Riesenmaschine

24.08.2005 | 16:40 | Alles wird schlechter

Sand auf unserer Haut

Die Website des neuen Zeugs Axe Snake Peel empfängt uns mit einem fröhlichen "Empfohlene Systemvorraussetzungen (sic): DSL-Verbindung, Pentium III mind. 1 GHz", aber hey, die Korrelation zwischen waschbedürftigen, schlecht riechenden Menschen und solchen mit solider Hardwareausstattung liegt auf der Hand, jedenfalls für die AXE-Marktforschung. Worum es sich bei "Snake Peel" handelt, geht aus der ansonsten sehr bunten und mädchenreichen Seite nicht so ganz hervor. Erwähnenswert ist Axe Snake Peel einzig und allein, weil es "Wüstenmineralien" enthält, und wenn der Werbebranche je ein eleganterer Euphemismus für das nicht ganz so hautpflegend glitzernde Wort "Sand" gelungen ist, dann wissen wir zumindest nichts davon. Wüstenmineralien! Zugegeben, nach "Meeresmineralien" (Salz, enthalten in diversen Produkten) lagen Wüstenmineralien irgendwie nahe, aber das kann man hinterher von jedem Geniestreich leicht sagen. Was soll nach "Wüstenmineralien" noch kommen? Wir müssen uns damit abfinden: Mit "Wüstenmineralien" sind die vitalstoffreichen Sauerstoffverbindungen vulgo Luft aus dem Euphemismenmarkt raus. Von jetzt an geht's bergab.


24.08.2005 | 12:49 | Fakten und Figuren | Selbstversuche

Hausmittel


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Cannabis ist ja so ein bisschen der Jägermeister unter den Drogen – eigentlich ein Ding von vorgestern, das hin und wieder durch staatliche Marketingkampagnen noch mal interessant gemacht wird. Der Droge haftet etwas Landwirtschaftliches (Aussaat, Ernte, Kekse backen) an, von dem sich fortschrittlichere Drogen (Chemie, Playstation) längst verabschiedet haben. Außerdem zehrt Cannabis am Tatendrang und damit am Gewinn der Ich-AG. Wohin also mit dem unnützen alten Kraut?

Da kommt ein Tipp aus "Mercks Warenlexikon" (1920) zur rechten Zeit: Der indische Hanfextrakt (lat Extractum cannabis indicae, frz. Extrait de chanvre indien, engl. Extract of Indian hemp) wird aus dem zerkleinerten Kraute durch Ausziehen mit Weingeist gewonnen und als Zusatz zu verschiedenen Hühneraugenmitteln benutzt. Na also. Alte Drogen weg, Hühneraugen weg, alle sind zufrieden.


24.08.2005 | 03:22 | Anderswo | Supertiere

Big Brother


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Erschreckende Erkenntnis: Wildtiere sind keinesfalls scheu und ängstlich. Sie verkriechen sich auch nicht in ihren Höhlen, sobald man den Wald betritt, sondern beobachten alles ganz genau, um uns dann gerade so knapp nicht zu begegnen. Wenn man sich also erschrocken umdreht, weil da hinten doch ein Schatten und hat da nicht gerade ein Ast – dann völlig zu Recht, denn es handelt sich nicht um Paranoia, sondern um einen Grizzly oder so. Wir wissen das allerdings nur, weil Michael Quinn und sein Team den Spieß jetzt umgedreht haben, und zwar indem sie in irgendeinem Wald in den Rocky Mountains vierzig winzige Kameras an Bäume bauten, die mit Hilfe von Wärmedetektoren immer genau dann losfotografieren, wenn ein Elch, ein Hase, ein Angler, ein Puma, ein Liebespaar, ein Brillenbär, ein Nudist, ein Reh oder Koyote oder sonst was vorbeikommt. Nehmt das, Tiere! Privatsphäre und Geheimnistuerei, das könnt ihr jetzt vergessen! Wir lassen uns doch nicht von behaartem Zeug an der, ähm, Nase herumführen! (Ein weiteres überraschendes Resultat: Elche und Rehe mögen offenbar Kameras, die eitlen Dinger.)

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


23.08.2005 | 21:52 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Zeitlose Uhr


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Wann genau die Fantasywelle anfing zu rollen, weiß niemand, bzw. ich nicht. Fest steht, dass die Sehnsucht nach einer Art magischem Mittelalter zum Anfassen durch J.R.R. Tolkien ein erstes literarisches Fundament bekam und sich durch neuzeitliche Informationstechnologie weiter verbreitete, weil Menschen zueinander finden konnten, die nie aus dem Haus gehen. Nun ist Fantasy, vergleichbar mit Ziegenurin oder Giftfischen, total okay, so lange es dort bleibt, wo es hingehört: in den Köpfen von Gymnasiasten ohne Mädchenkontakt. Zunehmend sucht sich Fantasy aber auch den Weg ins richtige Leben, womit der Umkehrschluss von Adorno ein weiteres Mal bewiesen wäre: es gibt Falsches im richtigen Leben. Ein gutes Beispiel für fantasyorientierte Alltagsprodukte ist die Uhr mit dem Namen "Gates of Time" der Firma Watchcraft. Bevor man weiß, wie spät es ist, muss man das Tor zur Zeit öffnen. Und das ist ja wohl die erbärmlichste Metapher seit, ja nun, seit langer Zeit. Dazu ist die Uhr fabelhaft umständlich, weil man die Zeit nur beidhändig ablesen kann. Wenigstens spielt die Konstruktion damit in der gleichen Liga wie das nebenstehende Logo von Watchcraft. Obwohl. Ein visuelles Wortspiel, bei dem andersfarbige Buchstaben das Wort "Art" bilden, das ist noch eine Spur bemühter, eine Idee volkshochschulkreativer, mithin einen Hauch bescheuerter. So gilt auch weiterhin: wenn man eine Uhr haben möchte, aber nicht wissen will, wie spät es ist, kauft man sich eine Sonnenuhr. Oder man bastelt sich eine für's Handgelenk.


23.08.2005 | 18:22 | Sachen kaufen

Browning Bamboobag


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Eine Handtasche aus Bambus – warum nicht? Holz gilt immerhin schon seit Jahrhunderten als Baustoff der Zukunft. Das Bambuskaufhaus Bamboo 54 weiss aber, dass man mit überraschendem Material allein heute nicht mehr punkten kann. Der Konsument von heute ist featuresüchtig. Da muss mindestens Bluetooth in die Nähmaschine und jeder Fusswärmer braucht ein herausnehmbares Massageteil. Daher gibt es im Retail-Shop von Bamboo 54 eine Bambushandtasche mit einem interaktiven Modefeature: je länger man mit dieser leicht grünlichen Tasche im Sonnenlicht herumspaziert, desto bräunlicher wird sie – sie reift gewissermassen erst zur erwachsenen Bambustasche heran. Die Tasche zeigt damit an, wie es um die Tagesfreizeit der Trägerin oder des Trägers bestellt ist und wie oft sie ausgeführt wird. Ein zarter, schöner Tamagotchi-Ansatz, der sich sicher ausbauen lässt. Ob die Tasche auch dann ihre bambusbraune Färbung erhält, wenn man schummelt und sie ins Solarium mitnimmt, müsste noch ausprobiert werden.


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