Riesenmaschine

11.03.2007 | 21:43 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Würfelglück am Stiel


So rein optisch ähnelt es einem Dominostein am Ćevapčići-Spiess (jaja, es gibt gar keine Spiesse davon) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Streben der Menschen nach Glück ist ja wohl die grösste Frechheit, die die Schöpfung uns in unserem sowieso schon nicht leichten Leben zugemutet hat. Ständig gaukelt einem das Gemüt vor, es wäre schon mit etwas mehr Glück ganz einfach zu beglücken und dann sei alles gut, bzw. das Schlechte nur noch halb so schlecht. Dabei ist dieses Glück eine reine Schönwetterveranstaltung – kaum läuft es mal nicht so, dann wird der flüchtige Genosse nicht mehr gesehen und muss unter grössten Mühen wieder herbeigestrebt werden. Immerhin hat sich das Schicksal seiner etymologischen Herkunft besonnen und uns das ein oder andere schicke Mittel an die Hand gegeben, den flinken Fliehvogel Glück herbeizulocken. Ausgewählte Drogen etwa oder die allgemeine Genitaliensituation.

Der wendige, aber unaufwendige Tausendsassa unter den Glückslockern ist seit je die Schokolade, erfunden als Zsoqqulat von den Ptolemäern. Dieses Zaubermittel, das sich so recht nie entscheiden konnte, ob es lieber flüssig in Kakaoform oder fest als Schokoladentafel eingenommen werden wollte, hat nun einen Wandler zwischen den Welten als einigendes Geschwister dazubekommen; einen Schokololli-Würfel, ein Lutsch-Praliné am Stiel, das man jedoch auch fix in heisser Milch verrühren kann und dann: Kakao, dickflüssig brodelnd wie Lava. Der Name ist Choc-o-lait und zeigt, dass das Wortspiel uns alle fester im Griff hat als Globalisierung und Mondphasen zusammen. Das Glück hingegen haben wir zwar noch nicht im Griff, aber immerhin schon am Stiel. Ein Teilerfolg.


08.03.2007 | 17:17 | Alles wird besser

Last.fm für Filme


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Früher, als es noch Videotheken gab, war eines der zentralen Probleme der Menschheit die Auswahl des richtigen Films. Die misanthropischen Tipps des verhinderten Regieassistenten hinter der Theke annehmen, der seinerzeit einen schwachen Moment nutzte, um einem einen Mel-Gibson-Abend aufzuschwatzen? Per SMS die Freunde fragen, die dann doch wieder nur mit Hinweisen auf Erich-von-Strohheim-Retrospektiven und Ozu-Anfällen ihr Filmwissen unter Beweis stellen wollen? Oder gar nach dem DVD-Cover beurteilen, von denen es inzwischen nur noch drei Varianten gibt, nämlich ein Gesicht mit was drumherum, die in möglichst unnatürlicher Szenerie angeordneten Hauptfiguren oder unter Einsatz typografischer Zumutungen und sinnloser Farbflächen entstandenes artiges Arthouse-Artwork? Zwischendurch hatte man diese Probleme nicht mehr, weil man einfach keine Filme mehr sah, aber nun gibt es Moviepilot.de, bei dem man ein paar Dutzend Filme bewertet, von null bis zehn, als Zusatz mit Totenkopf oder Herzchen, und schon bekommt man – nach Art der Wisdom of the Crowds generiert – die tollsten Vorschläge, was einem auch gefallen könnte. Das hört sich sehr webzwonullig an, weil es nämlich auch Web 2.0 ist. Das könnte natürlich jeder sagen, aber der Beweis ist eindeutig, es ist nämlich (siehe Bild) nicht nur Beta, sondern sogar Beta Test.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Liebliche Systeme


07.03.2007 | 11:48 | Berlin | Zeichen und Wunder

Deutsche Rechtszeichnung


Nazi werden ist nicht schwer, Nazidesign dagegen sehr. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der korrekte Umgang mit Nazis wäre bedeutend einfacher, wenn sie nicht ständig zwischen behandlungswürdiger Vollidiotie und kaltblütigem Massenmördertum hin- und hertaumeln würden. Aber es ist, wie es ist, und so muss die Gesellschaft zunächst herausfinden, ob jemand Nazi ist aus Dummheit heraus und also Therapiechancen bestehen, die genutzt gehören – oder ob bösartigste Menschenverachtung Kern der Gesinnung ist und Ächtung mit Strafe verbunden werden sollte, etwa ein lebenslanger NPD-Parteitag in Form einer verschlossenen Veranstaltung oder einer freiwilligen Oneway-Wallfahrt direkt in Hess' Grab hinein.

Nur wie findet man das heraus? Zumal Grausamkeit und Dämlichkeit oft Hand in Hand durch die Hirnwindungen der Betroffenen tänzeln. Es ist so simpel, wie es einfach ist – man lasse die Person ihr Heiligstes zeichnen, die Swastika. Graphologie mag Scharlatanerie sein, aber hier erkennt das geschulte Auge, was zu erkennen ist. Denn sagen wir mal so: an diesem Event-Plakat am Potsdamer Platz in Sichtweite zum Holocaust-Mahnmal in Berlin ist nicht unbedingt Hitler persönlich vorbeigegangen.


26.02.2007 | 09:43 | Fakten und Figuren | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Texas Bond 'em


Mau Mau hat schlechte Karten (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Alle drei bis vier Jahre tritt das schon länger bekannte Phänomen auf, dass viele Millionen Menschen für einen zweistündigen Werbespot Eintritt bezahlen. Selbst der visionäre Erfinder des Product Placement, Jules Verne, hätte kaum zu träumen gewagt, was ein einziger James-Bond-Film an Produktvermarktung hergibt.

Das gilt inzwischen nicht mehr nur für Produkte. Überall quillt einem seit Monaten die Poker-Variante "Texas Hold 'em" entgegen, jeden Tag bekommt man Mails mit Einladungen zu Pokerabenden; ohne eine Ware zu sein, die sich einem einzelnen Unternehmen zuordnen lässt, spült der Holdemboom Geldesgelder in die Kassen der Casinos. Die im Netz meistgespielte Pokervariante noch vor Poker ist selbstredend Texas Hold 'em. Sollte ein eventueller Verband von Onlinepoker-Anbietern also für das Placement von Texas Hold 'em in "Casino Royale" bezahlt haben, wäre mit Craigbond diesbezüglich eine neue Ära angebrochen: nennen wir sie einfach Agenda Placement als Mischung aus Agenda Setting und Product Placement.


24.02.2007 | 18:13 | Alles wird besser

Nicht in diesem Aufzug (Fahrstuhlverherrlichung)


Ich habe einen Fahrstuhlabsturz überlebt (Beweisfoto). (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wenn ein zauberhaftes Gerät des öffentlichen Alltagslebens unter- oder gar geringgeschätzt wird, dann ist es der Fahrstuhl, der beste Freund des Menschen, wenn er im Rollstuhl sitzt. Fahrstühle werden zu wenig gepriesen und sind ausserhalb von Milliardenstrafen für die Hersteller viel zu selten im medialen Bewusstsein der Menschen. Einer der wenigen, die das ändern wollten, heisst Thorsten Rauser, der den intelligenten, sprechenden Fahrstuhl als Konzept schuf. Trotz aller Vorteile (Vandalisten in gewalthemmende Gespräche verwickeln, früher belanglose Liftsekunden gerinnen zum Mobile Entertainment etc.) musste er leider erkennen, dass Menschheit und Wirtschaft noch nicht reif sind für den Fahrstuhl als intelligenten Partner; das Projekt liegt auf Eis.

Vielleicht können wir es irgendwann im Online-Fahrstuhlmuseum bewundern, denn der Engländer schätzt den Fahrstuhl. Er hat schon sprachlich mehr Respekt vor dem Aufzug; Elevator, da steckt der Mensch als ewiger Eleve ebenso drin wie das erhebende Erlebnis der Transportation. Der Fahrstuhl ist klar ein quasigöttliches Symbol für die Himmelfahrt, das Paradies, jeder Lift eine Kirche, die noch dem hastigsten Hetzer einige Augenblicke stiller Andacht abzuringen vermag. Und wenn einen selbst die legendäre farbverstellbare Treppenliftsimulation nicht mehr froh stimmt, so bleibt der Lift wenigstens immer noch eine schmerzhaft plumpe Metapher für das Leben an sich: Es geht rauf und runter; wie hoch man kommt, hängt vom Geburtshaus und vom Drücken der richtigen Knöpfe ab; die meisten Menschen, denen man sein Innerstes offenbart, benutzen einen nur, um weiterzukommen; und irgendwann ist Schicht im Schacht.


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