07.09.2006 | 05:41 | Fakten und Figuren
 Isst immer mit den Händen, kann nichts verbiegen, deshalb tot. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Wenn eines fernen Tages der Vorhang für Uri Geller fallen soll, wenn er sich anschickt, die Radieschen von unten zu besehen und für seine letzte Reise packt, wenn sein letztes Stündlein auf einer vormals defekten Taschenuhr schlägt, dann gibt es ein Problem. Denn kein himmlischer Leihstellenangestellter, der bei Sinnen ist, würde einen Löffel annehmen wollen, den Uri Geller abzugeben hätte. Uri Geller also wird wohl leider ewig leben; er wird ja sehen, was er davon hat.
Andere haben dieses Problem nicht. Die laut Guiness Buch älteste Person der Welt zum Beispiel gab vor einer Woche ohne weitere Komplikationen ihr Essgeschirr ab, eine Meldung, deren gleichzeitige Belanglosig- wie absurde Häufigkeit zur Frage einlädt, wie oft uns denn eigentlich so ein ältester Mensch wegsterbe. Die populationsprobabilistische Rechnerei dazu ist mässig unterhaltsam, gilt aber natürlich nicht nur für Menschen, sondern auch für zum Beispiel Schildkröten, Krähen, Affen, andere Schildkröten und ehemalige Parlamentarier. Das ist schon interessanter, aber geradezu letztenatemberaubend ist der sich anbiedernde Aphorismus, wonach der älteste Mensch der Welt gleichzeitig der einzige sei, der bei seinem Tod jünger werde. Das stimmt allerdings nur bis so circa 2070, dann übernimmt Uri Geller den Job.
06.09.2006 | 02:11 | Anderswo | Supertiere | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt
Vorgestern wurde Steve 'crocodile fucker' Irwin von einem Rochen erstochen, gestern wurde ihm bereits ein Staatsbegräbnis offeriert und dadurch wurde spätestens heute einem jeden klar, wie unverständlich uns das Wesen, ja eigentlich die blosse Existenz des windelförmigen Landes unten rechts eigentlich ist. Ein Land, dessen grösste kulturelle Leistung nach Nick Cave den Titel 'Die Dornenvögel' trägt, dessen einzige Sehenswürdigkeiten ein grosser roter Stein und eine von einem Dänen gebaute Oper sind, und dessen grösster Volksheld ebendieser Steve Irwin ist – eine Art Crocodile Dundee, dem es Spass machte, mit rechts Krokodile mit blutigen Fleischfetzen zu füttern, nicht ohne einen einmonatigen Säugling unter dem linken Arm zu tragen und der sich gegen die Dezimierung der längst zur Plage gewordenen Kängurus stark machte, der auch gerne mal öffentlich weinte, wenn er ein Krokodil 'verlor'; ein Land, das sich freiwillig (in einer Volksabstimmung) dem britischen Königshaus unterstellte und dessen einziger Zweck es zu sein scheint, für pubertierende Abiturientinnen Raum für ein Austauschjahr bereit zu stellen – ein solches Land muss irgendwie das Produkt eines Unfalls sein, das hätte man auch geahnt, wenn die Wissenschaft es nicht gerade herausgefunden hätte (wir berichteten). Es ist irgendwie, als ob es sich ein paar Obdachlose in drei sich verkeilten Autowracks gemütlich gemacht hätten. Man sollte den Australiern gegenüber also nicht allzu böse sein, man sollte ihnen vielmehr mit Gelassenheit und Nachsicht gegenübertreten und sich an den wenigen gelungenen Features (Wombats! Tasmanien!) freuen.
31.08.2006 | 13:14 | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt
In diesem Sommer ist es zehn Jahre her, dass man den Kennewick-Mann exhumierte, einen der wichtigsten Amerikaner in der Geschichte Amerikas. Man erinnert sich ein bisschen ungern: Gefunden 1996 irgendwo am Columbia River, stellte man ziemlich genau heute vor zehn Jahren fest, dass das Skelett mehr als 9000 Jahre alt ist. Damit ist es zwar immer noch ein paar tausend Jahre jünger als die ersten Amerikaner, aber immerhin klar das älteste Skelett des Kontinents. Innerhalb weniger Wochen schaffte es Kennewick auf zahlreiche Titelseiten, und zwar in einer Rekonstruktion, die Captain Picard verblüffend ähnelte. Natürlich sah der Frühamerikaner gar nicht aus wie auf Raumschiff Enterprise, das war nur für die Presse, sondern eher so wie antike Japaner. Aber trotzdem oder gerade deshalb erhoffte man sich von Mr. Kennewick einige Hinweise zur Lösung des zweitgrössten Rätsels Amerikas: Die ersten Menschen des Kontinents stammen nämlich nicht von Ausserirdischen ab, stattdessen weiss man es nicht. Das grösste Rätsel Amerikas bleibt weiterhin, warum sich die Türklinke nicht durchsetzen konnte.
Das eigentliche Spektakel um die Kennewick-Knochen folgte allerdings erst noch. Laut einem amerikanischen Gesetz haben Indianer das Recht, ihre Ahnen zu bestatten, und zwar ohne vorherige anthropologische Untersuchungen, und dies, so behaupten bis heute die Umatilla und andere Stämme, gelte auch für Mr. Kennewick. Laut ihrer Religion leben die Umatilla schon immer in der Gegend von Kennewick, und mit immer meinen sie immer. Daher MUSS Kennewick-Mann, der ihnen total unähnlich sieht, einer der ihren sein – auch wenn es natürlich vollkommen unmöglich ist, eine direkte Linie zwischen dem uralten Skelett, das übrigens eine Speerspitze in seiner Hüfte herumträgt, und rezenten Indianern zu ziehen. Trotzdem, lange Zeit lagen die Indianer im Kampf um die Leiche klar vorn, niemand durfte die Knochen anfassen, einer der ungemein seltenen Fälle, in denen die Religion mal die Wissenschaft behindert und nicht umgekehrt. Erst jetzt, zum zehnjährigen Jubiläum, gab es im Museum in Seattle ein kurzes Forschungsintermezzo am Kennewick-Mann – zehn Tage Meet and Greet mit dem ältesten Amerikaner, dessen Zukunft ansonsten weiterhin unklar ist. Genau wie seine Vergangenheit natürlich.
30.08.2006 | 20:37 | Fakten und Figuren
 Gott der vergessenen Passwörter und der gnädigen Amnesie (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Gute Nachrichten für Ecstasy-Freunde: Einer frisch veröffentlichten Studie aus Liverpool zufolge schädigt Ecstasykonsum die Gedächtnisfunktionen nur dann, wenn man den getesteten Konsumenten vor dem Test erklärt, dass ihr Gedächtnis durch Ecstasykonsum porös wie Schweizerkäse geworden ist. Erzählt man ihnen nichts dergleichen, erinnern sie sich auch nicht schlechter als Kontrollgruppen. Das zugrundeliegende Phänomen heisst, wie eigentlich nur Bands heissen sollten, nämlich "Stereotype Threat". Wenn uns also komplett entfällt, was wir vor einer Minute getan haben, dann liegt das nicht an vergangenen Partynächten, sondern vielleicht daran, dass wir Frauen sind, oder schwul, oder schwarz. Das zugrundeliegende Phänomen heisst übrigens, wie eigentlich nur Bands heissen sollten, nämlich "Stereotype Threat".
20.08.2006 | 16:00 | Alles wird besser | Fakten und Figuren
 Zu klein, nehmen wir nichtPlattentektonik ist zweifelsohne die beste geheimnisvolle Kraft, die die Erde sich bisher ausgedacht hat, noch etwas besser als Brainslugs, die Todesstrahlen von Nikola Tesla und die seltsamen Zusammenrottungen von Staub unter Möbelstücken. Nicht nur gefährdet die Plattentektonik die Existenz der europäischen Aale, die zur Fortpflanzung aus Starrsinn immer bis in die Sargassosee fahren, nein, durch die Unstetigkeit der Erdoberfläche kommen wir auch in den Genuss von so herrlichen Katastrophen wie Vulkanausbrüchen und Erdbeben. (An dieser Stelle muss das ebenfalls herrliche Wort Subduktionszone zwar genannt, aber nicht unbedingt erklärt werden.) Jetzt kann man der internationalen Plattenfachpresse entnehmen, dass alles in Wahrheit NOCH besser ist, denn die Plattentektonik hat in einer beneidenswerten Glückssträhne nicht nur Amerika, sondern auch Australien zusammengewürfelt. Wie die Doktorandin Kate Selway aus Adelaide herausfand, entstand Australien in einem gekonnten Auffahrunfall von drei Landbrocken, die voller Hoffnung ihre Verwandtschaft verliessen, um nach Australien auszuwandern, aber weil es das noch nicht gab, stellten sie sich kurzerhand selbst als Australien zur Verfügung. Und zwar vor 1,6 Milliarden Jahren, weswegen es auch keinen Polizeibericht von der Massenkarambolage gibt, denn die Polizei wurde erst deutlich nach der Plattentektonik erfunden. Schön wäre jetzt noch, wenn man zwei Platten so zusammenhauen könnte, dass dabei ein extrem grossartiges Gebirge entsteht, dem man dann vielleicht einen total albernen Namen wie, sagen wir, Himalaja geben könnte. Das wäre wirklich irgendwie toll.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- vergoldeter Staub
- Ordnung (muss sein)
- Fantum allgemein
- Ziertiere
SO NICHT:
- Abzockeria / Nepperia
- Röchelrufe
- "eierlegende Wollmilchsau" sagen
- Templerdisco
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Inside Out", Pete Docter, Ronnie Del Carmen (2015)
Plus: 37, 45, 80, 101, 117, 123, 132, 140 Minus: 1 Gesamt: 7 Punkte
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