02.11.2005 | 11:19 | Berlin | Was fehlt | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Verkehrssicherheit – ein oft durchdachtes Thema. Trotzdem sind die angewendeten Lösungen bisher eher langweilig und von geringem Entertainmentfaktor. Lediglich der Bau immer schnellerer Autos für garantiert tödliche Unfälle auf der Autobahn folgt einer herausstechenden und unterhaltsam irrationalen Logik. Dabei könnte es in diesem trockenen, ingenieurslastigen Bereich der Gesellschaft viel lustiger zugehen, wie ein Blick über den Tellerrand der Erde zeigt. Der Riesenairbag für das gesamte Auto etwa, von der Nasa bei der Landung des Mars-Rovers erprobt, bläht sich kurz vor dem Aufprall riesig um das ganze Auto auf und schützt nicht nur die Insassen und das Auto sowie die umliegende Gesamtsituation, sondern trägt sicher auch wesentlich zur Erheiterung der Passanten bei. Doch die Autoindustrie, der offenbar ihr bräsiges, überseriöses Image wichtiger ist als Alltagscharme und Sicherheitswitz, verpennt den Trend hin zur Eventisierung von allem und jedem. Wenn ein an sich schrecklicher Unfall wenigstens in lustiger Verpackung daherkäme, dann würden Unfallopfer sicher auch unter weniger stark unter Beschwerden leiden, die wie das Schleudertrauma zum Teil psychosomatisch bedingt sind. Aber solange diese Erkenntnis sich bei den grossen Konzernen und der Politik nicht durchsetzt, muss wieder einmal privates, subversives Engagement an seine Stelle treten. So wie bei dem Autofahrer auf den Bildern, der sich an der Kreuzberger Oberbaumbrücke nicht zwischen zwei Spuren entscheiden konnte und deshalb lustig die ansteigende Leitplanke hochgeschlittert ist.
01.11.2005 | 03:58 | Was fehlt | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Jedes Jahr geschieht es zweimal, dass hochentwickelte Lebewesen verwirrt und geistesabwesend durch die Strassen taumeln und sich von niederen Lebensformen unwürdig behandeln lassen müssen. Gemeint ist nicht der halbjährliche Betriebsausflug der Behindertenwerkstatt, sondern die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit oder umgekehrt. Kein halbwegs zivilisierter Mensch kann sich merken, ob nun gerade vor oder zurück, welche Uhr automatisch, welche nicht, auf welchem Erdteil an welchem Tag oder auch Nacht, und überhaupt warum einen alle immer so komisch ansehen. So entsteht im globalen Hinundher, im Durcheinander zwischen analogen und digitalen Uhren sowie im durchweg chaotischen Zusammenspiel von Funkweckern und gerade zufällig vorbeikommenden Zeitsatelliten ein intellektuelles Debakel, eine Art zeitloser, unbestimmter Schwebezustand, der die Menschheit nochmal Kopf und Kragen kosten wird, nämlich wenn gerade in diesem Moment die anderen angreifen.
Dabei könnte alles so toll sein, wenn man endlich nicht nur die "Daylight Saving Time", sondern auch gleich noch die ganze Zeitzonengeschichte abschaffen, und zu einer schönen, konsequenten Universalzeit übergehen würde, die vernünftigerweise natürlich auf dem Dezimalsystem beruhen sollte. Es beschwert sich auch keiner darüber, dass auf der Südhalbkugel im Januar Sommer ist, warum sollte es ein Problem sein, wenn Mitternacht in Tokio am hellichten Tag stattfindet? Kein neuer Ansatz natürlich: seit Jahrtausenden versuchen kluge Köpfe die universale Dezimalzeit einzuführen; man erfand das Julianische Datum (alle Tage seit irgendwann einfach durchgezählt), die "Unix Time" (alle Sekunden seit Anfang der 70er) und die heute bereits legendäre Swatch Internet Time (einfach den Tag in 1000 "Beats" einteilen), aber ausserhalb von Zeitfetisch-Randgruppen gingen bisher alle diese schönen Ansätze sang- und klanglos unter.
Vielleicht kann man daraus aber auch lernen, dass Verwirrung und Komplikationen ein Grundbedürfnis des Menschen sind, und man mit zuviel Gewissheit und Klarheit prinzipiell nicht klarkommen kann. Dies würde zwanglos erklären, warum bei Zeitangaben nach 60 59 (manchmal auch 24 23) wieder die Null kommt und ausserdem noch, warum es weltweit vierundachtzig (geschätzt) verschiedene Systeme für Schuhgrössen gibt (das nur nebenbei). Das Bild zeigt die Weltirrsinnsuhr von Guinand (nur 2375 Euro).
28.10.2005 | 13:44 | Berlin | Alles wird besser | Was fehlt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Wie wir mit einer gewissen Verspätung auf dem weiten Umweg über We Make Money Not Art erfahren, gibt es ... ganz von vorne angefangen offenbar das Fach "Experimentelles Mediendesign" an der UdK Berlin. Ach, wenn man noch mal ganz jung wäre, wie viel Spass könnte man haben! Wir konnten ja damals praktisch nur Mathe, Turnen, Deutsch oder Gender studieren. In diesem Fach gibt es einen Sascha Pohflepp – ach, wenn man so hiesse, wie viel Spass könnten dann die haben, die einen kennen! Und von Sascha Pohflepp gibt oder gab es irgendwann 2005 zusammen mit Jakob Schillinger eine Ausstellung mit diversen schönen und nützlichen flickr-Aufbohrungen: Erstens einen leidlich okayen Flickr-Werbespot, zweitens fixr.org: einen bei flickr schmerzlich vermissten Zusatzservice, bei dem man detaillierte Beschreibungen der Bilder einreicht, die man nicht machen konnte, woraufhin das fixr-Team ein passendes Bild zur Beschreibung findet und damit die Lücke schliesst. "Great, and it looks so much like my sunset!" Sowie drittens den T-Shirt-Service mirrr, der anhand des flickr-Namens ein T-Shirts mit den eigenen flickr-Tags (siehe Abbildung) herstellt; zum besseren T-Shirt-Egosurfen natürlich spiegelverkehrt. Leider handelt es sich bei fixr und mirrr um sog. Kunstprojekte, was bedeutet: Das gibt es alles gar nicht, das gab es bestenfalls mal kurz. Aber wenn Herrn Pohflepps hervorragender Studiengang gegen Ende auch die Bereiche Vermarktung, Vertrieb und Reichwerden streift, kann das ja vielleicht doch noch klappen.
27.10.2005 | 14:41 | Berlin | Was fehlt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Seit gut vier Wochen sind in Berlin an ausgewählten Stellen Plakate zu sehen, auf denen ein Gemälde mit einem lustigen Burschen mit Benzinkanister abgebildet ist. Im Hintergrund kräht kein Hahn brennt der Reichstag. Dazu passend heisst das Bild "Wenn Marinus wieder kommt", gemeint ist Marinus van der Lubbe, der vermutliche angebliche Brandstifter des Reichstags von 1933. Mit der Überschneidung von Kunst und Marketing beschäftige ich mich intensiv, weil man für beides nicht so viel Ahnung haben muss, sondern schlechtangezogen so aus dem Bauch raus rumwursten kann beide Felder in unserer Kultur des alltäglichen Aufmerksamkeitsfaschismus kognitiv miteinander verwoben sind. Aus dieser Sicht ist das Projekt, das auf der Website des Malers Sigurd Wendland tolldreist überhaupt nicht erklärt ist, hochinteressant: Nachdem die Werbung die Kunst vereinnahmt hat, schlägt die Kunst zurück und erobert Werbeflächen – super! Wie wir jedoch einer Pressemitteilung des Künstlers entnehmen, die der Riesenmaschine nicht vorliegt (der Berliner Zeitung aber wohl schon), ist das Gemäldeplakat nicht als Marketingkunstmarketing oder gar als Kunstmarketingkunst gemeint, sondern als politische Provokation. Nicht die Form sollte hier revolutionär erscheinen, sondern der Inhalt! Um so erschütternder, dass sich niemand, nicht einmal die Berliner CDU, provoziert fühlt, was ja gerade bei einer Provo-Aktion so ärgerlich ist wie in fremden Sourcecodes zu spionieren etwas sehr Schlimmes.
25.10.2005 | 04:21 | Nachtleuchtendes | Was fehlt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Es ist unerhört, dass die weltweit grösste Werbeplattform noch immer von zahlungssäumigen Kunden wie den "Alten Griechen" oder der "Sagenwelt des Olymp" belegt ist. Jede Nacht wird man beim Blick an den Himmel mit den Liebesqualen der Andromeda, dem Machogehabe von Orion und der Ausrottung der Medusa (siehe Bild) genervt, die abgesehen von ein paar Amateurfetischisten niemanden interessieren. Damit muss endlich Schluss sein! Es ist Zeit für die überfällige Reform der Sternbilder – eventuell finanziert von McDonalds, die ganz sicher Interesse am funkelnden W der Kassiopeia (einfach umdrehen) hätten, das immerhin mehrere Quadratlichtjahre gross ist. Und welcher Autohersteller würde sich nicht die Finger nach dem Grossen Wagen lecken? Weltweite und ganzjährige Visibility (fast)! Unbegrenzte Zuschauerzahlen (wetterabhängig)! Der Himmel sollte den Zeichen unserer Zeit gehören, also vielleicht Flugzeug statt Leier, Vibrator statt Schlangenträger und iPod statt Fuhrmann. Und wieso muss man ein schlichtes Quadrat auf zwei komplizierte Sternbilder wie Pegasus und Andromeda verteilen, wenn es ein so hervorragendes Sternbild wie, naja, "Quadrat" bilden könnte? Es kann auch nicht sein, dass Tiere wie Phönix und Zentaur, die noch nichtmal ausgestorben sind, weil es sie nie gab, den Platz wegnehmen für lustige Zeitgenossen wie Eichhörnchen und Gürteltier, die schon seit langem auf einen Platz im Himmel warten. Vielleicht zum Schluss noch eine Staubmaus statt "Kleiner Magellanscher Wolke", das Sternbild Wettervorhersage statt "Haar der Berenike" (schon lange tot) und eine Riesenmaschine statt Herkules, dann könnte man schon aufhören. Nur auf die Sternbilder Luftpumpe und Grabstichel möchten wir auch in Zukunft ungern verzichten.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- zurück auf der Szene sein wie eine Sexmaschine
- fiktive Küchengeräte (leicht zu reinigen)
- Doppelmuffen
- Rumpelarmut
SO NICHT:
- Königspudel verspotten (haben guten Kern)
- Würstchen im Cowboylook
- Einzelmuffel
- Klirrfaktor
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Mother's Day", Darren Lynn Bousman (2010)
Plus: 3, 38, 42, 49, 66, 80, 96, 100, 118, 119 Minus: 1, 9, 176, 190 Gesamt: 6 Punkte
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