Riesenmaschine

10.04.2006 | 13:37 | Anderswo

Die Rache der Prosumenten


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Ab und zu entdecken Werbeagenturen, dass es in der Welt da draussen etwas Neues gibt. "Man kann doch jetzt diese E-Mails verschicken, an die man Dateien ranhängen kann", stellten sie vor einigen Jahren fest und entwickelten das Virale Marketing. Und neulich dann: "Es gibt doch jetzt dieses Web 2.0, wo die Konsumenten zu Prosumenten erzogen werden und an allem freudig mitarbeiten. Da könnten wir doch mal..." – "Ja, das ist toll! Wir lassen sie für uns arbeiten, nennen es Gewinnspiel und verkaufen es unseren Auftraggebern als Kundenbindungsinstrument." Gesagt, getan, und schon stellten beispielsweise Mini, Mastercard und Converse Seiten ins Netz, auf denen die Nutzer auf die eine oder andere Art kreativ werden dürfen.

Das gefiel auch der Marketing-Abteilung von Chevrolet. Und so gibt es zur Vermarktung des für 2007 geplanten Geländewagenmodells Tahoe eine entsprechende Seite, auf der mit Hilfe von diversen vorgefertigten Filmausschnitten, acht Hintergrundmusiken und eines Textgenerators ein 30-Sekunden-Spot erstellt werden kann. Dummerweise vergass man dabei allerdings, irgendeine Art von Kontrollinstanz einzuführen, die das Hochladen der produzierten Spots überwacht.

Da kriegte Chevrolet dann ganz schnell zu spüren, was Userbeteiligung wirklich bedeutet: Umweltaktivisten und andere Witzbolde bauten Spots, in denen der lächerlich hohe Verbrauch des Tahoes ("$70 to fill up the tank, which will last less than 400 miles. Chevy Tahoe.") und die Schlechtigkeit von Geländewagen im Allgemeinen (z.B. in diesem Video) kritisiert werden. Dank Blogs und YouTube haben sich die Ergebnisse mittlerweile aus dem Einflussbereich von Chevrolet entfernt, weswegen Chevrolet den einzig vernünftigen Weg gewählt hat: Die ganze Aktion wird weitergeführt und als von Anfang an genau so geplant dargestellt.


10.04.2006 | 08:59 | Anderswo | Alles wird besser

Mobile Living


Gegen die Zukunft von damals sehen wir heute alt aus (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Eine Messe, die mit dem nebenstehenden Bild wirbt, kann keine schlechte Messe sein. Und das ist sie auch nicht, ganz im Gegenteil, sie ist nämlich eine, die sich mit dem Mobilen Wohnen und Leben beschäftigt, mit den Veränderungen, die die Gesellschaft in ihrem "nomadic way of life" durch Computer und all das erfahren hat: Mobile Living findet parallel zur ICFF vom 21. bis zum 23. Mai in New York statt. In einer grossen Ausstellung samt Vorträgen und Begleitprogramm sollen "Kunst, Design und Technologie" vermischt werden. Für den interessierten Besucher werden unter anderem die Bereiche mobile Wohnsituationen, mobile Telefonie und Computer, Transportsysteme sowie Indoor- und Outdoormöbel beleuchtet. Ein Volltreffer sollte die Messe also für Menschen sein, die in ihrem Wohnwagen mit dem Segway herumfahren, während sie per Laptop über Skype Gartenstühle verkaufen. The future is now!


09.04.2006 | 18:15 | Nachtleuchtendes

Das Handylicht


Kein Russe käme auf die Idee, sich zu schämen, weil er seinen Friseur Paruckmacher nennt, ein fröhlicher französisch-deutscher Wortbastard, ebenso ist es keinem Franzosen unangenehm, dass er sein Dachkippfenster Le Wasistdas nennt, nur weil Napoleons Dolmetscher etwas begriffsstutzig war, als man eine Tournee durch Deutschland machte. Der Deutsche hingegen windet sich vor Wortschmerz, wenn er das, was der Isländer als Junges Schaf bezeichnet, Handy nennen muss, vor allem im Ausland, denn es hört sich so international an und ist es doch nicht, und so verflucht er den Menschen, der so fahrlässig war, es so genannt zu haben, und er verflucht den Tag, als dies geschah. Dabei existiert das Wort im deutschen Sprachschatzkästchen schon länger, nämlich lange bevor die Telefone ihre Schnüre loswurden. Vermutlich waren sogar die Japaner schuld. Denn Anfang der sechziger Jahre entwickelte die Firma Daimon (japanisierte Version von Diamond) eine kleine Taschenlampe und nannte sie Handy. Wo war da eigentlich Bastian Sick, wo ist die Entschuldigung seiner Eltern?

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


09.04.2006 | 11:45 | Anderswo | Alles wird schlechter

Länger Wohnen


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Vielleicht haben die Kreationisten doch recht und Gott hat sich alles selbst ausgedacht. Was die Kreationisten dabei aber nicht bedacht haben: Wenn es so ist, steht Gott imagemässig ziemlich doof da, nämlich als kleinmütiger, verbitterter Charakter. Gäbe es sonst einen Grund für den nichtmateriellen alten Mann, uns alle ihm unmöglichen physischen Genüsse so gesundheitsschädlich zu machen? Essen wirkt lebensverkürzend, viel schlafen ebenfalls, Vögeln verursacht div. Krankheiten, und bei Getränken hat Gott offenbar eine umgekehrt proportionale Beziehung zwischen Geschmack und Gesundheit eingebaut (vgl. Wodka Tonic – Coca Cola – Wasser – Salbeitee – Hustensaft). Nun entpuppt sich auch das bequeme Wohnen als todbringende Angelegenheit, jedenfalls, wenn man der Argumentation der japanischen Architekten Arakawa + Gins folgt.

Inhabitat berichtet über deren Tokioter Projekt Reversible Destiny Lofts – Mitaka, die mit unebenen Flächen, unregelmässigen Formen, Stolperfallen und schreienden Farben das Leben der Bewohner verlängern sollen. So werden durch eine Art Sportwohnen Immunsystem und Widerstandskraft wie körperliche Zähigkeit gestärkt, gerade im Alter, wo man sich sonst durch eine behagliche, gemütliche Wohnumgebung dem Verfall zum Frass vorzuwerfen pflegt. Bleibt die Frage, ob man in solchen Räumen überhaupt alt werden will und vor allem, ob nicht umgekehrt die Selbstmordrate in schwindelnde Höhen steigt, wenn man nachts zum Klo nur über eine asymmetrische Minileiter gelangt.


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08.04.2006 | 17:11 | Anderswo | Supertiere | Alles wird besser

Tiere und Testikel im Wahlkampf


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der seit einem Jahr in Rom lebende Steven Patrick Morrissey meinte kürzlich in einem Interview, lieber würde er seine Hoden essen, als bei einer Smiths Reunion mitzutun, und das will was heissen, ist doch der ehemalige Smithssänger, wie man weiss, Vegetarier. Überhaupt sind Hoden in Italien gerade in aller Munde, überall sieht man Leute herumlaufen, Männer wie Frauen, mit Schildern auf denen IO SONO UN COGLIONE (Ich bin ein Hoden) steht, nachdem ihr Präsident im Wahlkampf gemeint hat, er schätze die Intelligenz der Italiener zu sehr, um zu glauben, dass es so viele Hoden gäbe, die ihn nicht wählen. Und weil der Wahlkampf so schrill und schmutzig wie noch nie ist, hat der kleine Mann mit dem transversalen Grinsen und der monomanischen Aggressionslaune jetzt einen Gang zurückgeschaltet und zaubert dressierte Elstern aus dem Hut, als letztes Aufgebot für die Schlacht um den Endsieg. Das ist schade, sind doch seine NLP-geschulten Attacken immer ein Quell des Kopfschüttelns und des Frohsinns gewesen, dass z.B. Finnland das Land mit der schlechtesten Küche der Welt sei (womit er ja nicht ganz unrecht hat, und was dazu führte, dass dort plötzlich massenhaft Pizzerias "Berlusconi" aus dem Boden schossen) und in China Kinder gar gekocht und auf Äckern als Dünger ausgebracht werden. Auf die Frage, ob er sich den neuen berlusconikritischen Nanni Moretti Film "Der Kaiman" anzusehen gedenke, antwortete Don Coglione nur irr keckernd: "Ich bin der Kaiman, ich werde euch alle fressen".

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (6)


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