonntag 21:55 im ORF zu besichtigen.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


02.01.2006 | 04:39 | Fakten und Figuren

Keiner hilft keinem


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Jahrzehntelang hatten die Männer nur ein Motto: Feuer, Pfeife, Stanwell, ein süsslich stinkender Tabak, mit dem die aus dem Krieg heimgekehrten Männer ruhiggestellt werden sollten (Wärme, Haltegriff, Essen). Doch dann kam Jörg Schlick und gründete den Geheimbund Lord Jim Loge, mit dessen Dreieinigkeits-Logo (Sonne, Busen, Hammer) er endlich eine vernünftige Alternative anbot, und die, man kann es ruhig so sagen, das geheime Vorbild für die Riesenmaschine ist. "Durch Schlicks Positionierung von Logo und Leitsatz in jeder seiner Arbeiten, veröffentlicht er das Geheimnis der Bundesmitglieder, die sich aus Abenteurern und Künstlern hierarchie- und statutenlos zusammensetzen und jeweils als 'Einer von uns' erkannt werden, kein Geheimnis zu haben, also der Indiskretion, verdeutlicht in deren Leitspruch 'KEINER HILFT KEINEM', und entlarvt damit politische, wirtschaftliche, religiöse und freundschaftliche Zusammenschlüsse als Machtbereicherungsstätten, deren Hülsen er aber beibehält und neu auflädt, um damit Institutionen ebenso wie geltende Wertvorstellungen und Kunstbegriffe in Frage zu stellen." (Elisabeth Fiedler). Am 29.12. 2005 starb Jörg Schlick im Alter von 54 an Knochenkrebs.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


01.01.2006 | 07:13 | Fakten und Figuren | Zeichen und Wunder

Supremely indifferent


Matthias "Matze" Politycki (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Der Manifestschriftsteller Matthias Politycki hat anlässlich des Lübecker Literaturtreffens formerly known as Günter Grass kocht Kaffee erneut ein Manifest geschrieben. Diesmal heisst es "Dies ist kein Manifest" und handelt davon, dass sein letztes Manifest ("Was soll der Roman? – Manifest für einen Relevanten Realismus") auch schon kein Manifest gewesen sei. Das Feuilleton habe einen schweren Fehler begangen, es schlecht zu finden, wie man daraus ersehen könne, dass literarisches Bemühen seitdem verstärkt mit dem Begriff "Relevanter Realismus" schlechtgefunden würde. So ähnlich. Ferner wird überraschend eine Rückkehr zum "Brennpunkt des gesellschaftlichen Diskurses" gefordert, "Primär-, Sekundär- und Tertiärliteraten" werden gebeten, an einem "Ruck" mitzuwirken, abermals in alle Richtungen zu denken, mit anderen Worten, mehr Manifeste zu schreiben.

Ein Mann, der in seinem Leben nie ein ordentliches Manifest hinkriegte und auch keiner literarischen Gruppe angehörte, war der vermutlich Quartärliterat Vladimir Nabokov. Er musste einmal in der Zeitung über sich lesen, er würde auf einem Literaturfestival mit anderen Schriftstellern über die Zukunft des Romans diskutieren. Er antwortete in der London Times, dass er nicht im Leben daran denke, mit von ihm verachteten Schriftstellern wie "Sartre", "Russell" oder "Ehrenburg" auf einer Bühne zu sitzen. Und fügte die weisen Worte hinzu: "Needless to say that I am supremely indifferent to the 'problems of a writer and the future of the novel' that are to be discussed at the conference."


30.12.2005 | 03:47 | Alles wird schlechter | Fakten und Figuren

Ausgangsleistung im Zeptowattbereich


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die grosse Doppelbegabung Herschell Gordon Lewis war Zeit seines Lebens nicht nur von Blut, Schorf, Eiter und vom Geräusch ausgerissener Zungen fasziniert, sondern naheliegernderweise auch von richtig schlechter Werbung. Zahlreiche Filme und Bücher hat er zu beiden Themen gemacht, und man kann vermuten, dass er seine helle Freude an aktueller deutscher Werbung hätte. Stellvertretend für die harschen Zustände derzeit zwei kesse Beispiele:
Die CMA (=Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH) punktet nicht nur durch eine sagenhaft scheussliche Anzeigenserie, sondern liefert auch noch die Erklärung, warum sie sich nicht logischerweise CMG oder CMGDDAMBH abkürzt: Finde mal ein Wort in dem sich diese Buchstabenkombination so gut einbetten lässt wie in GesCMAck.
Die Firma T+A (steht für "Theorie und Anwendung") vergleicht in der neuen Kampagne (Spiegel 52/05, Seite 47) eine ihrer Lautsprechersäulen mit einem Zierkarpfen (Motto "Das Duell/Teuer gegen teuer!"), natürlich hat der Fisch mehr Nachteile, weil seine "Ausgangsleistung im Zeptowattbereich" liegt und das Lautsprechergehäuse "selbstverständlich ohne Gräten" kommt. Und wo findet man das Zeug?
"Bewundern Sie unsere Geräte in diesen liebevoll gepflegten High-End-Teichen" (Es folgt der Händlernachweiswimmeltext).
Für diesen abstrusen Rotz würde sich nicht nur Herschell Gordon Lewis am Geräusch der zur Strafe bestialisch ausgeweideten Agenturknechte weiden.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


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