Riesenmaschine

17.08.2006 | 03:43 | Sachen kaufen | Sachen anziehen

Fake you right back

Anfang der Neunzehnneunziger stiess man in Ostberliner Second-Hand-Läden gelegentlich auf No-Name Poloshirts, die von ihren ehemaligen Besitzern liebevoll mit Filzmarkern zu "echten Perrys" aufgemotzt worden waren. Bei den Markenfälschern handelte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um DDR-Skins, die auch dafür bekannt waren, an gestiefelte Westberliner auf Zonenurlaub mit ungewöhnlichen Wünschen ("Sind das echte Dr. Martens? Darf ich die mal anfassen?") heranzutreten. Fred Perrys harter Return folgt spät, aber punktgenau: die Blank Canvas Collection zeigt nicht nur, wo früher die Hosen hingen, nämlich deutlich höher, sondern auch den Polo-Kujaus von gestern, wie man sich auch in Zeiten der Artikelerhältlichkeit zur Karikatur seiner selbst macht, ganz ohne dabei Geld zu sparen.

Natascha Podgornik | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


16.08.2006 | 01:59 | Anderswo | Sachen kaufen

No Sleep Till Bydgoszcz


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Whether we sleep or wake, the vast machinery of the universe still goes on.
Viel zu selten bedenken wir diese kluge Erkenntnis von Thomas Paine und wollen lieber 24 Stunden am Tag wach sein und emsig an der Beförderung der menschlichen Angelegenheiten arbeiten. Dass es Unsinn ist, ausgerechnet den Polen in dieser Sache geringere Überzeugung als z.B. den Schwaben zu unterstellen, ist lange bekannt und durch das nebenstehend abgebildete Produkt noch einmal belegt. Im zukunftszugewandten Nachbarland gibt man sich nicht mit halbherzigen Lösungen zufrieden, hier kann selbst Tschechien einpacken, denn "No Sleep" enthält ein solides Gramm Taurin pro 100 ml, dazu 100 mg Guarana und Koffein in vorsichtshalber (uwaga!) ungenannter Menge. Es färbt das Gehirn schön bunt, macht die Augen blau und lässt selbst krumme Autobahnen schnurgerade erscheinen. Grafiken mit Wellenlinien überzeugen noch den letzten Skeptiker. Wenn man im herrlichen Polen wohnt, ist jede Minute Schlaf eine verschwendete Minute.

(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)


14.08.2006 | 01:18 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen

Tod ohne Himmel


Puttin' the "fun" back in "funeral"
Eine klare Vorstellung davon, was im Todesfall mit unseren sterblichen Überresten geschehen soll, gibt es nicht. Allerdings arbeiten hier die Fachleute, anders als beim Thema der Unsterblichen Seele, laufend an neuen Optionen und Verbesserungen. Die Rolle eines Katalysators für Innovationsprozesse im Bestattungsgewerbe scheint dabei Nordrhein-Westfalen einzunehmen, in dessen Grenzen einem das bundesweit breiteste Angebot für die Zeit nach dem Lebensabend offeriert wird. Wer z.B. während der Fussball-WM zu sterben gedachte, konnte sich dank eines Düsseldorfer Bestattungsunternehmens in einer Fussball-Urne zur letzten Ruhe betten lassen. Auch so genannte Streuwiesen gab es in NRW schon lange, bevor man anderenorts auch nur davon zu träumen wagte, nach einer feurigen, vielleicht sogar mit Filmzitaten gespickten Rede, Grossvaters Asche den verhassten drittgradigen Verwandten ins Gesicht zu schleudern.

Vor kurzem schliesslich eröffnete in Düsseldorf der erste Indoor-Friedhof Deutschlands – mit tiefer Decke statt hohem blauen Himmel. Die offizielle Erklärung, im entsprechenden Stadtteil gäbe es keinen konventionellen Friedhof, wohl aber genug leer stehende Kellerräume, mit deren Nutzung man dem Outsourcen von Leichen in andere Bezirke ein Ende setzen könne, scheint vorgeschoben: Denn Tote sind eigentlich vom Aussterben bedroht! Unzählige Plätze auf Friedhöfen stehen frei und die Wirtschaft leidet. Welche Möglichkeit hätte man also, die überflüssige, leere und somit Kosten verursachende Friedhofsfläche lukrativ zu nutzen? Die Zahl der Toten aktiv zu erhöhen wäre unter ethischen Gesichtspunkten nur schwer legitimierbar, und eine Nutzung durch Dienstleistungsunternehmen oder Ähnliches würde die Totenruhe stören. Vermutlich also genau deshalb jetzt alles indoor, mit schalldämmender Doppelverglasung und dicken Wänden. Die Toten nach drinnen in selige Ruhe und auf die Friedhofswiesen dann... hoffentlich keine Wohnräume. Denn Wohnen auf Friedhöfen, das hat sich nicht bewährt.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Urnenwahl

Christian F. Brückner | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


11.08.2006 | 10:39 | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Sie wissen schon


Falsch. 69,95 war richtig. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die alten Griechen hattens gut. Für Aristoteles und seine lustigen Freunde war Psi noch einfach ein Buchstabe, den man als Kleinkind im Handumdrehen erlernt hatte, und mit dem man dann Barbaren beeindrucken gehen konnte, die nämlich kein Psi konnten. Heutzutage ist Psi die Lösung der Schrödingergleichung, aber leider ist die Gruppe derer, die das beeindruckt, exakt identisch mit der Gruppe derer, die es verstehen. Deshalb greifen die Menschen heute zum Barbarenbeeindrucken auf Kartentricks und Hütchenspiele zurück. Aber nicht mehr lange, denn mit dem Psi-Trainer der Firma Psigenics (niedergelassen in Roswell, New Mexico) kann jetzt jeder eine sehr beeindruckende Form von Psi erlernen, bei der das Rotieren eines goldenen Polyeders um eine Achse aufs Erbaulichste mit gleich zwei ganz verschiedenen Geräuschen, nämlich einem hohen und einem nicht ganz so hohen Glockenton, verbunden wird, ein multimediales Spektakel. Kümmerliche Buchstaben und quantenmechanische Zustandsfunktionen, zieht euch warm an, denn euer kaltes Stündlein hat geschlagen. Zweistimmig.


10.08.2006 | 22:24 | Supertiere | Alles wird besser | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Hasenhappen


Max: Look, Sam! I'm episodic!
Sam: An episodic, sociopathic lagomorph!
Boggles the mind.
(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Niemand käme auf die saublöde Idee, ein Blog erst zu lesen, wenn es fertig ist, alle Folgen der Tagesschau erst dann anzusehen, wenn die Apokalypse unmittelbar bevorsteht oder Brehms Tierleben erst zu schreiben, wenn die Evolution endlich mal abgeschlossen ist. Denn wer Content in kleinen Einheiten konsumiert, läuft nicht Gefahr, vor Vollendung des Gesamtwerks zu versterben und damit das Beste im Leben zu verpassen. Und das Beste im Leben sind Hase Max und Hund Sam. Vor allem anderen. Mit Abstand. Grossem.

Wer nun vor zehntausend Jahren, also zu DOS-Zeiten, das LucasArts-Adventure Sam and Max – Hit the Road ins Herz geschlossen hat und seither ungeduldig auf die Fortsetzung wartet, weiss, dass die Gefahr des Versterbens vor Eintritt des Herbeigesehnten eine nicht unwahrscheinliche Option ist. 13 Jahre ist der erste Teil inzwischen alt und am 3. März 2004 liess LucasArts verlauten, dass die Produktion des bereits angekündigten Sequels Sam & Max – Freelance Police zu Gunsten von Nonsensproduktionen wie einem Spiel zum Lego-Baukasten zum Film Star Wars eingestellt wurde. Hund, Hase, Menschheit: aufs Schändlichste verraten.

Zum Glück sahen die (auch für Monkey Island und Grim Fandango verantwortlichen) Entwickler das genau so, verliessen LucasArts und gründeten Telltale Games. Damit es jetzt nicht noch mal 13 Jahre bis zum zweiten Teil dauert, kam man bei Telltale Games auf eine Lösung, die Fernsehserienkonsumenten eher weniger überraschen dürfte: die schrittweise Veröffentlichung. Abgeschlossene Episoden des neuen Spiels werden sofort nach Vollendung auf der Hersteller-Website als kostenpflichtiger Download angeboten. Kein Lokalisierungsgenerve beim Ladenkauf, keine Versandkosten, kein Versand. Kein Warten. Sam. Max. Jetzt! Also nicht wirklich jetzt. Aber im Herbst. Diesen Herbst!

Und wenn dann erst der stete, warme Strom an schwerbewaffneten weissen Hasen mit breitem Gebiss seine wohligen nie versiegenden Inhalte direkt in unsere sperrangelweit geöffneten Herzen entlässt, dann, ja dann macht das Warten auf die Apokalyse auch endlich wieder Spass.


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