Riesenmaschine

17.11.2005 | 19:58 | Alles wird besser

Lots of spots


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Es gibt Berufsgruppen, deren Mitglieder schmoren ein wenig im eigenen Saft. Man erkennt sie daran, dass sie von "Bügelpump-Steigstutzen" oder von "TKP im ersten Flight" sprechen und dann fassungslos reagieren, wenn man sie nicht sofort vollumfänglich versteht. Als Werbehasi kann ich zum Beispiel kaum begreifen, wie man nicht mindestens viermal am Tag ganz dringend diesen einen Werbespot sucht, der damals beim ADC Brasilien '97 Bronze geholt hat. Der Spot mit diesem karierten Dings. Für dieses eine Getränk. Oder war's ein Kaugummi?
Wahrscheinlich sind bemerkenswert wenige Personen von diesem Spotsuchproblem geplagt. In Zukunft werden es noch weniger sein. Denn es gibt eine Internetplattform, auf der weltweit gesammelte, gute Spots zu sehen sind: Visit4Info.com. Zielgruppengerecht (versteht mich jeder?) aufbereitet sind die Spots schon ganz vorne kategorisiert nach den drei wichtigsten Begriffen, die ein Werber kennt: Funny, Sexy, Cool. Die Begriffe Weird, Classic, Viral tauchen zu Recht unbebildert und verschämt darunter auf. Die Suchmaske lässt auch "Fuzzy Search" zu, also eine Suche für Erinnerungs- und/oder Rechtschreibschwache. Zahlende Mitglieder haben mehr Suchparameter und natürlich eine bessere Qualität der Spots. Um Ideen zu klauen Für kreative Anregungen und zum Geniessen wirklich witziger Werbung reicht die kostenlos angebotene Qualität aber durchaus aus.


17.11.2005 | 17:04 | Anderswo | Supertiere

Die alte Pflanze


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Man kann nicht gerade behaupten, dass die österreichische Stadt Wien nicht freundlich zu ihren Pflanzen ist. Jetzt in der kalten Jahreszeit z.B. werden die Millionen Blumenzwiebeln in den öffentlichen Rabatten winterfest gemacht und mit einem schön polierten Schild versehen, auf dem der nette Hinweis "Vorsicht, hier schlafen Blumenzwiebeln!" steht.
Nun hat die Stadt anlässlich des 250-jährigen Bestehens ihres Botanischen Gartens vom Staat Australien eine Pflanze geschenkt bekommen, die etwas weniger häufig auftritt als die Blumenzwiebel, nämlich nur ca. vierzig Mal weltweit. Die Rede ist natürlich von der australischen Wollemia, einem der ältesten Gewächse auf Gottes Scholle, das bis zu seiner zufälligen Wiederentdeckung 1994 als ausgestorben galt. Ihr Standort wird geheim gehalten, nur wenige wissen, wo die Wollemia wächst. Ausserhalb dieser geheimen Stelle in Australien gibt es auf der Erde nur fünf Dependancen, eine davon im Disneyland vor den Toren Tokios, allesamt hinter Gittern vegetierend. Und jetzt hat Wien auch eine.
Der Transport hatte nach vorhergehenden, höchst komplexen diplomatischen Vorbereitungen bei den Austrian Airlines die grösste logistische Unruhe nach den Pandabären ausgelöst. Jetzt steht das Bäumchen in einem schnöden Blumentopf auf einer kleinen Insel, beschützt von auch nicht eben jungen Kolleginnen, nämlich den besonders aggressiven Schnappschildkröten, die noch dazu ein stinkendes Sekret absondern. Ein Bullterrier könnte damit zwar auch dienen, böte dann aber doch eher eine ungünstige Optik. Auch wenn er gerade für Wien an Authentizität geradezu ideal für diesen Job wäre, gilt dieses lustige Städtchen ja bekanntermassen als die zugeschissenste Kapitale der Welt.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


17.11.2005 | 14:59 | Sachen kaufen

Call My Löffel


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Wohl kaum ein Gebrauchsgegenstand führt ein traurigeres Dasein als der Schuhlöffel. Er teilt seine selten benutzte Existenz mit dem Teppichklopfer oder der Fliegenklatsche (die wenigstens töten darf) und liegt meist versteckt in ungelüfteten Garderobenschränken.
Schuhlöffelbenutzer haben Brillenputztücher und befeuchten ihre Finger beim Umblättern der Zeitung. Man steht im Ruche kompletter Günther Strackness, gibt man sich als Besitzer eines Schuhlöffels zu erkennen.

Selbst sein grosser Bruder, der Stiefelknecht, hat es geschafft, noch etwas Glamour abzubekommen und geistert als beliebter Nickname in einschlägigen Chatrooms umher. Er scheint fast verschwunden zu sein, dieser treue Freund des Menschen, was jedoch nicht etwa dem Verlust seiner eigentlich nicht wegrationalisierbaren Notwendigkeit geschuldet sein kann, sondern wohl eher auf die Unzeitgemässheit solch körperlicher Bewegungsabkürzungen zurückzuführen ist, im Gegensatz zum Trend zu Geräten wie Nordic Walking Spazierstöcken, die den Körper völlig sinnlos zu mehr Verrenkungen zwingen.

Dennoch gibt es gestalterische Resozialisierungsversuche des Schuhlöffels, die aber alle als gescheitert zu betrachten sind, wenn sie z.B. Sportlichkeit suggerieren, traditionelle Schweizer Präzision vermitteln wollen oder völlig schrillo sind, wie der von Manolo Blahnik vergewaltigte Löffel.

Überzeugen kann allein diese Lösung (Abbildung). Man schmunzelte beim Fön im Gewand eines Revolvers, man gähnte beim USB – Stick in Sushiform, aber wir halten inne bei einen Schuhlöffel mit der Zusatzfunktion einer Kleiderbürste, der nebenbei auch noch aussieht wie das eleganteste derzeit am Markt befindliche Handy. Die Leute von Motorola können sich schon mal warm anziehen. Für die nächste Generation ihres beliebten RAZR Handys fordern wir, die Bruchfestigkeit entsprechend zu erhöhen und es am oberen Ende noch sehr viel runder und flacher zu gestalten.

Christoph Albers | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


17.11.2005 | 10:18 | Berlin

Kapitalismus mit freundlichem Antlitz


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Buchstäblich grosse Stücke halten wir auf die Berliner Fotografin Ute Langkafel, die unter dem Label Mai.Foto ihre Fotoarbeiten, die meist auf Reisen entstehen (Hier ein Exponat der neuen Serie "Moskau"), selbst vermarktet. Sympathisch uneitel und angenehm wenig werkfixiert an ihrem Konzept ist, dass Kunden die Formate der dann auf Hartplatte aufkaschierten Arbeiten selbst bestimmen können und nur einen – zudem ausgesprochen fairen – Quadratmeterpreis bezahlen. Am kommenden Freitag, den 18. November, ab 21 Uhr gastiert Ute Langkafel mit ihrem Foto-Supermarkt bei der "Friendly Capitailsm Lounge" in der Galerie Neurotitan im Haus Schwarzenberg, wo ihre Bilder noch bis zum 28. November ausgestellt werden. Die mittlerweile legendäre* Veranstaltungsreihe von Fehmi Baumbach und Jim Avignon, die sich der musikalischen Abhandlung heisser Diskursthemen verschrieben hat, geht damit bereits in die zehnte Runde. Mit dabei ausserdem: Der als "Sprachgenie" annoncierte Bruno Couvert, der "wundersame 8bitmelodien auf seinem Atari komponiert", Masha Qrella, sowie der von uns durchaus geschätzte Popmusiker Jens Friebe. Der Eintritt beträgt 5 Euro. Im übrigen klingt das nach einer hervorragende Einstimmung auf die Riesenmaschine Release Party am darauffolgenden Samstag.

*aufgrund interner Kritik gestrichen, "zu stadtmagazinig", dabei war es nur unachtsam aus der Ankündigung übernommen.


17.11.2005 | 05:54 | Anderswo | Fakten und Figuren | Essen und Essenzielles

Trinkgelage in Peru


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Geschichtsunterricht ist selten interessant, was unter anderem daran liegt, dass man ausschliesslich Zahlen und Namen lernt, und nichts über wirklich wichtige Dinge erfährt, also Mundhygiene, Tischmanieren oder Verhütungsmethoden. Zum Glück können die Kinder heutzutage in der Riesenmaschine nachlesen, wie vor tausend Jahren in Peru gesoffen wurde, nämlich hart und kompromisslos. Wie Scientific American berichtet, lebte das Volk der Wari 400 Jahre lang auf einem 3000 Meter hohen, abgelegenen Tafelberg. Ein denkbar unwohnlicher Ort, kein Wasser, keine Verpflegung, gar nichts. Kein Wunder, dass sie sich eingehend mit Rauschgetränken befassten, und in einer ziemlich gewaltigen Brauerei irgendeine Art Maisbier in grossen Mengen herstellten. Zuständig dafür waren die Edelfrauen des Volkes, was überall als Zeichen des hohen Ansehens der Frauen interpretiert wird. Uns kommt es eher so vor, als käme damit das hohe Ansehen des Maisbieres zum Ausdruck.

Aber wie auch immer. Nach einem rituellen Besäufnis, bei dem parallel zur Maisbiervernichtung Hirsche und Lamas gegessen sowie Zwergeulen geopfert wurden, zertrümmern die Wari im allgemeinen Rauschzustand das gesamte Inventar, stecken die Siedlung samt Brauerei in Brand und ziehen sich unerkannt irgendwo in den Dschungel zurück. Man muss neidlos anerkennen, dass diese Peruaner offenbar grosse Meister des destruktiven Alkoholkonsums waren. Es wird schwer sein, diese Vorlage bei der Release Party der Riesenmaschine zu übertreffen. (im Bild: eine Art Vorgeschmack)


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