03.04.2006 | 21:22 | Berlin | Alles wird schlechter | Sachen kaufen
 Warschauer Brücke mit Teilpanorama, aber noch ohne Werbetafel (Foto: procorde / Lizenz) Immer genau dann, wenn man sich mit dem Kapitalismus und seinen Machenschaften arrangiert hat und angesichts bereits wieder herannahender, revolutionärer Umtriebe zum 1. Mai nur noch den Kopf schütteln will, dann legt der Kapitalismus noch ein Scheit auf das Feuer, auf dass der Hass auf das System/die Reichen/die Konzerne/die Globalisierung wieder auflodert.
Den neuesten Streich kann man dieser Tage von der grausam-schönen Warschauer Brücke in Berlin beobachten. Grausam ist diese Brücke im Stadtteil Friedrichshain, weil der Wind und das Publikum dort so unerbittlich sind wie sonst nirgends in der Stadt; schön, weil der Ausblick auf die Innenstadt Panoramaqualitäten hatte. Ja, hatte. Denn mitten in die Skyline rund um den Fernsehturm hat jetzt der Metro-Konzern ein wahnwitzig überdimensioniertes Firmenlogo platziert, das den bei Touristen wie Neuberlinern sehr geschätzten Ausblick vollkommen zerstört. Bizarr gross, gelb, blau und in ästhetisch wenig ansprechender Typographie steht der Supermarktanzeiger erhoben über dem zugehörigen Gebäude, exakt in der Blickachse des Fernsehturms, im Sichtfeld nur knapp links neben dem Gebäude des Ostguts, direkt vor dem Ostbahnhof. Eben mitten im Ausblick.
Wer bisher beim Blick von der Brücke "toll", "schön" oder meinetwegen auch "geile Scheisse" dachte und sich über die Ansicht freute, denkt jetzt "Metro" bzw. nur noch "Scheisse". In Zukunft werden Urlaubsbilder aus Berlin von überdimensionierter und äussert unsympathischer Reklame handeln. Dabei hatte man gerade eben die ärgerliche Inbesitznahme des Fernsehturms durch die Telekom verdaut und aus der bewussten Wahrnehmung getilgt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Überhandnehmen des aufdringlichen Kapitalismus die Menschen wutentbrannt auf die Strasse treibt. Bald ist ja wieder 1. Mai.
01.04.2006 | 20:48 | Alles wird besser | Sachen kaufen
 Nur ein einfacher Zylinder (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Die Aufnahme von Koffein, einem Alkaloid aus der Gruppe der natürlich vorkommenden Purine, das in der Bevölkerung populär ist, weil es auf molekularer Ebene hexagonale Prismen ausbildet, ist leider meist ein umständlicher und lästiger Vorgang. Bei der am häufigsten praktizierten Variante muss man sich a) hinsetzen, b) komplizierte Apparate bedienen, c) oder stattdessen mit Menschen sprechen, d) heisse Gegenstände anfassen, e) unerträglich ekelhafte Flüssigkeiten aufnehmen, also tendenziell unangenehme und auch gefährliche Tätigkeiten durchführen. Das alles ist oft eingebettet in ein umfassendes soziales Ritualverhalten, bei dem es um Schwanzwedeln, Ohrenspitzen und Aneinanderriechen geht. Muss das sein? "Da kann man auch gleich Bier trinken", sagen viele nicht ganz zu Unrecht. Warum soll man für ein so simples Ziel wie die Aufnahme einer spezifischen Chemikalie zur Erzielung einer Modifikation des Geisteszustands einen solchen Aufwand treiben?
Soll man ja gar nicht, denn zum Glück arbeitet ThinkGeek schon seit längerem an Alternativen, bei denen man die hexagonalen Prismen entweder auf Haut und Lippen schmiert oder aber in Form von Bonbons oder Kaugummis zu sich nimmt. Eine klare Verbesserung, denn noch nie musste sich jemand zum Kaugummikauen hinsetzen. Seit heute und vermutlich nur heute kann man sich das Äquivalent einer grossen Tasse Alkaloidgetränk auch einfach per Inhalator ins Gesicht blasen und hat damit in wenigen Millisekunden alles erledigt, ohne auch nur mit einem einzigen Schwanz gewedelt zu haben. Muss man loben, bevor der Tag vorbei ist.
30.03.2006 | 13:22 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Supermärkte bieten, sofern sie geöffnet haben, weitestgehend optimale Einkaufsbedingungen: Erstens gibt es von fast allem etwas, zweitens gibt es zusätzlich von fast allem eine billige Alternative und drittens bleibt die zwischenmenschliche Kommunikation auf ein Minimum beschränkt. Bloss die Sache mit den Einkaufswagen ist nicht optimal gelöst. Die Dinger sind sperrig, stehen sich ständig im Weg rum und die passenden Münzen hat man sowieso nie dabei.
Spanien ist da einen Schritt weiter: In den Supermärkten der Mercadona-Kette gibt es praktische stapelbare Einkaufskörbe mit Rollen, die den Kunden ganz ohne Münzeinwurf zur Verfügung stehen. Der lange orangefarbene Griff ermöglicht eine leichte Handhabung auch im Stehen und zeichnet sich zusätzlich durch stufenlose Verstellbarkeit im Neigungswinkel aus, was auch Kindern eine optimale Bedienbarkeit ermöglicht. Die Hinzunahme eines zweiten Korbes ist ebenfalls kein Problem, nach wie vor bleibt eine freie Hand zum unbeschwerten Griff ins Regal. Und um Engpässe und Staus elegant zu überwinden, ist zudem ein kürzerer grüner Haltegriff angebracht. All diese Vorzüge ergeben ein nie dagewesenes Einkaufserlebnis: Das Bild unten rechts zeigt das unfreiwillige Ergebnis eines Testdurchlaufs (auf dem Einkaufszettel standen lediglich zwei Tüten Milch und eine Melone).
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Au Weialess
25.03.2006 | 19:45 | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles
 Todesurteil für OJ (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Besorgniserregende Zahlen veröffentlicht die "Britische Gesellschaft für Soft Drinks", die es offenbar wirklich gibt: Im Zeitraum von 1999 bis 2004, also genaugenommen in cirka fünf Jahren, hat sich der Anteil von Orangensaft am Fruchtsaftmarkt von 77 auf 69% verringert, und zwar stetig und unaufhaltsam. Profitiert davon hat offenbar schaler Apfelsaft, aber auch sonstige Bioderivate. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg begann er, der kometenhafte Aufstieg von "OJ", wie man ihn auch in Fachkreisen nennt, je mehr Kinder und Wohlstand die NATO-Staaten anhäufelten, umso mehr Orangensaft tranken sie, auf dem Weg zu einem orangenen Lebensentwurf voller Sonne, Vitamin C, Glück und Vergnügen. Dagegen vertraute man beim Warschauer Pakt die ganze Zeit auf Kartoffel- und Rübensaft, was Zahnausfall und schlechte Laune, letztlich das Ende des Kalten Krieges zur Folge hatte.
Jetzt aber, da es immer weniger Zentraleuropäer in Zentraleuropa gibt, die Nationen von einer Depression in die nächste fallen und die Ruinenstadt Berlin als Sinnbild des Neuen gilt, verliert OJ deutlich an Boden, oder vielleicht ist die Kausalität auch umgedreht. Jedenfalls verläuft der Abschied vom Orangensaft parallel zum Abschied vom Florida-Lifestyle, noch bevor man ihn eigentlich erreicht hat, die Früchte jahrzehntelanger Arbeit verkümmern in trüber Apfelbrühe. Aber Hoffnung ist in Sicht, denn mit zunehmender Kerntemperatur wird in Europa der Apfelanbau unmöglich, dafür die Orangenernte aufblühen, bevor allerdings nur wenige hundert Jahre später alles in Wüstenstaub versinkt. Alles im Leben läuft eben wellenförmig ab; Beharren und Festhalten ist wider die Natur. Das muss auch OJ einsehen. Florida, übrigens, wird in diesem Jahr bestimmt von drei bis vier Wirbelstürmen vernichtet werden.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Fruchtsaftkomplott
25.03.2006 | 01:07 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen
Die Zeit der Resignation ist vorbei! Die Wirtschaft boomt! Deutschland gründet wieder! Diese Denkweise ist verbreitet in den Niederungen der Dienstleistungsindustrie und führt dazu, dass man irgendwann glaubt, da fährt ein Zug los, auf den man irgendwie mitaufspringen muss. Da geht die Stampede einer jungen Bullenherde los, und man muss nur mit dem Schrotgewehr draufhalten – einer wird schon fallen! Von Schrot zu Schrott: Da gründen drei engagierte, junge Menschen eine Partnergesellschaft für Marktforschung und lassen sich in irgendeinem Register eintragen. Das Register wird durchforstet vom Computer einer Firma für Werbekugelschreiber, der vollautomatisiert einen Laser steuert, der wiederum den Firmennamen auf einen Kugelschreiber brennt. Soweit, so geschickt geplant, bzw. verplant verschickt:
"Sehr geehrte Damen und Herren, Sind Sie überrascht, Ihren Firmennamen FISCHER BOCHOW KUHRCKE PARTNERGES FÜR MARKTFOR-SCHUND per Laserstrahl in diesen hochwertigen Celebrity Kugelschreiber graviert zu sehen?"
Fast hört man sie ausrufen "Ja, wir sind überrascht, liebe Firma Adler Werbegeschenke, wir sind sogar sehr überrascht." Na dann. Mission erfüllt. Die jungen Firmengründer gründlich überrascht. Mehr kann man nicht erreichen.
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Schildern und Anleitungen Folge leisten
- Wrangel-Eck (bei Inge & Rolf)
- Grüppchen gründen
- politisch unvorbelastet
SO NICHT:
- Brot und Butter
- Kurvendiskussion (zwecklos)
- Banden bilden
- unpolitisch vorbelastet
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Ghostbusters", Paul Feig (2016)
Plus: 37, 75, 76, 80, 96, 108, 117, 122, 125, 126, 140, 142 Minus: 46, 99, 113, 155, 192 Gesamt: 7 Punkte
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