Riesenmaschine

18.01.2008 | 15:59 | Anderswo | Fakten und Figuren

Hochfrequenter Kulturlärm


Die WM 2006 in Deutschland:
Als Kulturereignis nicht messbar
(Foto: gari.baldi) (Lizenz)
Für die Bedeutung von kulturellen Ereignissen wurde auch im Jahr 2008 immer noch kein allgemein gültiges Bewertungssystem etabliert. Die automatische Kulturkritik sei hier nur zaghaft als kleine, aber löbliche Ausnahme erwähnt. Gemeinhin werden Feuilletonisten, mit Internet und ohne, herangezogen, wenn im Blätterwald ein Baum umgefallen ist. Die Durchschnittsmeinung wird dann zur allgemeinen Bewertung erhoben, was so gut wie alle anderen demokratischen Verfahren funktioniert.

Es ist nach 9 Uhr morgens und damit Zeit, wieder Bewertungssysteme zu fordern, die auf vernünftigen, vergleichbaren Messungen fussen. Dabei können wir wieder von den Vereinigten Staaten lernen, oder auch von Kamerun. Die Seismologen, die sich im Frühjahr 2006 dort zu Erdbebenmessungen aufhielten, zeichneten die Tore und andere kritische Situationen während des Afrika-Cups auf, wie auf Seite 13 genauer zu lesen steht. Das US-amerikanische Forscherteam qualifizierte zwar die "Footquakes" als hochfrequenten Kulturlärm ab, vermutlich aber nur, weil es um Fussball ging und nicht um Mike Novick, der beim Penalty-Shooting einen Home Run gedunkt hat. Seismographen in jedem Kulturzentrum und eine zentrale Auswertung sollten dafür sorgen, dass man sich in Echtzeit über Kultur informieren kann. Landesweite Begeisterometer mit einer nach oben offenen Skala: Kulturwissenschaftler werden mittelfristig die Anschaffung eines Taschenrechners überlegen müssen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Abschied vom Alleinstellungsmerkmal


15.12.2007 | 19:11 | Nachtleuchtendes | Supertiere

Niedlichkeit verpflichtet

Nicht alle Tierschützer haben sich auf plumpe Aufmerksamkeitsstrategien wie alberne Kostüme, Holocaust-Vergleiche und Leicheneinsatz an öffentlichen Plätzen festgelegt. Nehmen wir Dr. Baillie, der sich mit seinem Team vom EDGE-Hauptquartier in London in die Wüste Gobi aufmachte, um dort nach wilden Riesenohr-Springmäusen zu jagen – natürlich nur mit Kamera und Lebendfallen. So gelangten die ersten Bilder des niedlichen Nagers aus der weiten Wüste in die wüste Weite des Internets. Dabei dient Dr. Baillie, wie er auch in seinem Blog erläutert, die allgemeine Zurschaustellung des Knuffigen und Postkarten-geeigneten nur als Vorwand – um nämlich den Schutz der ganzen Region mit vielen weiteren Arten sicherzustellen. Die Ausbeutung des Niedlichen für eine bessere Welt, warum eigentlich nicht? Fordern wir also Tierpatenschaften: Jedes Streifenhörnchen, jeder Igel, jeder Panda, jeder Seeotter sollte sich selbst neun weitere Arten aussuchen, die es nicht auf Cute Overload geschafft haben, und Nachhilfe im Schläfrig- oder Überrascht-Gucken geben.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Erneuerbare Niedlichkeiten


03.12.2007 | 12:45 | Berlin | Anderswo | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Eine gute Paraphrase dauert 7 Minuten

Ilse schenkte nach. Am Anfang erschuf Gott Hopfen und Malz. We hold these truths to be self-evident, that all beers are created equal. Gute Vorlagen gibt es viele, Pilsener Urquell, laut Werbung und Wikipedia das erste Pils der Welt, hat sich für die Paraphrase des Deutschen Grundgesetzes entschieden, um die neue Imagekampagne zu hinterfüttern, auch eine Art Standortbekenntnis.


Ein Helles im Dunkeln fotografiert (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
An Deutschlands Plakatwänden wird schon ja schon etwas länger der Panschwahn des vergangenen Sommer gegeisselt. No Lemon, No Cranberrry. No Bullshit. Im Dezember wird vom Konsum kalter Biermixgetränke wahrscheinlich auf warme Weinmixgetränke umgeschwenkt. Warten wir noch ein paar Minuten auf No Cassis. No Cherry. No Hämaturie, bevor wir Bierwerbung wieder ausblenden.

Das letzte Pils der Welt (bisher) hingegen wird seit dem 1. Dezember 2007 in Liechtenstein gebraut und verkauft. Kenner sollten Bierwitze über Liechtensteins Verfassung und Grundgesetz schnell gesetzlich schützen lassen, am besten daselbst, denn das Bier soll nicht über die Landesgrenzen hinweg vertrieben werden.

Vielleicht ist das Bierbrauen in Liechtenstein aber auch ein perfider Plan zur Eroberung der Vormachtstellung in Europa. Kein anderes Land läuft so schlecht voll, wenn der Meeresspiegel infolge der globalen Erwärmung steigt. Bierkühlschränke hingegen sind wahre Klimakiller, wie wir nach wochenlangen Recherchen bei ActionNews erfahren haben. Um dem Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, noch die Krone aufzusetzen, sollen neue Flugzeuge jetzt mit Kühlschränken für Bier ausgestattet werden, um zum Beispiel mehr Menschen aus Schottland nach Chile zu bringen. Daraus kann doch wirklich niemand ausser Liechtensteinern einen Vorteil ziehen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Soziologie des Getränkemissbrauchs


27.11.2007 | 23:15 | Zeichen und Wunder

Endzeit für die Uhren


Spuren eines Uhrenträgers auf Powerbook
(Foto: thelastminute) (Lizenz)
Uhren im Wohnraum fühlen sich seit der Erfindung des PCs, der einem ständig die Zeit in einer Ecke präsentiert, überflüssig an. Bei der Benutzung eines Laptops, bei dem das linke Handgelenk nur wenig über der Oberfläche des Gerätes schwebt, wurde das Relikt schliesslich zum Störenfried und wurde nur noch zum Vorstellungsgespräch angelegt. Glückliche Menschen, die ein Powerbook mit gebürsteter Alu-Oberfläche besitzen, wissen um die Kratzer oder haben gleich auf das Klunkertum verzichtet. Denn wenn der letzten verbleibenden Armbanduhr die Batterie ausgegangen ist, stellte ein jeder fest, dass man draussen das Mobiltelefon zur bequemen Zeitfeststellung nutzen kann.

Ganz einig waren sich die Zukunftspaten der Riesenmaschine über das Ende der Armbanduhr bisher nicht. Ähnlich düster wie oben sahen es die einen, andere erblickten im emsigen wie hilflosen Vortäuschen von Innovation die Blütezeit des Utensils. Jetzt mehren sich jedoch die Hinweise, das eine Krise erkannt und von oben her angegangen wird: Grosse Anbieter von Uhren schwenken auf das Mobiltelefon als Chronometer um. Nachdem kürzlich Rolex das Release eines Mobiltelefon verkündete, hat nun auch der Schweizer Uhrenhersteller TAG Heuer angekündigt, seinen guten Namen in den Todfeind Telefon zu stecken.

Somit drängen Uhrenhersteller in den Handymarkt, vermutlich um sich dafür zu rächen, dass ihnen die Handyhersteller ihr Geschäftsfeld kaputt gemacht haben. Interessant wird das aber erst, wenn das alle machen und es demnächst Handys von Konica-Minolta, Kurvendiskussion im Browser von Texas Instruments, irgendwas anderes von TrekStor und Stoppuhren von BenQ gibt. Nokia könnte sich dann ja mal zur Abwechslung mit Fahrradreifen beschäftigen.

Dieser Beitrag ist so eine Art Update zu Armbanduhr: Segen oder Segen,
Armbanduhr: Fluch oder Fluch, Zeitlose Uhr und Time is on my up side


25.11.2007 | 00:12 | Essen und Essenzielles

Wer länger sitzt, ist auch nicht besser als jemand, der nicht so lange sitzt


Fat Boy geht es jedenfalls ganz gut.
(Foto: mandj98) (Lizenz)
Irgendwann muss mal die Vermutung in die Welt gesetzt werden, dass unser Ansporn zu Sport und Bewegung ausschliesslich im Wunsch unserer Eltern begründet ist, uns in Kindesjahren ruhig und still zu halten. Neue Forschungen zur Wechselwirkung zwischen Gesundheit und Bewegung unterstreichen jedenfalls mit hartem, aber unangespitztem Bleistift, was auf den Schwarzen Brettern der Festangestelltenvorhöllen steht: Bewegt euch, selbst aufstehen und mal zum Kopierer gehen ist gut für Durchblutung und Stoffwechsel. Druckt auch mal im Nebenraum, ist auch besser für das eigene Raumklima.

Man möchte hinzukritzeln, dass man für wenige Euro am Kiosk sogenannte Zigaretten erwerben kann, die einen zu regelmässigem Konsum vor die Tür der meisten Bürogebäude und Fabriken treiben. Im Gegensatz zu anderen gefühlten Lichtgestalten des Internets möchten wir uns nicht vor den Karren der Zwangssportler und Fatisten spannen lassen, aber genauso wenig auf dem der Kalorienunterbewussten herumgammeln. Weisen wir also auch auf Untersuchungen hin, aus denen hervorquillt, dass übergewichtige Menschen gar nicht früher sterben. Zugegeben, das erste Faktoid kommt aus den USA, das zweite aus Grosssbritannien, wir vergleichen also Orangen- mit Pfirsichhaut. Die daraus abzuleitenden Lebensweisheiten lauten dann wohl eher, dass man die Riesenmaschine nur im Stehen lesen sollte, wenn man Poutine isst. Und dann wäre da noch die Frage, wie es sich mit dem Mineralwasser-Trinken verhält, das einem Seite an Seite mit guter Ernährung eingetrichtert wird (sog. europäische Wasserfolter).

Roland Krause | Dauerhafter Link


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"Django Unchained", Quentin Tarantino (2012)

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Gesamt: 2 Punkte


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