Riesenmaschine

04.03.2007 | 23:00 | Alles wird besser | Papierrascheln

Technologisches SprechaSprech


Das optomechatronische Auge von der Teekanone
(Foto: Kai Schreiber)
In der lustigen Online-Adventure-Parodie Kingdom of Loathing gibt es ein Monster, den "MagiMechTech MechaMech", in dessen Beschreibung es heisst, es sei "ein grosser Roboter, angetrieben von einer finsteren Mischung aus Magie und Technologie, aber weil hinreichend fortgeschrittene Technologie von Magie nicht unterscheidbar ist, ist das Mischungsverhältnis nicht zu erkennen." Die Beschreibung basiert auf Clarkes drittem Gesetz, das nicht nur für Technologien, sondern auch für die Beschreibung dieser Technologien gilt. War der "MagiMechTech MechaMech" noch eine Parodie eines der Science Fiction nahestehenden Unterhaltungsgenres, gilt für das grade neu gegründete International Journal of Optomechatronics vermutlich das genaue Gegenteil. Aber weil eben jede hinreichend fortgeschrittene Technologiebeschreibung nicht von Technobabbel unterscheidbar ist, werden wir es so bald nicht erfahren.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Vom mechanischen Verhalten biomedizinischer Substanzen


04.03.2007 | 13:31 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Magnetisch fabriziert


Foto: Nick Russill, Lizenz
Was wäre die Welt ohne Magnetfelder. Es gäbe keine Sterne, weil man magnetische Kräfte beim Zusammenknüllen von Gas dringend benötigt, schlimmer noch, es gäbe auch keine Flecken und keine Protuberanzen und damit nichts anzusehen auf der Sonne. Es gäbe keinen elektrischen Motor und damit auch keine Brotschneidemaschine, es gäbe keinen Maxwell, keine Magnetohydrodynamik, Aale und Zugvögel fänden nicht nach Hause, und schliesslich, und das täte jetzt endgültig allen leid, es gäbe keine Polarlichter. Die nämlich entstehen, wenn schnelle Teilchen aus dem an schnellen Teilchen nicht armen Kosmos, abgeschickt übrigens vom Magnetfeld der Sonne, vom Magnetfeld der Erde in die Atmosphäre getrieben werden, dort mit allem möglichen herumkollidieren und in der Folge Funken schlagen. Wie das genau allerdings abläuft, war bis dato rätselhaft, und ist es auch immer noch, wenn man auch der wie üblich erschreckend unordentlichen Wahrheit näher zu kommen scheint: Mit ganzen Feldern aus Satelliten kreuzen wir inzwischen durch die Polarlichter dieser Welt, um das Magnetfeld der Erde, das dazugehörige elektrische Feld und die sämtlichen Feldern hilflos ausgelieferten geladenen Teilchen nicht unbeobachtet ihrem konfusen Treiben nachgehen zu lassen. Denn: You can observe a lot just by watching. (Yogi Berra) Und wenn wir uns das Polarlicht lange genug von oben angesehen haben, werden wir als Nächstes bestimmt auch grossangelegte Schritte unternehmen, um endlich die ganzen anderen magnetischen Rätsel der Welt zu lösen, die Sache mit den magnetischen Monopolen zum Beispiel, von denen die ganzen Felder ausgehen, und die man bestimmt nur deshalb noch nicht gefunden hat, weil sich im Inneren des Magnetfeldes ein Loch verbirgt, eine Fehlstelle im der elektromagnetisch beherrschten Welt, und damit die einzige Stelle, an der es nie Internet geben wird. Nagut, im Pansen von Kühen gibt es auch keines.


04.03.2007 | 02:27 | Nachtleuchtendes | Alles wird schlechter

Gleichschaltung


Vorbild: Nordkorea (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wie kommt es eigentlich, dass unsere Städte dieser Tage so eintönig und bleiern gleichförmig wirken wie in Mehltau gebadet, wie Kleinkönigreiche unterm Bannfluch eines bösen Zauberers gefangen? Liegt es am insgesamt komplett vergurkten sogenannten Winter? Liegt es daran, dass wir uns in einer Zeitschleife befinden, wie neulich ein Autor der FAS vermutete, und andauernd wieder das Jahr 1981 durchlaufen müssen? Die Antwort steht an fast jeder Haus-, Plakat- und Bushaltestellenwand und ist doch so gut verborgen wie Edgar Allen Poes Brief oder die mittels PAL-Feldern getarnten Raumschiffe bei Douglas Adams: Es gibt nur noch eine einzige Werbung von einer einzigen Marke. In Berlin, Hamburg und anderen deutschen Grossstädten ist buchstäblich jede verfügbare Werbefläche mit der Kampagne für den neuen Toyota Auris zugepflastert.

Die konzeptuell eher dünnen Motive ("Augen auf ...") für den Kleinwagen (der einem vom Designstandpunkt her auch nicht gerade den Stecker rauszieht) gewinnen allein durch ihre alles vertilgende Impertinenz ihre Wirkung, vulgo "Impact", um nicht zu sagen: Penetranz, die sich ins Gehirn frisst. Ein teurer Metascherz des Konzerns bzw. der Agentur bzw. der Mediaplanung, der allerdings die Frage aufwirft, mit wieviel Vorlauf und vor allem Geld man so etwas hinbekommt. Gleichzeitig ein kleiner Vorgeschmack darauf, wie sich Werbung anfühlen wird, wenn dermaleinst die kapitalistische Konkurrenz im STAMOKAP gemündet ist, und es nur noch einen einzigen militärisch-industriell- staatlichen Grosskonzernkomplex gibt. Der Schritt zum Kommunismus ist dann auch nur noch ein ganz kleiner. Und wir können schon heute aus unmittelbarer Anschauung heraus sagen, dass wir beides ablehnen. Und zwar aus ästhetischen Gründen.


03.03.2007 | 21:43 | Anderswo | Was fehlt

Hirn hamstern, für dumme Zeiten


Erstaunlich violett ist es innen drin in so einem Nagetier. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Für Zeiten der Not hat die Natur das Hamstern erfunden. Und weil ja aufgrund eines kognitiven Irrtums es dem Menschen immer scheint, als würde alles schlechter, neigt er ganz grundsätzlich zur Anhäufung von Gebirgen aus Dingen, die ihm dann den Weg versperren. Er verhungert dann, weil der Weg zur Sammlung von Frühstücksfleischdosen von all den gekauften Hamstern versperrt wird. Man nennt sowas Ironie, wenn man nichts davon versteht.

Wenn man nichts von Sachen versteht, braucht man manchmal mehr Gehirn, das man sich zum Beispiel auf brainmaps.org beschaffen kann, wo fleissige Hamster 15 Terapixel davon zusammengetragen haben, für alle zugänglich. 15 Terapixel! Dagegen verblassen die Grassamen, die – zur Rettung der Welt nach der nächsten grossen Katastrophe – demnächst in der Weltuntergangsgruft (Doomsday Vault) in einem Berg bei Spitzbergen verscharrt werden sollen, zu einem hirnlosen Nichts. Zugegeben, "Doomsday Vault" ist ein hübscher Name für ein Loch in der Erde mit Gras drin, aber die Prioritäten sind verstellt, wo Gras eingelagert wird, und nicht Gehirn. Ohne Gras zu denken geht nämlich ganz gut, aber hirnlos Gras pflanzen: unvorstellbar.


03.03.2007 | 14:29 | Anderswo | Alles wird besser

Gegen den Strunk


(Foto: Pressefoto vom Verleih)
Lange Zeit galt ja Michael Kliers "Überall ist es besser, wo wir nicht sind" als der schönste topophobe Titel in der Geschichte des deutschsprachigen Films. Am 9. März bekommt dieser nun Konkurrenz, wenn in Österreich Antonin Svobodas "Immer nie am Meer" (Trailer hier) startet, eine Komödie, die nicht nur im Titel Ortsfrust verbreitet, sondern tatsächlich 70 Minuten in einem eingekeilten Mercedes spielt.
Am Drehbuch schrieben neben Svoboda die drei Darsteller, die Wiener Radiomatadoren Christoph Grissemann und Dirk Stermann, sowie das Hamburger Studio-Braun-Mitglied Heinz Strunk mit, und so verzweifelt wie deren Humor ist auch der Film; als Komödie ist er Helge Schneiders miesepetrigem Meisterwerk "Jazzclub" verwandt, und wer dort gelacht hat, tut es vermutlich auch hier.

Das Schönste an "Immer nie am Meer" ist aber wahrscheinlich nicht mal Absicht: Nach zehn Millionen europäisch koproduzierten Roadmovies, die möglichst viele Grenzen überfahren, während schrullige Aussenseiter zu sich selbst finden – "Im Juli", "Heller als der Mond", "Blue Moon", "Donau" (als Dampfschiffvariante) undsofort – war es höchste Zeit, dass dieser Film passiert. Dass mal jemand die Karre nimmt und das perfideste aller EU-Filmförderungs-Abzock-Genres gegen den Baumstamm setzt. Schluss, aus. R.I.P.


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