Riesenmaschine

28.10.2009 | 15:55 | Anderswo | Supertiere | Alles wird schlechter

Warum Hummeln?


Hummelbestäubt aus Kassel (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Selbst in der nordhessischen Provinz lassen sich neuerdings Tomaten kaufen, die mit einer exklusiven Bestäubung durch Hummeln für sich werben. Dies wäre nun per se nichts Schlechtes, würden die "gemütlichen Brummer im bunten Pelzrock" nicht wegen ihrer Dummheit ausgenutzt und vor den Karren profitgieriger Bioproduzenten gespannt: So hält die entsprechende Informationsseite zur Hummelbestäubung fest, es sei ein wichtiger "Vorteil der Hummel", dass sie im Vergleich zur Honigbiene kein Kommunikationssystem besitze, mit dem sie ihre Artgenossinnen über attraktivere Nahrungsquellen informieren könne. Im Klartext: Während Kollegin Biene ihren Co-Bienen vortanzt, dass jenseits der langweiligen Tomaten viel leckerere Blüten warten, ist die dicke Hummel so doof, nur dort bestäubend herumzubrummen, wo man sie ausgesetzt hat.

Für die Feldversuche, auf denen das hummelverachtende Profitsystem gründet, hat man eigens eine Hummelwerkstatt eingerichtet und den Hummeln dort sogar einen "Rotlichtraum" geschaffen.

Demnächst erwarten wir artenrein bestäubte Produkte, gibt es doch in Europa allein etwa 70 verschiedene Hummelarten, darunter z.B. die Dufthummel, die Veränderliche Hummel, die Unerwartete Hummel und die Trughummel. Die "exklusiv felsenkuckuckshummelbestäubten cuore di bue" im Feinkostregal sind dann nur noch einen kleinen Bienentanz entfernt.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Single Cola, Single Cask


22.06.2009 | 00:21 | Alles wird schlechter

Obszöne Geste der Zukunft


Coco irgendwie krank (Foto: Christian Y. Schmidt)

Die Modeschöpferin Coco Chanel rauchte fünfzig Zigaretten am Tag, damit sie besser Mode schöpfen konnte. Deshalb gibt es kaum ein Foto von ihr, das sie ohne Zigarette zeigt. Nur in dieser Anzeige, die am letzten Wochenende in der Hongkonger South China Morning Post erschien, raucht sie keine. Das Bild ist allerdings nicht echt. Erst mal ist das hier gar nicht Coco Chanel, sondern Audrey Tautou, die in dem gerade in Hongkong angelaufenenen Film "Coco before Chanel" (Deutschlandstart: 13. August als
"Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft"
) die Titelrolle spielt. Und zweitens rauchte zunächst auch Tautou auf diesem Foto ganz Chanel-like. Die Zigarette aber wurde weggephotoshopt, weil die Hongkonger Gesetze Werbung mit Zigaretten drin oder drauf verbietet. Dasselbe ist übrigens auch in Frankreich strikt untersagt, weshalb hier beim Filmstart im April dieses Jahres gleich sämtliche Plakate mit demselben Motiv aus den Aushängen in der Metro verschwanden.

Was allerdings nach dem Eingriff auf dem Foto bleibt, ist eine zwar irgendwie verkrüppelt wirkende, aber dennoch erkennbare Geste des brennende-Zigaretten-Haltens. Damit wird natürlich auch aufs Rauchen verwiesen, wahrscheinlich sogar stärker, als wäre die Zigarette noch zu sehen. Über kurz oder lang wird also deshalb auch diese Geste zunächst in der Werbung und später dann im Leben als obszön geächtet werden. Die aufmüpfige Jugend von 2068 aber kann sich jetzt schon freuen, denn in den nächsten 60 Jahren wird sich ein grosser Batzen bizarrer gesellschaftlicher Normen und Verboten ansammeln, gegen die man dann wieder herrlich rebellieren kann.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: No smoking in hell

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


15.05.2009 | 18:27 | Anderswo | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

Verfall der Zukunft


Das Gestern

Das Heute
Als die Revolution im Jahr 1949 siegte, herrschte in ganz China ein enormer Zukunftsoptimismus. Damals gaben sich gleich etliche Unternehmungen im Land den Namen "Xinhua", was so viel wie "Neues China" heisst. Auch die staatliche Buchhandelskette, bis heute die grösste Chinas und in jeder Stadt vertreten, wurde "Xinhua" benannt. Doch Optimismus lässt sich nicht konservieren, vor allem wenn man seine Erfahrungen gemacht hat und – so wie China – in die Jahre kommt. Auch davon künden Namen. Jetzt hat direkt neben einem "Xinhua"-Laden im Pekinger Osten ein Klamottenladen aufgemacht, der auf Chinesisch "Tui Bian" heisst, was "Metamorphose" bedeutet. Auf Englisch aber nennt sich der Laden "Decay". Natürlich ist das nicht negativ gemeint, sondern – wie "Dekadenz" im Rest der Welt – schick. Die grosse Frage aber bleibt, wann es wieder schick wird, an die Zukunft zu glauben? Zukunftsgläubig, wie wir sind, tippen wir auf: In fünfundzwanzig Jahren.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


14.03.2009 | 14:36 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Nach der Wahl ist vor der Wahl


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Es ist ein bisschen wie mit den Weihnachtskeksen im Supermarkt: Jetzt sind es noch mehr als sechs Monate bis zur Bundestagswahl und Tele5 hat bereits die Saison der Werbung mit Anspielungen auf Politik und Superwahljahr eingeleitet. Machen wir uns also gefasst auf ein halbes Jahr voller lustiger Parolen ("Für mehr Sauberkeit in Deutschland"), lieblos gecasteter Politikerdarsteller und den exzessiven Einsatz des beliebten Gestaltungsmittels "angekreuztes Wahlfeld". Und wenn dann im September endlich feststeht, ob die FDP vor oder hinter der SPD landet, werden die übriggebliebenen nicht versendeten Spots und nicht geschalteten Anzeigen mit Wahlbezug von grossen Kipplastern aus den Agenturen abgeholt und zur zentralen Sammelstelle gebracht, wo man sie einschmilzt und zu neuer Werbung giesst. Mit Fussballmotiven. 2010 ist schliesslich wieder WM.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Die Qual der Wahl-Werbung


07.02.2009 | 03:13 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Spam-Spam

Wie weit die Finanzkrise inzwischen selbst krisenfestscheinendste Branchen erschüttert, zeigt die untenstehende alarmierende Mail – offensichtlich kriegen Spam-Versender mittlerweile nicht mehr alle ihre Mail-Slots verkauft (ein Cash-Flow-Problem in der Via*grA-Branche?), es drohen Massenentlassungen. TOM, einer der renommiertesten Anbieter im Geschäft, macht nun das einzig richtige: Neukundenakquise, natürlich mittels einer Spam-Mail. Damit ist die lange überfällige Übertragung des "Hier könnte ihre Werbung stehen"-Prinzips auf den Spam-Sektor auch endlich Realität.


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


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