Riesenmaschine

03.10.2008 | 05:50 | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

On behalf of water


Foto, Lizenz
Offenbar glauben die Marxisten, dass Materie zwangsläufig erst Leben und vor dem Schlafengehen noch Geist hervorbringt, was natürlich Quatsch ist, wie man an den ganzen unintelligenten Universen da draussen sieht. Gleichzeitig bzw. unabhängig davon sehen wir leidlich belebten Wesen allzu oft mit elitärer Arroganz auf das Unbelebte hinab, nur um dann am Ende unter einem grossen Stein zu liegen. Dabei kann niemand, der auch nur ein bisschen Atomkram im Kopf hat, daran zweifeln, dass wir fest im Würgegriff der anorganischen Welt sind, und schon bald ist es vorbei mit unserem kurzen Freigang.

Die Anzeichen dafür mehren sich. Gerade erst fanden Naturforscher in einem entlegenen Teil Schottlands eine Strasse, die in wenigen Wochen gesperrt werden wird, und zwar, so behauptet die Welt, "ON BEHALF OF SCOTTISH WATER". Wasser also wird die Revolution des Unbelebten anführen, wie einst Robert the Bruce die Schotten. Erst wird sich die Materie unsere Strassen holen, dann unsere Frauen, und anschliessend die Stereoanlage. Und das war es dann auch schon mit der Zivilisation, wie wir sie kennen. Schalten Sie doch beim nächsten Mal wieder ein.


15.09.2008 | 16:12 | Anderswo | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

No smoking in hell

Das allgemeine Rauchverbotbashing, das in Deutschland seit der Teil-Einführung des Rauchverbots in der Gastronomie betrieben wird, ist öde und überflüssig, und der Bruderschaft der Raucher, die sich über Nacht im Widerstand formierte, möchte man kein Bruder sein, auch als Raucher. Ein Rauchverbot in Gaststätten, Kneipen und an ähnlichen Örtlichkeiten ist zu begrüssen, denn es nützt nicht nur den Nichtrauchern, sondern auch den Rauchern, einfach weil sie weniger rauchen. Rauchen ist nämlich kein Spass oder gar Genuss, sondern ein üble, ungesunde Sucht; das weiss eigentlich jeder langjährige Raucher. Allerdings sind Rauchverbotsfanatiker erst recht unangenehme Menschen. Und in Hongkong treiben sie es zu weit. Nicht nur in öffentlichen Parks und an allen Stränden darf man seit einigen Jahren nicht mehr rauchen, sondern auch an öffentlichen Barbecue-Plätzen in der Natur, wie hier direkt neben dem Hap Mun-Strand auf der entlegenen und unbewohnten Kiu Tsui-Insel. Dort wo sich Schwaden glimmender Holzkohle mit denen von Kerosin und Paraffin der Grillanzünder mischen, dazu der Odeur von verkohltem Schweinebauchfleisch, können wohl selbst verqualmte Stangen amerikanischer Marlboro, chinesischer Panda oder koreanischer Esse kaum schaden. Als Nächstes darf man dann auch im Krematorium nicht mehr rauchen, auch post mortem, versteht sich. Und wohin dann mit den Leichen?

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (14)


05.09.2008 | 12:04 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Playmobilienkrise


Eine Schildkröte im Computertomographen! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Selbstentfremdung deluxe: Der Sklave freut sich über sein Dasein. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Auf die Immobilienkrise folgt die Playmobilienkrise. Ein mittelmässiges Wortspiel, das sich aber angesichts der Neuheiten aus dem Playmobil-Katalog 2008/2009 kaum vermeiden lässt. Der fränkische Spielwarenhersteller setzt weiterhin auf eine verantwortungslose Schönfärberei der Welt, die selbst den dümmsten Kindern sauer aufstossen müsste wie zu viel Capri-Sonne.

Begonnen hatte die fatale Entwicklung hin zur kompletten Realitätsignoranz bekanntlich mit einem Krankenhaus voller lachender Menschen. Statt diese groteske Umdeutung der Welt im neuen Katalog mit dem Ergänzungsset "traurige Onkologie" zu korrigieren oder sich aktuellen Themen wie dem Klimawandel oder dem Kaukasuskonflikt zu stellen, lautet das Motto nun "Sprechstunde in der Tierklinik": Kühe, Esel und Ponys werden mit Pflastern und Verband versorgt, während in der echten Welt Menschen sterben. "In der Tierklinik geht's heut rund / Hier kommt ein verletzter Hund", heisst es naiv-aktionistisch in der zugehörigen Werbejingle. "Zur Behandlung kommt die Ärztin rein / Beim Röntgen sieht man sein gebrochenes Bein. / Jetzt noch schnell den Verband angelegt / Dann ist er schnell gesund gepflegt." Von den Tieren, die nicht mehr gesund werden, ist natürlich nicht die Rede.

Auch in der historischen Abteilung ist die Ausblendung aller negativen Seite der Geschichte virulent: eine Spielwelt Ägypten, schön und gut. Aber was denkt man bei Playmobil, wer die Pyramiden gebaut hat? Lachende Sklaven? Wohl kaum. Dass im Zubehörkatalog immer noch ein Set Konförderierten-Truppen angeboten wird, wirkt in diesem Zusammenhang besonders zynisch. Die echte Welt ist leider nicht so gut gelaunt und "von drei Seiten bespielbar" wie der Dachs- und Fuchsbau mit der Artikelnummer 4204, das weiss auch der kleinste Dreikäsehoch-Kunde. Playmobils Plan, ihn für dumm verkaufen zu wollen, wird nicht aufgehen.

Alle Hoffnungen ruhen jetzt auf dem kommenden Lego-Katalog. Erste Bilder, die im Internet aufgetaucht sind, verheissen jedoch nichts Gutes: Auch hier scheint sich der der Trend fortzusetzen, zum Preis von 170 Euro Modelle anzubieten, die so aussehen, wie das, was Volker Jahr mit sieben aus den Resten in der Legokiste selbst zusammengebaut hat. Kinderzimmer, quo vadis?


11.08.2008 | 01:16 | Anderswo | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles

Bibliothek am Scheideweg


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Viele Hoffnungen hatte man in den Wechsel an der Verwaltungsspitze der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln gesetzt. Demokratische Strukturen, eine Öffnung zum Westen hin, sogar die Zulassung importierter Konsumgüter, einiges wurde von den neuen Machthabern versprochen. Bald folgten den Ankündigungen auch erste Taten: Zunächst testweise liess man Mineralwasser in durchsichtigen Plastikflaschen zu, die Sicherheitskräfte an den Eingangsbereichen drückten sogar bei leicht grünlichen oder bläulichen Behältnissen oft ein Auge zu. In einem langsamen, aber stetigen Prozess sollten weitere Schritte folgen: Schon 2010 wollte man auch ungesüsste Limonaden und einzeln verpackte Lebensmittel wie Hustenbonbons oder Duplo-Riegel erlauben, 2015 sollte das strikte Koffeinverbot gelockert werden. Nun aber ist all dies wieder fraglich geworden. Nach internen Auseinandersetzungen war das USB-Regime gezwungen, den Hardlinern in den eigenen Reihen Zugeständnisse zu machen. Schon bald könnte es mit den neuen Freiheiten wieder vorbei sein, wenn die internationale Gemeinschaft ihren Druck auf die Bibliotheksspitze nicht erhöht.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein schöner Tag in der Unibibliothek


21.06.2008 | 10:28 | Alles wird schlechter | In eigener Sache

Gestern war alles besser


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Radio ist in vielerlei Hinsicht schlechter als Internet. Dazu gibt es Literatur und Talkshows, deshalb soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden. Andere Medien sind aber durchaus auch manchmal deutlich schlechter als Radio. Das traditionelle Fenster zum Beispiel. Es beschlägt bei Nässe, zeigt jeden Tag dasselbe Bild und ab und zu scheissen die Vögel drauf, alles Nachteile, die das Radio elegant vermeidet. Die Welt vor dem Radio war darum klar schlechter als die Welt nach dem Radio. Zum Beispiel auch deswegen, weil man, als es das Radio noch nicht gab, auch nicht im Radio erfahren konnte, dass es in Wahrheit umgekehrt ist und die Welt prinzipiell immer schlechter wird. Dieses denkwürdige Ereignis wird sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag abspielen, und zwar in der ZIA-Radioshow Folge 137, "Gestern war alles besser – Das kulturpessimistische Magazin". Deutschlandradio Kultur, 00:05 bis 01:00.


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"Dance of the Dead", Gregg Bishop (2008)

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