Riesenmaschine

11.02.2006 | 21:24 | Papierrascheln | In eigener Sache

Ein Jahr voller Samstage

So sehr die Riesenmaschine jeglicher Form der Vetternwirtschaft abhold ist, so wenig trifft das auf Verwandtschaftsverhältnisse ersten Grades zu. Deshalb empfehlen wir an dieser Stelle schamlos zur regelmässigen Lektüre das Weblog 52wochenenden.de, in dem das aus einer Hochbegabtenfamilie stammende Musik- und Multitalent Jens Friebe immer dienstags von seinen wochenendlichen Ausgeherlebnissen, Ausschweifungen und Ausfällen kündet. Im Stile des Roman Fleuve geht das Autobiografische fliessend ins irrlichternd Irreale über, Fakt und Fiktion wohnen einander bei, Ähnlichkeiten mit zumeist quicklebendigen Personen sind alles andere als zufällig – Genderfucking inklusive. Das Live-Experiment, das nach Ablauf des Jahres in Buchform erscheinen wird, läuft übrigens auf der Engine der Riesenmaschine. Und das unten stehende Foto ist lediglich typähnlich, das auch nur rein zufällig.

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Dieser Beitrag ist ein Update zu: In Hypnose


11.02.2006 | 18:20 | Fakten und Figuren | Papierrascheln

Helme betasten


Helm damals... (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

... und heute (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Edward Tenner nennt man den "Philosophen der Alltagstechnik". Seit langen Jahren befasst er sich mit Dingen, ihrer Fortentwicklung, ihrer Wechselwirkung mit anderen Dingen, ihrer Macht über den Menschen und umgekehrt. Schliesslich besteht sein Lebenswerk darin, auch dem Letzten klarzumachen, dass wir nicht nur von Äpfeln, Tulpen und Marihuana gedankenlos ausgenutzt werden, sondern auch von Tischen, Brillen und Schreibmaschinen, ein extrem naheliegender Gedanke, bestehen doch alle diese Dinge aus total komplexen Kleinstlebewesen, deren tieferen Sinn wir noch überhaupt nicht verstehen. Tenners letztes Werk, "Our own devices", ist zwar schon drei Jahre alt, aber grundlos offenbar noch nicht übersetzt. Es enthält jedoch ohnehin nur ganz einfache Wörter, "shoe" zum Beispiel, das versteht ja wohl jeder.

Es ist nicht eindeutig immer ein Vergnügen, zuviel über Dinge zu erfahren, ohne die man unmöglich leben könnte, ähnlich wie es auch schädlich ist, zuviel über die Innenansichten der Ehefrau oder der Weihnachtsgans herauszufinden. Und ausserdem: Wer möchte schon 50 Seiten über die Evolution von Liegestühlen lesen? Oder über die Unterschiede in der Flipflop-Gehtechnik zwischen Amerikanern und Japanern? Ist es interessant zu erfahren, dass wir nur wegen Beethovens Taubheit heute so laute Klaviere besitzen? Dass wir noch nicht erklären können, wie afrikanische Frauen Wasser tragen? Alles Tatsachen, die, beiläufig eingeworfen, das Potential haben, jedes kultivierte Gespräch abzuwürgen. Oder ist es vielleicht nicht eher beschämend zu wissen, dass wir heute immer noch auf QWERTZ-Tastaturen schreiben, weil, weil, weil es der Tastatur so gefällt? Und sie ihre genetisch verbesserten Tastaturkonkurrenten einfach totgebissen hat? Man muss schon sehr stark sein, um an der Vielfalt an Informationen nicht zugrunde zu gehen, bzw. sich in eine Erdhöhle zurückzuziehen und von Maden zu leben.

Andererseits gibt es durchaus Dinge, über die man nie genug erfahren kann, und dazu gehört ganz eindeutig der Helm, vielleicht die erste Körpermodifikation überhaupt. Durch die Jahrtausende sahen Helme immer hässlich aus, keinen einzigen Trend machen sie mit, wohl weil sie so unflexibel hartschalig sind. Helme führen ein seltsam autarkes Eigenleben in ihrem Helmuniversum, und trotzdem haben sie überlebt, vielleicht weil viele denken, dass Trends ohne intakte Hirnschale auch keinen Sinn ergeben. Tenners Helmkapitel, vollkommen kostenlos an diesem Ort einsehbar, enthält unter anderem den Befund, dass nicht etwa Helme die Reaktion auf neue Wunderwaffen waren, sondern umgekehrt Waffen erfunden werden mussten, um mit neuen Helmen klarzukommen. Leider nicht sehen kann man hier den legendären Helmstammbaum des Fischforschers und Paläontologen Bashford Dean. Dafür muss man entweder ins Metropolitan Museum of Arts in New York oder sich eben doch das Buch kaufen.


10.02.2006 | 13:48 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Armbanduhr: Fluch oder Fluch


Geht einmal täglich richtig (in Amerika zweimal) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Vor dem Aussterben eines Dings produziert es meist noch rasch eine Reihe besonders schillernder Features, vergleiche etwa Dinosaurier (Übergrösse, Rückenplatten) oder Kirchen (Gotik, Barock). So verhält es sich auch mit der Armbanduhr: Eigentlich braucht man sie nicht mehr besonders dringend, da man die Taschen voller Geräte hat, die alle nebenbei die Uhrzeit kennen. Eine Uhr am Handgelenk ist noch etwas unnützer als, sagen wir, ein Barometer um den Hals oder ein Babyschnuller mit Betriebstemperaturanzeige. Trotzdem vergeht kein Tag, an dem man uns nicht in an sich vernünftigen Publikationen auf neue Armbanduhren aufmerksam macht, die alle eins gemeinsam haben: Sie sind – in Anerkennung der grundsätzlichen Nutzlosigkeit einer Armbanduhr – vollkommen unbrauchbar. Ihre binäre, hexadezimale, ungefähre, unpraktische, zeigerlose, verwirrende Mäusekino-Anzeige mit jetzt noch mehr LEDs verliert vermutlich selbst für den Besitzer ihren Reiz binnen weniger Minuten. Wer ein solches Gerät in seiner einzigen Funktion als Gesprächsanlass trägt, dem sei das deutlich preiswertere "3G"-Konzept eines bekannten Riesenmaschine-Autors ans Herz gelegt: "Gurke, Gesprächsanlass, Geschlechtsverkehr". Nebenbei hat so eine Gurke mehr Vitamine als so manche Uhr (vgl. Abbildung).


10.02.2006 | 13:47 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Armbanduhr: Segen oder Segen


- sollte es aber geben: HiPod von Isamu Sanada (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Ohne die Zivilisation wäre der Mensch nur ein an ulkigen Stellen behaartes Tier ohne Nagezähne oder praktischen Hartschnabel. Zum Glück aber setzte der Wunsch nach warmen Socken und kaltem Bier den intellektuellen und technischen Schöpfungsprozess in Gang, den wir heute Zivilisation nennen und der es uns nun ermöglicht, auch als Diabetiker süssen Anistee zu trinken oder genau dann wach zu werden, wenn wir es zwar nicht wollen, aber müssen. Die Armbanduhr vereinigt in sich alle, also quasi sämtliche, sprich verhältnismässig viele Errungenschaften der gesellschaftlichen Kultur.

Das fängt mit der Unterscheidung in Damen- und Herrenarmbanduhr an, schlendert an der vernünftigen Akzeptanz des Zeitdiktats vorbei, das man mit einer Armbanduhr für alle sichtbar unterstützt, geht augenzwinkernd an der Tatsache entlang, dass neben "Zeit ist Geld" auch "Zeitmessen kostet Geld" gilt und damit die Grundzüge des Kapitalismus ausreichend beschrieben sind und manifestiert sich schliesslich darin, dass es praktisch kein Armband gibt, dass einen nicht ständig daran erinnert, dass man lebt, weil es drückt und juckt und zwickt. Bis auf die Schweissband-Uhr von Nike, nie wurde ein flexibles Pünktlichkeitsverständnis metaphorischer auf den Punkt gebracht.

Weiters existiert in der Firma Nooka auch ein Monolith in der zeitlosen Uhrenherstellung, was sich zugegeben etwas seltsam anhört, dann aber konsequent auch seltsam heisst: Man führt dort die Modelle ZEN, ZAN, ZOT und ZOO, jeweils in verschiedenen Submodellen und alle sehen aus wie ein Auffahrunfall zwischen einem japanischen Radiowecker von 1957 und der Sonderedition des Spiels Vier gewinnt – "Mengenlehre für Architekten". Nimmt man nun noch neben der Uhr mit der Wählscheibe für die eigene Zeit die blosse Existenz einer Armbanduhr hinzu, in der man seine Sea Monkeys sichtbar mit sich herumtragen kann, dann wird niemand ernsthaft meiner These widersprechen können: Wenn Armbanduhren jemals aussterben sollten, stirbt die Zivilisation an sich. Wer mir nicht glaubt, kann mich gerne mit einer Armbanduhr mit integriertem Lügendetektor prüfen.


10.02.2006 | 10:40 | Alles wird besser

Druckerwesen


Hier entsteht neues Leben. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Herstellung von Tieren oder Menschen erfordert bis heute Verfahren, die langwierig, technisch kompliziert und oft auch ein wenig eklig sind. Schlimmer noch: Auch wenn man nur ein bestimmtes Teil braucht, muss man trotzdem erst das komplette Ding produzieren, und hinterher das Teil herausschneiden. Das muss aufhören, und es wird aufhören, denn in Zukunft kann man das alles einfach ausdrucken. Mit offenem Mund liest man (unter anderem) im Magazin New Scientist von richtig ernsthaften Menschen, die Tintenstrahldrucker ein wenig umbauen, mit Zellmaterial statt Tinte ausrüsten und dann einfach losdrucken. Und genauso wie aus Pixel und Buchstaben wie von Zauberhand im Drucker ganze Bücher entstehen, wachsen so dreidimensionale organische Strukturen, also sicherlich bald auch Goldhamster, Ersatznieren, Schinken und vielleicht auch japanische Thronfolger.

Spannend wird es sein zu beobachten, wer als erstes auf die Idee kommt, Literaturklassiker als Fleisch auszudrucken, obwohl es relativ wahrscheinlich ist, dass es einer von uns ist. Das Nibelungenlied materialisiert als Schweinelende, das möchte man schon sehr gerne sehen. Was wohl Hewlett-Packard als Druckertestseite verwenden wird? Ein Dromedar? Kann man das Wunschkind mit der Textverarbeitung zusammenstellen? Endlose Möglichkeiten, leider muss ich hier aufhören, das Abendessen kommt gerade aus dem Drucker.

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