Riesenmaschine

11.10.2006 | 06:05 | Berlin | Anderswo

Aber Asmara haben sie gebaut


Fiat Tagliero Service Station (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Afrika, das grosse Ding im Süden, hält für den unbedarften Betrachter immer wieder Überraschungen bereit. Wer hätte etwa gedacht, dass es im noch recht frisch geschlüpften Staat Eritrea eine faschistische Reissbrettstadt voller wunderbarer Bauwerke zu begucken gibt? Es handelt sich um Asmara, wo die italienischen Besatzer in den dreissiger Jahren ein neues Rom errichten wollten. Glücklicherweise passierte das aber nicht im unter Faschisten so beliebten Monumentalstil, sondern nach den Massgaben des modernen Bauens der damaligen Zeit.

So stehen in Asmara nun hunderte futuristische, ArtDeco- und ähnliche geartete Bauten herum, die trotz aller Bürgerkriegswirren gut erhalten geblieben sind und gemeinsam das grösste Ensemble moderner Architektur nach Tel Aviv, South Beach und Napier ergeben. Weitere Einzelheiten kann man hier nachlesen, es gibt natürlich auch schon den einen oder anderen Bildband, oder man geht einfach in die Ausstellung vom Deutschen Architektur Zentrum, die noch bis zum 3. Dezember in Berlin, Köpenicker Strasse 48/49, zu sehen ist.


links: Cinema Impero, rechts: Cinema Odeon (alle Fotos: Edward Denison) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ostmoderne.com


10.10.2006 | 18:16 | Anderswo | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt

So geht's nicht: Werbung

Frankfurt ist nicht nur Banken-, sondern auch Werbemetropole, irgendwie. Am Hauptbahnhof gibt es nun ein Riesenplakat, das scheinbar für ein Hotel wirbt. Die Wirklichkeit jedoch erkennt nur der Fachmann: Bei dem Plakat handelt es sich um das grösste "So nicht" in der deutschen Werbung. Die herstellende Agentur hat im Prinzip alle denkbaren Fehler in ein Motiv gesteckt, um den aus aller Welt ankommenden Anzeigen-Adepten zu zeigen, wo der Hase nicht im Pfeffer liegt. Wir erklären hier in alter Riesenmaschine-Tradition noch einmal das sowieso schon Klare:


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Herrlich deutlich wird bei 1), wie man Geschäftsleute plattestmöglich anspricht, indem man auf Krampf Businesstalk mit in den Text quirlt. 2) wirbt mit "stilvoll" und zeigt, wie wenig Stil man hat, wenn man überhaupt erst sagen muss, dass man Stil hat. Dagegen sind 3) und 6) in Kombination, die "Nächte" und die blonde Frau, ein Hinweis für den ungeübten Neuwerber, dass Werbung mit Sex einfach nicht funktioniert, wenn das Produkt nichts damit zu tun hat. Unterschwellig soll wohl angezeigt werden, dass das Hotel Pay-TV hat. Bemerkenswert, wie beispielhaft tief herunter man bei der Abbildung der Frau gekommen ist, die nicht nur in einer unfassbar künstlichen Prämasturbationshaltung, sondern auch extra farbig abgebildet ist, damit man sie als Blondine erkennt. Der grobe Fehler bei 4) ist natürlich das Wort günstig: auch, wenn Zimmer bis 465 Euro die Nacht kosten, für irgendeinen Scheich werden sie schon günstig sein. Günstig ist ja subjektiv. Bei Nummer 5) macht uns die Agentur die Unterirdik gleich zweier Ideen deutlich: wenn es um Schlafen geht, muss ein Bett in die Anzeige und wenn schon ein Bett, dann eins, das so gemütlich aussieht wie ein Plastiktelefon von T-Com. Noch dazu hat die Lampe zwar Stiel, aber keinen Fuss, womit sicher die Agentur zeigen wollte, wie peinlich logische Versäumnisse im Bildaufbau sind. Die 7) bringt uns den mit Nr. 2) verbundenen Fehler nahe, ein Mies van der Rohe-Möbel in den Vordergrund zu stellen, um den Eindruck von Stil zu erzeugen. 8) schliesslich stellt den Kardinalfehler überhaupt dar, nämlich sinnlose Muster über das Plakat zu verteilen, als gäbe es kein Gestern. Die Botschaft: Ornament ist Erbrechen. Danke für dieses wunderbar-grauenvolle Fanal, wie man nicht wirbt.


10.10.2006 | 12:30 | Anderswo | Alles wird schlechter | Fakten und Figuren

Mao für Manuel

Die in diesen Minuten in der wenigstens sehr schönen Pekinger Agricultural Exhibition Hall zu Ende gehende Ausstellung Art Beijing war nichts weiter als ein Bluff. Von den Veranstaltern vollmundig als "Asia's most exciting contemporary art fair" angekündigt, zeigte man hauptsächlich Kunstzeugs, das sonst das ganze Jahr über in den Galerien des Pekinger Dashanzi Art District sowieso schon auf engstem Raum versammelt ist. Zu den Ladenhütern der Pekinger Galerien gesellten sich dann noch ein paar Ausstellungsstücke aus dem Ausland, wobei hier die deutschen Galeristen das grösste Kontingent stellten. Die Deutschen sind offensichtlich für den chinesischen Kunsthype am empfänglichsten, unter anderem wohl auch, weil sie ihn mitentfacht haben. Das ändert aber nichts daran, dass ein Grossteil der zeitgenössischen chinesischen Kunst der reine Kitsch ist. Das immerhin durfte man auf der Art Beijng noch einmal im Schnelldurchlauf erfahren. Immer noch dominierte hier das ironisch gebrochene Mao-Porträt, neben allerlei Postkarten-Muschi-Malerei und auf Schock getrimmten, kunsthandwerklichen Skulpturen. Ganz das Richtige für das Wohnzimmer von Manuel Andrack also, aber wohl kaum genug, um "the market guidepost for influencing the overseas and domestic art resorurces" zu werden. Oder, halt, Denkfehler ... eben gerade doch.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link


09.10.2006 | 04:12 | Anderswo | Was fehlt | Sachen anziehen

Wiedervorlage: Die Akte Kessar


Die neun Kessar "Vorstandsmitglieder", in der "Firmenzentrale", in "Rom", "Italien"
Bei unserer Fahndung nach der wirklichen Identität von "Giorgio", dem angeblichen Chefdesigner der vorgeblich italienischen, tatsächlich aber chinesischen Firma Kessar Impreore, sind wir nun einen ersten Schritt weiter. Gleich zwei Riesenmaschinenleser wiesen auf Giorgios Ähnlichkeit mit Gianni Versace hin, wobei uns gewisse Parallelen auf diesem Ölgemälde immer noch frappieren. Vielleicht findet sich jetzt auch jemand, der des Lettischen mächtig ist. Dann wüssten wir wohl bald, warum Gianni auf dem Schinken keine Hosen trägt, und ob es sich bei Giorgio nicht vielleicht doch um jemand anderen handelt. Noch keinerlei verwertbare Hinweise haben wir dagegen im Fall des Kessar-Vorstands erhalten, weshalb wir der Bitte eines Lesers gerne nachkommen, und das Bild hier noch einmal vergrössert zeigen. Leider gibt es das Foto nicht in besserer Qualität, da es unter widrigen Bedingungen am Tatort aufgenommen wurde. Die Bildqualität aber sollte ausreichen, um gegebenenfalls Onkel Rolf oder Herrn Hornig vom Versand auszumachen. Bitte achten Sie auch auf kleine Details, so wie Riesenmaschine-Leser 'Weitsichtiger', dem auffiel, dass sich die Firma, um die es geht, auch gelegentlich Kessar Impérore schreibt.

Dieser Tipp führte uns zu einer Seite, auf der wir in Chinesisch mit weiteren Details der Kessarschen Firmengeschichte vertraut gemacht werden. Unter anderem erfahren wir, dass der Vater von Firmengründer Fei Li Buo No Kaisa (=Sigmund Freud) König Ai Ma Nu Ai Lai, dem II. (= Viktor Emanuel II.), im Jahre 1861 bei der Einigung Italiens half, weshalb die Kaisas=Kessars=Kaisers Hoflieferanten wurden. Es gibt auch Neuigkeiten von Giorgio (=Gianni Versace?): Im neu entdeckten Evangelium firmiert er nicht mehr als blosser Angestellter, sondern bereits als Vollmitglied der Familie Kaiser, das dem Modehaus durch den Import von neuen Maschinen aus Frankreich endgültig zum Durchbruch verhalf.

Die ganze Geschichte der "weltweit bekannten Marke Kessar Impereore" ist so wunderbar erlogen, dass wir Ihnen daraus noch gerne mehr übersetzen würden. Doch zunächst sind Sie jetzt wieder dran. Beantworten Sie uns bitte folgende Fragen und belegen Sie Ihre Antworten möglichst aussagekräftig: 1) Ist Giorgio Kaisa wirklich Gianni Versace? 2) Und wer sind die neun lachenden Herren auf dem Vorstandsbild? Die Einsender, die uns bei der Fahndung weiterhelfen, kriegen irgendwann vielleicht mal irgendwas (Sack Reis, Reise nach China, Satz in Chili-Öl eingelegter Hühnerfüsse).

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Der allerletzte Kaiser

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (10)


08.10.2006 | 12:41 | Berlin | Anderswo

Berlin, bzw. Frankfurt


Guerilla-Marketing in Frankfurt (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

Berlin kackt ab (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Guerilla-Marketing ist eine famose Sache, bzw. nerviger Unsinn. Das hängt davon ab, was es ist, wie man so drauf ist und wo man mit der "überraschenden Werbebotschaft an einem ungewöhnlichen Ort" (Zitat typähnlich in versch. Lexika) konfrontiert wird. Böse Zungen, bzw. ich, behaupten, dass in einigen Werbeagenturen Guerilla-Werbung deckungsgleich mit "Aufkleber an Ampeln kleben" ist; virales Marketing ist dementsprechend, wenn man die Aufkleber nur irgendwo hinlegt, damit geistesgestörte Jugendliche sie aufkleben können.

Guerilla-Marketing oder vielmehr die gesamte Werbung ist inzwischen eine Kulturform wie Street Art, Käse machen oder Zöpfe flechten auch und als solche taugt sie zur Analyse der sie gebärenden und konsumierenden Gesellschaft. Insofern können wir beruhigt ausrufen, dass die Welt noch genauso ist, wie man in seinem kleinen Kopf drin geglaubt hat. Guerilla-Marketing in der reichen Bankerstadt Frankfurt wird mit aufwendig mehrfarbig bedruckten Charles-Eames-Stühlen betrieben, die mit mehreren blinkenden Ketten an die Ampel gekettet sind. In der armen Bunkerstadt Berlin ist es ein gebrauchter, besprühter, beklebter Plastikdrehstuhl, der mit einem kaputten Fahrradschloss an ein Baustellenstrassenschild gebunden wurde.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: adimonochrom


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