Riesenmaschine

27.08.2005 | 14:53 | Berlin | Zeichen und Wunder

Koch und Kellner


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


Tatsächlich Rätsel gibt uns dieses merkwürdigste aller merkwürdigen Wahlplakate der Linkspartei auf. Und nicht nur uns scheint es so zu gehen. Im Feuilleton der Berliner Zeitung von heute befleißigt sich Christian Esch der Bildexegese, mutmaßt, ob das Flächenverhältnis von Schwarz und Weiß die Machtverteilung zwichen Ost und West innerhalb der Partei wiederspiegeln soll, und attestiert Gysi nicht ganz weit hergeholt die "Verzückungspose des Barock". Unsere spontane Ausdeutung des Plakates hätte gelautet, dass Lafontaine überraschen verstorben ist (ergo der schwarze Hintergrund), Gysi daraufhin in den Fußstapfen Alfred Bioleks, dem er sich ohnehin immer mehr anverwandelt, aus seinen sterblichen Überresten ein Gulasch zubereitet hat, welches er dem Wahlvolk jetzt als schmackhaft anpreist. Jedenfalls hätten wir die Metabotschaft des Plakates irgendwo im Koch-und-Kellner-Kontext verortet.

Laut Urheber ist die Wirklichkeit jedoch mal wieder sehr viel schnöder. Das Bild sei auf dem ersten gemeinsamen Fototermin entstanden und dokumentiere lediglich, dass sich die beiden bestens verstünden (was allerdings noch nicht hinreichend Lafontaines Überlebensgröße erklärt). Parteisprecher Hendrik Thalheimer sieht auf Nachfrage der Berliner Zeitung die Provokation darin, dass hier Politiker mal nicht glatt und kämpferisch gezeigt werden, sondern als Menschen, die Spaß hätten: "Keine andere Partei würde sich so ein Bild trauen." Dem freilich ist kaum zu widersprechen.


27.08.2005 | 14:42 | Nachtleuchtendes | Supertiere | Alles wird besser

Vorsicht, nachtleuchtendes Reh


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das fluoreszierende Quallenprotein GFP wurde ja in den letzten Jahren in alles eingebaut, was nicht bei drei auf den Bäumen war, und in die Bäume gleich mit, aber die eigentliche Killer- bzw. eben nicht Killerapplikation der genetisch modifizierten Leuchttierherstellung ist ganz klar das Nightsafe Deer oder nachtleuchtende Reh (vorgestellt bei Improbable Research). Über 500.000 Wildunfälle pro Jahr ließen sich mit Hilfe des Leuchtrehs vermeiden, die Versicherungen sparten Milliardenbeträge und hunderte Autofahrerleben (ganz zu schweigen von zigtausenden Rehleben) könnten gerettet werden; das Patent sei bereits angemeldet. Tagsüber – und auch gebraten auf dem Teller – sollen die genmodifizierten Rehe weiterhin ganz normal aussehen.
Zugegeben, der Internetauftritt der Firma genetiate macht nicht den allerseriösesten Eindruck. Denkbar, dass sich hinter dem vermeintlich menschen- und rehfreundlichen Projekt Fördergelder aus der Reh-Fressfeindebranche verbergen. Vielleicht ist es noch zu früh, gleich neue Leuchtwildwechsel-Verkehrsschilder in Auftrag zu geben. Aber dass die Genforschung sich zur Abwechslung mal um die Lösung ganz konkreter Alltagsprobleme bemüht, das wollen wir in jedem Fall ausdrücklich loben. Am Ende nimmt sich doch noch jemand unseres seidigen Greifschwänzchens an.


27.08.2005 | 03:46 | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt

Der Kern des Ganzen


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Verstörende Nachrichten erreichen uns aus dem Inneren der Erde, einer überaus faszinierenden Gegend. Dort gibt es einen Kern (gut, das weiß man schon länger), bestehend aus schönem, solidem Eisen, was erstmal sehr beruhigend klingt. Dann aber heute die Hiobsbotschaft: Dieser feste Kern wiederum schwimmt in einer Blase aus flüssigem Eisen (einem sogenannten Stahlbad), und schlimmer noch: Er rotiert, und zwar schneller als der Rest der Erde. Man muss den Tatsachen ins Gesicht sehen: Wir leben auf einem gigantischen Power Ball, einem kugelförmigen Ding also, in dem eine kleinere schwere Kugel schnell rotiert. Irgendjemand, der sehr groß und vor allem außerordentlich kräftig sein muss, hat vor langer Zeit wohl die Erde benutzt, um seine Unterarme zu trainieren, und so den Eisenkern in Drehung versetzt. Man kann nur spekulieren, warum dieser Jemand die Lust an seinem Spielzeug verlor, aber wir alle sollten wohl froh darüber sein. Vielleicht übt er jetzt Diskuswerfen mit Spiralgalaxien.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


26.08.2005 | 18:32 | Berlin | Vermutungen über die Welt

Neue Anti-Drogen-Strategien


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Hin und wieder beschleicht den Grossstadtbewohner der Verdacht, gewisse staatlich geförderte Kunst- und Medienprojekte dienten insgeheim und primär dazu, dem Staatsbürger den Drogenkonsum zu verleiden oder doch zumindest eine gewisse vogelscheuchengleiche Wirkung auf Menschen unter dem Einfluss illegaler Chemikalien zu entfalten. So sollten etwa Paddelbootfahrten im Kreis Lübben derzeit ausschliesslich nüchtern unternommen werden – Maja Nagelowas nebenstehend abgebildeter Installation "Augenweide" im Rahmen der Aquamediale möchte man nicht in psychisch labilem Zustand begegnen, ebensowenig wie dieser Hauswand in Kreuzberg oder dieser Skulptur in Berlin-Mitte.
Vermutlich handelt es sich dabei um neue Auswüchse der Städteplanungstheorie einer Kriminalitätsprävention durch Design. Irgendwo konzipiert und koordiniert eine Zentralstelle diese Installationen; vermutlich ist es dasselbe Amt, das auch für die Verhinderung des öffentlichen Schlafens sorgt, und dafür, dass man in Städten nirgendwo sitzen kann.
Interessant, dass mit Humphry Osmond gerade ein Vorreiter dieser "Socio-Architecture" seine Erkenntnisse (u.a. über die Inneneinrichtung von Nervenheilanstalten) zum Teil durch den Konsum halluzinogener Drogen gewann. Damals, als die Seen noch keine Augen und die Bäume keine Ohren hatten, ging so was eben noch.


26.08.2005 | 18:05 | Berlin

Atari ST Riot


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Um das heutige Schwerpunktthema "Geräte von gestern" abzurunden, hier ein Veranstaltungshinweis fürs Wochenende: Am Samstag und Sonntag spielt in der Reithalle des schönen Schloss Lanke bei Berlin Jeremy Clarkes 40-konsoliges Atari-Orchester. Am Samstag stehen verschiedene klassische Werke auf dem Programm (Bach, Mendelssohn, Beethoven, Ravel, Schumann, Albinoni, Vivaldi, Strawinsky, Bartók, Brahms, Mozart u.a.), am Sonntag Stücke von Jeremy Clarke.

Eine geistesverwandte Veranstaltung, die wir uns schon seit längerem wünschen: Die Berliner Philharmoniker spielen beliebte Klingeltonmelodien (klassisch und modern), jeweils die ersten vier Takte in ansteigender Lautstärke. Lässt sich da vielleicht auf diesem Wege was machen? Hallo, Schloss Lanke?


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