29.08.2005 | 11:47 | Berlin | Was fehlt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Für einen Moment der erwartungsfrohen Starre dachten wir, dass die hier bereits erwähnten neuen Konservativen elegant eine der letzten linken oder wenigstens proletarischen Bastionen im Sturm eingenommen hätten: Street Art nämlich. Einen Augenblick lang hatten wir sogar herbeigesehnt, dass hier der Beweis erbracht wurde für die Existenz des humorvollen, aktivistischen Wertkonservativen, der akzeptiert hat, dass Kunst im öffentlichen Raum irreversibel Teil des urbanen Lebens geworden ist und nun einen ästhetischen Gegenentwurf wagt. Ja, für eine Sekunde träumten wir bereits von Horden von Schwarzstuckateuren, die nachts Häuser mit Überraschungserkern, Dächer mit heimlich aufgebrachten Zinnen und Zugabteile mit barock-verspielten Echtholzintarsien verzieren würden. Dann riss ein Plakat uns in die traurige Realität zurück: die Gipsrosette an der Hauswand ist eine Werbemassnahme der Firma Stuckdiscount, die in diesem grauen Haus ansässig ist. Es wäre auch zu schön gewesen.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Street Art & Weise
29.08.2005 | 02:57 | Was fehlt | Listen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Immer noch fehlt es an brauchbaren Richtlinien zur Wahl des Wohnortes. So arbeitet die oft zitierte Studie von Mercer HR mit völlig ungeeigneten Kriterien zur Ermittlung der Lebensqualität von Städten. Die Dichte von Sporteinrichtungen z. B. hat mit Lebensqualität wenig zu tun, denn wer möchte sich von Hallenbadbenutzern vorschreiben lassen, wo man am besten wohnt? Auch die Kriminalitätsrate ist zunächst mal unerheblich, solange man nicht im Mittel einmal pro Jahr erschossen wird. Wenn man das Problem derart falsch angeht, muss man sich nicht wundern, wenn Genf den Wettbewerb 2005 gewinnt und Frankfurt als beste deutsche Stadt auf Platz fünf landet. Eine repräsentative Umfrage unter Riesenmaschinenautoren ergab, dass 0% der Befragten lieber in Frankfurt als in Berlin (Platz 14) leben möchten. Das sind erschreckende Zustände – muss man also doch monatelang in allen möglichen Städten der Welt probewohnen, bevor man sich für einen Wohnort entscheidet? Weil ab September die Datenerhebung für 2006 beginnt, soll hier eine vorläufige Liste von Maßzahlen zur verlässlichen Bestimmung der Lebensqualität von Städten vorgestellt werden:
A) Anzahl der blöden Bemerkungen, die man sich innerhalb von 10 Minuten anhören muss, nur weil man in der U-Bahn auf dem Kopf steht B) Anzahl der Verbotsschilder pro Quadratkilometer mal Anteil der Bewohner, die Verbotsschilder beachten, mal Anteil der Polizisten, die Verbotsschilder beachten C) Anzahl der seltsamen Blicke, die man erntet, wenn man, sagen wir, mit einer großen Krokodilkopfmaske aus Gummi durch die Straßen läuft D) Stunden, die durchschnittliche Läden für Produkte des täglichen Bedarfs pro Woche geschlossen sind E) Summe aus der Entfernung zum nächsten Hochgebirge und zum nächsten größeren Gewässer F) Verhältnis aus der Anzahl der Pantomimen in der Fußgängerzone zur Anzahl lustiger Tiere in den Grünanlagen
Addition von A bis F (irgendwie gewichtet vermutlich) ergibt den "Life Quality Index" (LQI), der natürlich möglichst klein sein sollte. Im Bild der seltene Ausnahmefall Vancouver – sowohl bei Mercer als auch laut LQI zuverlässig unter den besten Städten der Welt.
27.08.2005 | 21:12 | Alles wird besser | Was fehlt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Telling Names sind von jeher in der Literatur ein beliebtes Stilmittel. Nun haben sie ihren Weg hinunter ins Wortsediment der Sanitäraccessoirbenamung gefunden. Der führende Toilettenraum-Ausstatter Ille hat unter anderen folgende Produkte im Angebot: die Seifenspenderin Soap Susi, den Wellness-Spender Tricky Ricky, den Handtuchspender Hanky Panky, aber auch Big Willy und Little Joe, die beiden Toilettenpapierbehälter. Dazu kommen Polly Dolly, die Toilettenbürste und Smoky, der Aschenbecher. Im Bild übrigens Triple Willy links und rechts, Sie werden es geahnt haben, lehnt Freddy Fresh lässig an der Wand, der für freshe Luft durch freshen Duft zuständig ist. Würden alle Hersteller von unbeachtetem, aber notwendigem Kram so umsichtig handeln wie Ille, die Welt wäre lustiger und dadurch besser. Liebe Hersteller unter den Lesern, verstehen Sie das durchaus als Vorwurf und Aufruf, Ihr nächstes Produkt nicht WRT54GSV2.0 (ein ansonsten fantastischer Wireless Router) zu nennen, sondern einfach mal Dieter Drahtlos. Bis dieser Aufruf wirkt, können wir uns ja die Zeit vertreiben zu raten, wie ein Kondomautomat von Ille heissen würde. King Kongdom vielleicht.
23.08.2005 | 12:42 | Was fehlt | Sachen anziehen
Im Fussball hört man oft von Textilfouls. Seit einiger Zeit soll dieses Zerren am Trikot des Gegenspielers vom Schiedsrichter hart abgestraft werden. Nichts gegen gewisse Neuerungen im Regelwerk. Aber liesse sich die Sache nicht auch interessanter, und – bionisch gesprochen, man lernt ja vom Tier dieses und jenes – eleganter lösen?
Auftrag also an die Biotechnologen: Schafft ein, zwei, elf Eidechsentrikots. Solche Leibchen nämlich, die sich, sobald der Gegener sie grapscht, nicht in die Länge ziehen und den so Gegrapschten zu Fall bringen, sondern die statt dessen, der Eidechse Schwanzende analog, abfallen um sich danach noch einige Zeit lang dribbelnd auf dem Rasen zu winden, während der verbliebene, enthuschte Rest-Kuranyi den Ball unterdessen gemütlich im kurzen Eck verstaut. Wir sähen das gerne. Und auch in den Zeitlupen, die dann ggf. im Splitscreen-Modus, hier abgeworfenes Trikot, da Stummeltrikot, wiederzugeben wären – mit doppelter Trikotwerbung! – gäbe das einiges her, den Sponsoren-heischenden Vereinen sogar das Doppelte.
21.08.2005 | 23:14 | Was fehlt | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Serviceangebote zum Schlafen sind weltweit extrem selten. Während es heute fast unmöglich ist, an normalen Orten zu verhungern oder verdursten, wird man praktisch überall dazu gezwungen, sehr müde zu sein. Bestes Beispiel sind Flughäfen, Orte also, an denen es vor müden Menschen nur so wimmelt. Trotzdem kommt fast keiner auf die naheliegende Idee, ihnen für einen gewissen Preis genau das zu geben, was sie suchen. Und wir reden hier nicht über teure Hotelzimmer mit Badewanne und Gardinen und Tischen und allem. Nein, ein schlichtes Bett an einem ruhigen, dunklen Ort würde schon genügen. Die Wirklichkeit hingegen: Wie man hier nachlesen kann, gibt es weltweit exakt 20 Flughäfen mit "Sleep rooms". Schlimmer noch: Alle anderen beteiligen sich offenbar am internationalen Wettbewerb "Schlaf verhindern – so geht's", mit Neonröhren, die etwa die Helligkeit einer Supernova generieren (im Bild: Flughafen Amsterdam), Plastiksitzen mit unzerstörbaren Armlehnen sowie minütlichen Warnungen vor Taschendieben in acht verschiedenen Sprachen. Unter diesen Voraussetzungen muss man sich nicht wundern, wenn immer mehr Menschen in Flugzeugen absurde Dinge tun, z.B. in Hochhäuser fliegen, denn Schlafentzug führt unter anderem zu Wahrnehmungsstörungen, schließlich zum Tod (zumindest bei Ratten). Hier der Workaround: Zum Glück verfügen weit mehr Flughäfen über öffentliche Gebetsräume (obwohl Nicht-Beten nicht unbedingt tödlich ist, jedenfalls nicht so schnell). Man muss also lediglich so tun, als gehöre man einer exotischen Religion an, die vorschreibt, jede Nacht acht Stunden zu beten, und zwar mit Kopf auf dem Kissen, geschlossenen Augen und leichten Schnarchgeräuschen.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- in the Motorjugend now! sein
- Salzvielfalt
- Schaumpappe
- Bitumen
SO NICHT:
- Vorwärts finkeln
- Bockshörner jagen (Naturschutz!)
- Fat Laces an Sandalen
- Hartgeldschwund
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Afro Samurai", Fuminori Kizaki (2007)
Plus: 22, 56, 58, 79 Minus: 1, 9, 27, 107, 134 Gesamt: 0 Punkte
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