01.05.2006 | 18:17 | Berlin | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt
 Bildunterschrift (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Seit vielen Jahren kursiert diese Liste lustiger Phrasen aus Gebrauchsanleitungen in Foren und Blogs. Man muss zwar zugeben, dass der Aufdruck auf einem Pappbecher "Caution: Hot beverages are hot!" manche Stunde erheitern kann, und dass solche Zusätze vermutlich der US-amerikanischen Rechtssituation geschuldet sind. Viele der ins Deutsche übertragenen Listen sind aber von so plattem, dümmlichem Antiamerikanismus getragen, dass sich die dazugehörigen Texte durch "suchen: amis > ersetzen türken" in jedem Neonaziforum gut machen könnten. Offenbar begreift niemand, dass Pauschalisierungen uns generell nicht weiterhelfen.
Die Methode aber, auf Offensichtliches mit schriftlichen Hinweisen hinzuweisen, erhält mit diesem derzeit verbreiteten Aufkleber, fotografiert im "Bergstübl" in Berlin Mitte, einen neuen Drall. "Werbefreier Raum", mit der roten Betonung auf frei, man ahnt, dass hier eine Aktion aus dem Fahrwasser der Adbusters dahintersteht, fragt sich aber doch, wieviel Ironie darin verborgen sein mag. Wahrscheinlich werden die Macher der Aufkleber feststellen, dass sie zu wenig öffentliche Resonanz bekommen und bei der nächsten Druckwelle die Internetadresse mitaufdrucken. Womit sie sich in ein schwieriges semantisches Antinomieproblem begeben würden. Wenn sie da nicht schon ohnehin sind, weil der Aufkleber deutlich Form und Farbe eines Post-it® von 3M hat.
28.04.2006 | 10:29 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder
 As time goes by (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Lange genug wurden Gadgets als unnötiger Unsinn und Zivilisationsmüll abgetan, obwohl die letzten, grossen Revolutionen ja fraglos von kleinen, am Körper tragbaren Dingen ausgelöst wurden. So wie der iPod endlich den in Absolute Giganten geäusserten Wunsch "Es müsste immer Musik da sein" Wirklichkeit werden liess und das Leben in der Postmoderne erst erträglich machte, so bedeutet das wieder entdeckte US Patent No. 5,031,161 nichts weniger als den nächsten kapitalen Umbruch. Die uhrförmige, kleine Erfindung verrät dem Träger seine Lebenserwartung in Jahren, Monaten, Tagen, Stunden und Minuten. Der Effekt wird grossartig sein: Endlich wird das Leben zu einer vorstellbaren Grösse! Erbstreitereien gehören der Vergangenheit an, alles kann noch entspannt geplant werden, ehe abgenippelt wird. Endlich wird man bei der Wahl der Lebensversicherung nicht mehr über den Tisch gezogen! Endlich kann der aus der Tages- und Wochenplanung beliebte To-Do-Listenismus auf das Leben übertragen werden, endlich hat das ständige Aufschieben seine Berechtigung verloren und an seine Stelle treten schöne, sinnvolle Notizen: Unbedingt bis 30 erledigen: Agentur gründen, Weltreise, Studium fertig! Deadline Mitte 35: Familie (urgent!), Doktortitel, Mercedes kaufen. Nicht vergessen: Erbe in den nächsten drei Wochen verprassen! Schon bald wird man sich fragen müssen, wie man bisher nur sinnvoll ohne diese Erfindung leben konnte. Was aber passiert eigentlich, wenn die Batterie leer ist und das Ding stehen bleibt?
27.04.2006 | 14:28 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder
 Die ortlose Riesenmaschine von oben (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Hurra! Der Aufruf, den wir im Juli 2005 veröffentlichten, hat seinen Zweck nicht verfehlt: Endlich gibt es – nur kurze Zeit nach Google Moon, Google Mars und Google hakenkreuzförmige Gebäude – auch Google Maps Deutschland. Das Satellitenkartenmaterial ist zwar nicht direkt neu, aber so lange wir selbst noch anhand von Stadtplänen navigieren, auf denen die Berliner Mauer eingezeichnet ist, wollen wir nicht nörgeln. Unter Google Maps Mania kann man nachlesen, wie gross der Vorsprung der USA im Ersinnen von Google-Maps-Anwendungen in der Zwischenzeit geworden ist. Aber die Amerikaner haben ja auch die Demokratie erfunden, und heute können wir sie besser, es gibt also Hoffnung. An die Arbeit, Mash-upper!
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Google Maps für fast alles
27.04.2006 | 11:21 | Anderswo | Alles wird besser | Zeichen und Wunder
 Dao-Gott Schultze Dao-Gott FlintNoch vor ein paar Jahren war die diffuse chinesische Philosophiereligion Daoismus auf dem Religionsmarkt das nächste grosse Ding. Schriftsteller wie Klabund, Alfred Döblin oder Bertolt Brecht liessen sich von daoistischen Ideen inspirieren; später entdeckten Dichter der Beatgeneration und die Hippies den etwas anderen Glauben. In den achtziger Jahren wurde Dao dann von der New-Age-Bewegung verwurstet; besonders den Daoismusableger Zen drehte man durch den Wolf. Seitdem malen sich vorzugsweise unterforderte Hausfrauen innen mit etwas Instant-Dao aus.
Das ist schade, denn eigentlich hat der Daoismus auch dem Popkulturinteressierten was zu bieten. Das fiel der Riesenmaschine im Tempel des Shanghaier Stadtgottes Qin Yubo auf. Besonders sticht hier Dao-Gott 1 ins Auge, der mit Bowler-Hut und Spazierstock entfernt an Dupont oder Dupond bzw. Schultze oder Schulze bzw. doch wohl eher an 杜本(Dùběn) oder 杜朋 (Dùpéng) aus Hergés Comic-Klassiker Tintin erinnert. Nach Dao-Gott 2 aber hat sich anscheinend Prodigy-Sänger Keith Flint modelliert. Mag allerdings auch sein, dass es umgekehrt war, denn "das Dao ist eine Wellenbewegung" (Uni Bonn), so dass man nicht weiss, wer hier Henne ist oder wer Ei.
Auf jeden Fall kennt der Daoismus kein Abbildungs- oder Karikaturverbot seiner Götter, im Gegenteil. Auch sonst können Selbstmordattentäter, Fahnenverbrenner und Popetown-Eiferer einiges vom Daoismus lernen. Das Ideal des daoistischen Weisen, so lehrt die heilige Schrift, sei "Gleichmut, Rückzug von weltlichen Angelegenheiten und Relativierung von Wertvorstellungen, sowie Natürlichkeit, Spontaneität und Nicht-Eingreifen". Beherzigen Sie diese Maximen doch bitte auch beim Verfassen Ihrer Kommentare, selbst wenn Ihnen die Grösse Ihrer Sexualorgane Kopfzerbrechen bereiten sollte.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Popetown II
26.04.2006 | 14:55 | Berlin | Zeichen und Wunder
 Viele herzliche Grüsse ... sendet ... (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Darüber, dass man mit Briefmarken nicht nur Post umhersenden, sondern auch allerlei Fortschritt bestreiten und Eulenspiegeleien anstellen kann, berichtete unlängst Kollege Brake. Nun zeigt sich: Briefmarken sind offenbar das Medium der Stunde. James Cauty, ehemals bei The KLF (deren Backkatalog Cauty gemeinsam mit Bill Drummond komplett löschte), hat nach Jahren mit übergrossen Kunstformaten die Briefmarke als geeigeneten Bedeutungs- und Kunstträger entdeckt. Auf seinen grob DIN A4-grossen "National Postal Disservice"-Marken wird der 11. September in London neu aufgeführt, brennen die Beatles, während sie die Abbey Road überqueren, trägt die Queen eine Gasmaske oder wird ganz durch einen Affen ersetzt. Ehrensache, dass die englischen Konservativen und die "Royal Mail" einigermassen "Not amused" sind. Andererseits endlich mal wieder eine Briefmarkensammlung, die jemand unter 70 tatsächlich sehen will.
Die Ausstellung "A Stamp Collector's Guide To World Domination" ist vom 6. Mai bis zum 3. Juni im Ausstellungsraum The Aquarium, der Dependance der Londoner Aquarium Gallery, in der Falckensteinstrasse 35 in Berlin zu sehen.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Markenentwicklung
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- in Schubladen denken
- Interkontinentalfrisbees
- Weißclownabgleich
- Knäckebrotsalat à la Mozart
SO NICHT:
- gefühltes Blaulicht
- Move mit Hyperschweinen
- Stanzabfälle im Müsli
- in Schubladen handeln
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Wrath", Jonathan Neil Dixon (2011)
Plus: 14, 23, 105, 141, 144 Minus: 1, 4, 8, 80, 130, 132, 176, 194 Gesamt: -3 Punkte
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