Riesenmaschine

19.07.2005 | 15:11 | Anderswo | Alles wird besser | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt

Kleine Fische

Ein Gericht ist letztlich auch nur ein Mensch und wird nicht gerne ignoriert. Im Falle der Zuwiderhandlung werden schwere Geschütze aufgefahren, notfalls sogar neue kreiert. Letzte Woche entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) wiederholt im Streit zwischen der EG-Kommission und Frankreich (N° 68/2005) wegen der Duldung von Fang und Handel mit "untermaßigen" Fischen. Frankreich erwies sich gegenüber dem 1991 ergangenen Urteil als belehrungsresistent. Also musste der EuGH in seiner aktuellen Entscheidung nachfassen. Erstmals in der Geschichte der EG wurde deshalb ein Mitgliedstaat zu Zwangsgeld (knapp 60 Million Euro für jedes Halbjahr) und Zahlung eines Pauschalbetrags (20 Million Euro) verurteilt. Das ist viel Geld.

Die Verhängung von zwei Strafen mag der Dreistigkeit des Regelverstoßes durch Frankreich entsprechen, nicht jedoch dem Wortlaut des EG-Vertrags. In Art. 228 Abs. 2 Satz 2 EGV sind die Zwangsmittel gegen einen Staat als Alternativen formuliert, "Pauschalbetrag[s] oder Zwangsgeld[s]" steht dort. Knifflig wird es für den Rechtsanwender, wenn die streitentscheidende Vorschrift nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Selbst ein hinderlicher Wortlaut gilt.

Wer glaubt, der EuGH gerate angesichts der eindeutigen Regelung in Erklärungsnot, irrt. Neben der Rechtswahrung ist der Gerichtshof der Rechtsentwicklung verpflichtet, d.h. wenn es der Wirksamkeit des EG-Rechts dient, geht so einiges. Das Argument der Rechtsentwicklung ist im Laufe der Jahre zum Magic-Tool herangereift, und exakt darauf besannen sich die Richter im vorliegenden Fall. Das lästige "oder" in Art. 228 EGV verwandelten sie in ein verbindendes "und", weil die dadurch gewonnene Befugnis zur doppelten Bestrafung dem widerspenstigen Staat eine Lehre sein wird. Und bloß, weil man die Vorschrift früher noch nicht so ausgelegt hat, heißt es nicht, dass dieser Weg in Zukunft versperrt sei. Wenn man's so rum betrachtet, ist alles klar, oder?

Bei der höchsten europäischen Instanz haben gestern die Gerichtsferien begonnen. Riesenmaschine wünscht frohe Ferien!

Antonia Rossdeut | Dauerhafter Link


19.07.2005 | 13:24 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Drugs Future 2025

Das der britischen Regierung nahestehende Wissenschaftsinstitut Foresight hat sich Gedanken über die Zukunft der Drogen gemacht. Der Bericht unter dem Titel "Drugs Future 2025" geht davon aus, dass der Gebrauch von Drogen, Stimulanzien und Psychopharmaka in zwanzig Jahren "so normal sein wird, wie die morgendliche Tasse Kaffee", so ein Sprecher bei der Vorstellung. Wie das en Detail aussehen könnte, haben die Forscher in einer mustergültigen Szenariostudie ausgearbeitet. Die Szenarien für 2025 heissen "High Performance", "Neighbourhood Watch", "Dispense with care" und "Treated Positively" und man möchte lieber nicht wissen, was das Forscherteam sich währenddessen eingepfiffen hat...

(Dank an Matthias Dietz für den Hinweis)


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19.07.2005 | 11:27 | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt

Electrofux


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Das schwedische Unternehmen Electrolux schreibt über sein Design Lab zum dritten Mal in Folge den Design-Wettbewerb 'Imagine the home in 2020' aus. Der Name und der Ausrichter sagen bereits alles über den Wettbewerb, es geht nämlich um Zukunftsvisionen in erster Linie in den Produktbereichen "cleaning clothes, cleaning dishes, cleaning floors, storing drinks, storing food, cooking...". Der erste Preis sind 5000 Euro. Ganz schön gewitzt, so an die besten Ideen heranzukommen und sich durch die Teilnahmebedingungen (#9, #10) die Rechte zu sichern.
Für die teilnehmenden Visionäre breitet sich damit erneut das Standard-Dilemma aus: mit der eigenen Superidee einem Weltkonzern für erbärmliche 5000 Euro zur Herrschaft über das 21. Jahrhundert verhelfen oder die beste Idee aller Zeiten unumgesetzt in der Schublade "reifen" lassen, bis jemand anders ebenfalls drauf kommt. Auch dieses Mal werden sich die Visionäre für die übliche Notlösung entscheiden und die zweitbeste Idee einschicken. Kein ganz falscher Ansatz: der Zweitplatzierte bekommt immerhin noch 3000 Euro.


19.07.2005 | 10:13 | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt

Handyobjektive


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Technologie-Pessimisten sind schnell dabei, Handyfotografie als nutzloses Kinderspielzeug abzutun. Weil bei der Digitalfotografie die Pixelzahl nicht halb so wichtig ist wie die Qualität des Objektivs, hatten sie damit leider Recht – bisher. Denn jetzt bringt Motorola Spezialobjektive für Handys auf den Markt, die die inzwischen erreichten 5 Megapixel (von Samsung) einigermaßen zur Geltung bringen können. Auch das bleibt noch immer Spielerei, aber der golden glänzende Gang in die Zukunft ist ein Stück weiter beschritten: dereinst werden wir nur noch mit dem Kamerahandy Hi-End-Fotos machen, die Millisekunden später zu Hause auf der Festplatte gespeichert oder gleich in die jeweiligen Flickr-Accounts eingespeist werden. Wahrscheinlich für 99 Cent je FMS. Dafür aber vielleicht mit 39 Megapixel (das entspricht 7200x5400 Pixel und damit einem Bild von 250cm x 187,5cm bei 72 dpi).


19.07.2005 | 01:13 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Ein Schokoriegel sucht die Wahrheit


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Die Firma Nestle kämpft weiterhin verzweifelt dagegen an, dass ihr Schokoriegel Kitkat mit dem Katzenfutter ähnlichen Namens verwechselt wird. Vielleicht aber ist es auch ganz anders, und man hat versehentlich einen pathologisch geschmacklosen und außerdem größenwahnsinnigen Lebensmittelchemiker eingestellt. Warum auch immer, jedenfalls führt Kitkat, ehemals ein klassischer, puristischer Riegel, seit einiger Zeit einen globalen Feldzug, in dessen Verlauf an scheinbar zufälligen Orten der Welt immer neue, immer absurdere Geschmacksrichtungen auftauchen. Hier eine sicherlich unvollständige Zusammenstellung (Ergänzungen willkommen): weiße Schokolade, Caramel, Erdbeere, Orange, Erdnussbutter (einzig gelungene Variante), Banane, grüner Tee (konsequent grün), Vanille, Nougat, Zitrone. "Und jetzt", sagt der Schokoriegel, "mache ich alles nochmal, nur umgekehrt." und bringt die Variante "Inside Out" auf den Markt (siehe Bild). Das Team der Riesenmaschine verfolgt die Entwicklung seit Monaten mit wachsender Besorgnis und hat mittlerweile in aufwändigen, nicht ganz ungefährlichen Tests fast alle dieser Kreationen auf ihre Tauglichkeit überprüft. Gemitteltes Ergebnis: Kittikittikitti kitkat kitkot katkotkatkotkatkot.


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"The Last Days of Emma Blank", Alex van Warmerdam (2009)

Plus: 15, 21, 34, 35, 42, 46, 48, 63
Minus: 1, 63, 80, 132
Gesamt: 4 Punkte


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