12.03.2007 | 09:57 | Sachen kaufen
 Wenn wir blöd wären, stünde hier "Um die Ecke gedacht" (Foto: Manufactum)Häufig haben wir hier bereits Tipps für Designer gegeben, die einen längst vorhandenen Gebrauchsgegenstand mit neuen Kaufreizen aufladen wollen. Der abgebildete Krail setzt neben dem bei Manufactum bewährten Kaufgrund willenlos machende Namensgebung (Zweimal-Jokele, Frillo, Gold-Dachs, Setzhäundl) auf ein zweites unwiderstehliches Element: einen rechten Winkel, wo bisher keiner war. Ähnliches beobachtet man auch bei japanischem Toastbrot, dem Um-die-Ecke-Bohrer und dem 90-Grad-Baum. Ausserdem ersetzt der Krail "mindestens drei andere Gerätschaften", und das passt so gut zu unserer Agenda "Shopping für die Besitzlosigkeit", dass am Krail wohl kein Weg vorbeiführt. Wozu er gut sein mag (Krailen senkrecht angelegter Beete?) wird man dann schon herausfinden.
08.03.2007 | 10:19 | Berlin | Sachen kaufen | Papierrascheln
 Der Autor demonstriert den sachgerechten Gebrauch einer Metapher. (Foto: Natascha Podgornik, Nachbearbeitung: Wolfgang Herrndorf)Die meisten Riesenmaschinenautoren schreiben neben ihrem schweren Hauptberuf auch noch Bücher, drehen Filme, malen Bilder oder häkeln Handytäschchen. Am Donnerstag, also heute um 20:00 liest Wolfgang Herrndorf im nbi unter der Aufsicht von Ijoma Mangold aus seiner neuen Kurzgeschichtensammlung "Diesseits des Van-Allen-Gürtels". Es handelt sich nicht um Literatur, man kann daher vielleicht hingehen, aber auch einfach "hinterher zum Biertrinken kommen und sagen, dass das letzte Buch besser war" (Herrndorf). Und, so der Künstler weiter: "Ich wäre auch froh, wenn dieses ekelhafte Foto ersetzt werden könnte. Es kommt dort nicht zum Ausdruck, dass ich 'grosse schöne weiche Augen' (Die Welt) habe und 'sanft asketisch, gesellig und freundlich' (dradio) bin." Aber davon kann sich ja heute abend jeder selbst überzeugen.
07.03.2007 | 18:18 | Alles wird besser | Papierrascheln
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Für Musik gibt es last.fm und Pandora und vielleicht eines Tages auch mal iLike, für Bücher gibt es nur die Amazon-Empfehlungen, die in den neun Jahren ihrer Existenz nur wenig klüger geworden sind. Nichttechnisch generierte Menschenempfehlungen fallen wegen ihrer grossen Amplituden weg, denn noch unterschiedlicher als der Fingerabdruck ist wohl nur der Bücherregalabdruck zweier Menschen. Lovelybooks soll seit Ende 2006 mit Hilfe der Weisheit der Massen schaffen, was bisher nicht gelungen ist, nämlich brauchbare Buchempfehlungen auf der Basis des bisher Gelesenen zu geben. Interessant wäre in diesem Zusammenhang, ob die bis Ende April zu verlosenden 50 Buchpakete wohl erstmals in der Geschichte des Preisausschreibens auf die Vorlieben des Gewinners abgestimmt sein werden.
Optisch setzt Lovelybooks bisher stark auf die amazontypische Idee aus dem vorigen Jahrhundert: "Was viele gut finden, müssen alle gut finden", während man den Hauptvorteil von last.fm, die individuellen Empfehlungen von Geschmacksnachbarn, länger suchen muss. Aber es handelt sich ja auch noch um die Betaversion, nach deren Abschluss vielleicht auch das Suchen und Hinzufügen eines Buchs nicht mehr länger dauern wird als dessen Lektüre.
Ausnahmsweise braucht man übrigens keine Angst vor der üblichen "Sympathisches kleines Startup wird von bösem Konzern aufgekauft, alles wird schlechter"-Entwicklung zu haben, denn das unter anderem von last.fm-Mitgründer Michael Breidenbrücker von Lovely Systems entwickelte Lovelybooks gehört von Anfang an der Holtzbrinck-Gruppe. Ich hoffe, den Germanistikprofessoren der FU Berlin, die ich 1994 als Betreuer für die Entwicklung eines solchen Systems als Abschlussarbeit zu gewinnen versuchte und die mich auslachten, tut es heute leid und sie liegen nachts wach und weinen.
06.03.2007 | 19:33 | Berlin | Alles wird besser
 Foto: Kathrin PassigBerlin (hier: Schlesisches Tor) ist eine vorbildliche Stadt, von der der Rest der Welt viel lernen kann. Tagging wird mit öffentlichen Geldern gefördert, und das schöne "Vorsicht, frisch gestrichen"-Schild gibt es beim Kauf jeder Spraydose gratis dazu. Bevor wir hier in Berlin eine Bushaltestelle kaputttreten, spannen wir Absperrband rundherum, und danach hängen wir ein "Vorübergehend ausser Betrieb"-Schild auf. Unsere Dealer versteuern ihre Erträge, für Schwarzfahrer gibt es eine spezielle Monatskarte, und wer in Hauseingänge pinkelt, wäscht sich danach die Hände. Ja, so schön ist Berlin!
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Neue Höflichkeit auf Erfolgskurs
01.03.2007 | 20:56 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Im August 2004 beschrieben wir anderswo hoffnungsfroh, was die Zukunft für neue Tools zur mobilen Vernetzung von allen mit allen bereithielt. Spätestens im September 2004 gedachten wir uns in Handysoftware zu wälzen, die uns den Aufenthaltsort von Freunden, Nachbarn und Wildfremden sichtbar machen sollte. Der Leser ahnt, wie die Geschichte ausging: Natürlich passierte erst mal gar nichts, und dann nicht viel. Die im Text genannten Dienste sind entweder nie oder wenn, dann nur in San Francisco gestartet, die Details kann jeder selbst recherchieren, wir sind ja hier nicht der Heise-Newsticker.
Aber weil es nicht zu unseren Gewohnheiten gehört, aus Fehlern zu lernen, sei hiermit angekündigt, dass es doch noch klappen wird mit dem mobilen Social Networking, und zwar ab praktisch sofort und in Form der Java-Handysoftware aka-aki. Um ganz sicher zu gehen, haben wir die Technik diesmal von Riesenmaschine-Autor Gabriel Yoran erfinden lassen. Das Ding mit dem wie von Thor Heyerdahl erdachten Namen sucht im zugegeben bescheidenen Umkreis von 20 Metern per Bluetooth nach anderen Nutzern, die je nach Geschmacklosigkeit der dahinterstehenden Firma vermutlich "Aka-Akivisten" oder so heissen werden, und lädt dann deren Profile aus dem Web. Für Menschen, die keine Gesichter wiedererkennen oder sich keine Namen merken können, kann dieser Service schon beim engeren Freundeskreis nützlich sein (vorausgesetzt, man hat sie alle vorher in den Aka-Aki-Akundenkreis hineingekobert). Alle anderen bekommen erklärt, über welche sieben Ecken sie die eigentlich unbekannten Menschen um sie herum wenigstens indirekt kennen, und wie es immer so ist, werden den Teilnehmern vermutlich noch ganz andere Nutzungsmöglichkeiten einfallen. Geld kostet nur der Traffic, und zum Preis einer SMS kann man ungefähr 500 aka-aki-Nachrichten verschicken. Wen stört bei dieser Fülle an Wi-Wa-Wunderfeatures der alberne Name? Die Alphaversion läuft, die öffentliche Beta startet Anfang April, und dann wird der Löwe endlich das Lamm erkennen, und wir werden uns mit aller Welt in den Armen liegen. Bis der Aka-Aki-Akku alle ist.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Minen-Walking
- Monotaskingfähigkeit (besser als nichts)
- sonores Nuscheln
- kulturelle Vorgänge
SO NICHT:
- Schwingschleifer DW 411
- als Boho getarnte Bauernblusen
- lustige Hüte tragen
- näselndes Nuscheln
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Blood: The Last Vampire", Chris Nahon (2009)
Plus: 3, 42, 52, 80, 89 Minus: 1, 13, 99 Gesamt: 2 Punkte
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