Riesenmaschine

28.09.2005 | 20:31 | Anderswo | Fakten und Figuren

Sport möglicherweise gesund

Wie der Wissenschaftsbüttel fürs Volk, Scientific American, neulich zu berichten wusste, verzeichneten die Notfallambulanzen rund um Boston in der Spielsaison 2004 um so weniger Notfälle, je besser die Red Sox spielten. Während der erfolgversprechendsten und demzufolge beliebtesten Spiele der Baseballmannschaft war die Zahl der Emergency Room-Konsultationen sogar um rund 15% niedriger, als aufgrund historischer Vergleichsdaten zu erwarten gewesen wäre.

Rechnet man das um beziehungsweise rüber beziehungsweise hoch auf Fussball und Deutschland, wird klar, wer 2006 das nationale Gesundheitssystem wirklich entlasten kann. Für den – selbstverständlich völlig unwahrscheinlichen – Fall, dass die deutsche Mannschaft schon im Halbfinale ausscheiden sollte, empfehlen wir jedenfalls für Herbst 2006 schon mal eine Beitragserhöhung ("Klinsmann XI") der Krankenkassen mit einzuplanen – oder doch zumindest einen Verbandskasten stets griffbereit zu halten.

Ira Struebel | Dauerhafter Link


27.09.2005 | 14:09 | Fakten und Figuren | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Jetzt schon: Der Pilz des Jahres 2006


Pilz des Jahres 06 (Foto: Melete / Lizenz)

Die Pilzsaison 2005 strebt gerade erst ihrem Höhepunkt entgegen (Krause Glucke, Herbsttrompete), da hat die Deutsche Gesellschaft für Mykologie bereits den "Pilz des Jahres 2006" ernannt. Ungeduldig scharrt der jugendlich-urbane Pilzfan mit den Hufen, ob nicht endlich ein Vertreter der Gattung Psilocybe (z.B. der Spitzkeglige Kahlkopf oder der Kubanische Träuschling) die Krone auf den halluzinogenen Kahlkopf gesetzt bekommt, aber wieder ist es nichts geworden mit einer mutigen Entscheidung der DGfM: Der Pilz des Jahres 2006 ist der Ästige Stachelbart (hericium coralloides) – ein ganz und gar langweiliger Pilz, den man weder als Mahlzeit noch zu Rauschzwecken konsumieren kann. Er juckt nicht einmal im Schritt.

Ganz im Gegensatz zu ihrer konservativen Preisverleihungspolitik beschreitet die DGfM aber ganz neue Wege in der Finanzierung ihrer wertvollen Arbeit: Wer willens ist, die Mykologie als eine der zukunftsträchtigsten biologischen Forschungsrichtungen zu unterstützen, kann neuerdings (ein entsprechendes grosszügiges Angebot vorausgesetzt, bitte in Gedanken jetzt den Daumen an Zeige- und Mittelfinger reiben) einen Pilz nach sich benennen lassen, und zwar eine erst kürzlich im Bayerischen Fünf-Seenland entdeckte Lachnella-Art. Interessenten sind aufgefordert, unter thrun@dgfm-ev.de ein Angebot zu unterbreiten. Ich bin leider raus: lachnella schulterichteringiensis hört sich einfach erbärmlich an.


26.09.2005 | 12:58 | Fakten und Figuren

Bäckerhefen sehen dich an

Als Anfang September in den Zeitschriften "Science" und "Nature" irgendwas Unverständliches über das anscheinend mittlerweile komplett sequenzierte Schimpansengenom erschien, ging die Meldung ihren üblichen Weg und wurde in der üblichen Reihenfolge von den üblichen Magazinen mehr oder weniger ordentlich abgeschrieben: Das menschliche Genom sei mit dem des Schimpansen zu 96% oder zu 98,7% oder 98,8% oder bis zu 99%, also jedenfalls zu ganz schön vielen Prozenten identisch, die Frage "was uns zu Menschen macht" aber nach wie vor ungeklärt. Wenn man bedenkt, dass das Genom von Mensch und Maus auch schon zu 98% und das von Mensch und Reis immerhin noch zu 50% übereinstimmt, dann sinkt der Nachrichtenwert dieser Meldung in etwa auf das Niveau derer, in China sei ein Sack Reisgenom umgefallen. Natürlich ist der Originalartikel (Link siehe oben) von keinem normalen Leser, sei er Mensch, Maus oder Bäckerhefe (15% Übereinstimmung), zu verstehen. Aber darf man in solchen Fällen einfach irgendwelchen Quark (3,5%) in sein Wissenschaftsfeuilleton schreiben? Schon im eigenen Interesse meinen wir von ganzem Herzen: Ja!


26.09.2005 | 02:16 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Zellularautomaten komponieren Klingeltöne

Wie wir kürzlich berichteten, gibt es ziemlich viele Menschen, die Musik produzieren, in der sich alles um Mathematik dreht. Das ist schön und lobenswert, aber leider zu kurz gedacht, denn Mathematik ist bereits Musik, allerdings selten besonders gute. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an den fraktalen Tonbrei, den der Commodore C64 in Kooperation mit einem Mandelbrotprogramm zu erzeugen in der Lage war. Stephen Wolfram, von Beruf Genie, beglückt die Welt nun mit einer neuen Generation Mathematikmusik, basierend auf dem Zellularautomaten, einem äußerst vielseitigen Ding, das anderswo dafür verwendet wird, Autobahnen, Nahrungsketten oder auch das Ende der Welt zu simulieren. Wir verstehen natürlich haargenau, wie WolframTones funktioniert, können hier aber nicht im Detail darauf eingehen; die Grafik unten verdeutlicht das grobe Prinzip. Viel wichtiger: Der Online-Musikgenerator hat unzählige Regler und Buttons, man kann endlos herumspielen, es ist herrlich und hört praktisch nie auf. Die Musik der zellulären Automaten klingt zudem eindeutig besser als das Zeug, mit dem man immer in Supermärkten und Aufzügen beschallt wird, und uns sind nicht viele Radiosender bekannt, die Rhythm'n'Blues auf lydischer Tonskala mit 157 BPM spielen. Natürlich kann man das alles dann auch noch als Klingelton abspeichern. Die Mathematik, treuer Diener der Spaßgesellschaft.

(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


24.09.2005 | 17:26 | Berlin | Fakten und Figuren

Street Art Strassenkunst


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Loomit, DanOne, Stone, CBS Crew, Try2Bust, RCB – diese Künstlernamen haben alle etwas gemeinsam: Sie stehen für Strassenkünstler, die sich vom Graffiti bis zur Tag-Schmiererei einen Namen gemacht haben. Bei näherem Hinsehen haben sie auch eine weitere Gemeinsamkeit. Sie sind sämtlich englisch oder hören sich so an. Beim HipHop hingegen, neben einigen Straßensportarten dem siamesischen Drilling von Graffiti, hat sich der Trend deutlich hin zur deutschen Sprache entwickelt. Wie das nebenstehende Beispiel zeigt, werden immer öfter auch deutsche Künstlernamen zum Taggen benutzt. Die Vermutung, es handele sich um echte Namen, stellt sich als statistisch unwahrscheinlich heraus: Knut war zuletzt 1960 in der Liste der 100 beliebtesten Vornamen (Platz 99), Karl 1950 (Platz 78) und Trude (Gertrud) war zwar auf dem ersten Platz, das war allerdings 1910. Und die Behauptung, dass hier eine 95jährige mit ihren beiden 55 und 45 Jahre alten Enkeln in einem U-Bahntunnel writen gegangen ist, ist zumindest äußerst mutig, wenn nicht sogar verwegen. Auch das Argument, es handele sich um ironische Verwendung, ist kein Gegenargument für die Neue Deutsche Namenswelle. Unter dem buntgemusterten Deckmäntelchen der Ironie feierten schon oft hundertausende Jugendliche ihre Leidenschaft für Schlager – ein echter, schließlich unironisch geronnener Trend. Wer Begriffe wie "taggen" und "writen" nicht sofort richtig deuten kann, dem sei dieses Glossar (pdf-Link) empfohlen – erstellt von der Berliner Polizei für besorgte Eltern, die ihren kleinen Karl nicht mehr verstehen.


... 74 75 76 77 78 [79] 80 81 82 83 84 ...

*  IN DER RIESENMASCHINE


*  ORIENTIERUNG



Werbung
Werbung Ratgeber

*  SO GEHT'S:

- Bernsteinzimmer

- Pardelroller

- Expropriateure expropriieren

- Bürstenbiopsie

*  SO NICHT:

- Marmorkuchentrockenheit

- Rosinenpicking

- Casualty Friday

- scheinzahm


*  AUTOMATISCHE KULTURKRITIK

"Jackpot", Magnus Martens (2011)

Plus: 5, 42, 69, 80, 119, 144
Minus: 43, 78
Gesamt: 4 Punkte


*  KATEGORIEN


*  ARCHIV