26.11.2005 | 18:19 | Berlin | Fakten und Figuren
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Das Web 2.0 – unendliche Weiten, grasende User, leider die meisten noch vom Typ User 0.7, aber man ahnt, alles könnte schön werden, dereinst. Doch letzlich besteht das Web 2.0 wie auch schon das Web 1.0 aus den gleichen visuellen Bausteinen, nämlich den Pixeln, diesen Atomen der virtuellen Welt. So recht konnte das das Web 2.0 nicht auf sich sitzen lassen. Und weil der Pixel 1.0 ebenso flexibel einsetzbar wie für seinen Zweck perfekt war, entwickelte sich mit dem Pixel 2.0 ein absolut baugleiches Produkt mit einer Menge neuer Marketingpsychologie drumherum (im Bild leicht links untermittig ein Original Pixel 2.0!).
Mit der hinlänglich bekannten Million Dollar Homepage fing die Pixelmanie zwar keineswegs an, erreichte jedoch einen (wirtschaftlich erfolgreichen) Höhepunkt in der Idee, einen Pixel Werbefläche für einen Dollar zu verkaufen. Die deutschen Nachahmer der erbärmlichen Eine Million Euro Homepage versuchten zunächst, das Konzept identisch zu kopieren. Nun wird die Werbefläche verschenkt, was offenbar über eine Pageranksteigerung refinanziert werden soll. Besonders putzig ist die Warnung vor Trittbrettfahrern, herausgehoben "ehemalige Geschäftspartner", die "geringe Online Marketing Erfahrung" hätten. Gemeint ist vermutlich die vergleichbar erbärmliche Kreditvermittlungsseite Eine Million Euro Page, die ihre Seriösität instantan erkennbar durch Textlinks illustriert: "200€ – 4500€ pro Monat durch das Bearbeiten von Umfragen verdienen", "500€ pro Monat OHNE grossen Aufwand verdienen", "20€ – 120€ pro Monat durch E-Mail`s verdienen", "Geld verdienen durch Smiley`S & Cursor" – wollten wir nicht alle schon so Geld verdienen?
Doch es braucht mehr Anhaltspunkte für den Pixel 2.0 als nur ein paar lauwindige Geschäftemacher ohne tiefergehende Rechtschreibkenntnisse. Und bitte: Die Stadtverwaltung in Berlin hat sich, vermutlich inspiriert durch Google Maps, von irgendeiner Agentur ein Pixelkonzept aufschwatzen lassen. Dabei sollen sich die Bürger jeweils den Pixel auf einem Satellitenfoto von Berlin reservieren, auf dem sie wohnen. Dann kann man draufklicken und mit ihnen Kontakt aufnehmen. Wahrscheinlich aus Scham hat Friedrichshain-Kreuzberg den Link zwar noch in der Navigation, aber deaktiviert. Auf der Seite von Berlin-Mitte hingegegen ist das konzeptionelle Projektvorstadium zu besichtigen. Oder die Projektruine. Wer kann das schon sagen.
26.11.2005 | 12:17 | Sachen kaufen
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Es genügt offenbar nicht, dass hier Produkte verherrlicht werden, nein, der anspruchsvolle Leser fordert ihre klare und unironische Verherrlichung. Geh doch, wo Ciao und Dooyoo wohnen, ist man versucht, zu entgegnen, aber da Leserfreundlichkeit hier wie so viele andere Wörter gross geschrieben wird: Hier gehen wir. In manchen Teilen der Welt herrscht ja schon wieder Winter, und die Feuchtigkeitsfeinabstimmung von Wohnungen und ganzen Körperteilen versagt. Anstatt sich mit gleisnerischen Bio-Mandelölprodukten einzucremen, die angeblich sekundenschnell bis in die Knochen einziehen, kann man sich auch mit Neutrogena Handcreme, anders als der Name vermuten lässt, überall da einschmieren, wo es not tut. Das unparfümierte Konzentrat aus reinen Erdölabfällen denkt nicht im Traum daran, einzuziehen, sondern polymerisiert vielmehr im Lauf der nächsten dreissig Minuten allmählich zu einer allersorgenledigmachenden Schutzschicht aus – keine stundenlange Schmierigkeit, kein albernes Nachcremen. Neutrogena sollte vielleicht über eine Werbekampagne entlang der Linien "Ein guter Liebhaber will auch nicht gleich bei dir einziehen" nachdenken. Apropos Liebhaber: In Notfällen und mit Wasser verdünnt taugt die Handcreme auch ganz leidlich als Gleitmittel. Besser wäre natürlich, man hätte sich rechtzeitig mit einem dedizierten Gleitmittel eingedeckt; und auch hier stellt sich heraus, dass man die naturverbundenen Konkurrenzprodukte getrost in der Pfeife (auf Wasserbasis) rauchen kann, vergleicht man sie mit ihren anorganischen Brüdern, den Silikonölen (gängigste Darreichungsform: Eros Bodyglide von Pjur). Die Superness von Silikonöl-Gleitmitteln kann gar nicht genug gepriesen werden: sie trocknen niemals ein, schaden keinem Kondom, schmecken nach nichts und können alles. Nebenbei kann man damit schadlos z.B. sein Fahrrad ölen. Aber bleiben wir noch kurz beim nackten Menschen: Diesen Zustand kann man geschmeidig nutzen, um das Organische noch ein bisschen weiter in seine Schranken zu verweisen: nämlich unter Zuhilfenahme eines kompetenten Chlorreinigers. Kleidung, die man dabei trägt, sieht sonst hinterher aus, als wären die 80er noch nicht ganz zu Ende. Es gibt also gute Gründe für das Nacktputzen, und wer je einem so preiswerten wie tatendurstigen Chlorreiniger dabei zugesehen hat, wie er binnen Sekunden den Abwasch vom vorigen Jahr erledigt, der erkennt, dass es auch gute Gründe gibt, auf Handschonendes, Melisseduftendes mit aussterbenden Tiermotiven zu verzichten. Nachdem es seine Pflicht getan hat, zerfällt das verwendete Natriumhypochlorit übrigens zu unschuldigem Wasser, Sauerstoff und Salz. Einerseits. Andererseits gibt es im Universum vermutlich etwas mehr Anorganisches als Organisches. Ist es da nicht unsere Aufgabe, den Schwächeren zu schützen, den Schimmelpilz in der Dusche zu hätscheln und, ach, Schnauze voll, Sie verlassen jetzt den unironischen Produktverherrlichungssektor.
25.11.2005 | 21:47 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Als aber die Diskussion um das Dosenpfand wieder ein bisschen abgeebbt war, da warf irgendwer einen Blick ins Gesetz und sagte: "Scheff! Wenn wir in die Dose gar kein Getränk füllen, sondern irgendwas anderes, sagen wir Katzenstreu, oder Klopapier oder meinetwegen belgische Pralinen, dann kostet das gar kein Dosenpfand! Das wäre zwar kompletter Blödsinn, aber ich sag ja nur: theoretisch!" Und jemand anders schneuzte sich in ein Robbenbaby und sagte: "Die Dosen stellen wir dann total sinnlos ins Kühlregal, das wir mit Atomstrom aus der Ukraine kühlen, weil: ist ja eh schon egal!" Und schon bekamen die beiden lustig blinkende rote Leuchthörner zum Aufsetzen und die Goldene Mitarbeitergabel des Monats. Herzlichen Glückwunsch!
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein Plakat entsteht
25.11.2005 | 14:17 | Berlin | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Reformstau, was ist das? Eine sympathische Einstellung, die die Abteilung Grünflächeninspektion von Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin offenbar an den Tag legt. Und so wird dort munter vor sich hinreformiert, und zwar im unfassbar wichtigen Bereich Baumnummerierung, Unterabteilung Beschilderung. Wie man dem nebenstehenden Bild – entstanden Paul-Lincke-Ufer Ecke Forster Strasse – entnehmen kann, scheint man bei der Verwaltungsbehörde zur Baumbeschilderung irgendwann eingesehen zu haben, dass die in weisser Farbe aufgetragenen Baumnummernschilder doch nicht ideal sind. Wind und Wetter, Wuchsschäden, Borkenkäfer – Farbe auf der Rinde hat viele Feinde. Wahrscheinlich kam man zum Schluss, dass angenagelte Schilder besser sind. Und wo man schon mal dabei war, nummerierte man die Bäume um. Aus Baum 59/13 wurde Baum xxx, die Nummer auf dem schwarzen Schild liess sich nicht mehr eruieren, sie muss jedoch drei- statt vierstellig gewesen sein.
Einige Zeit später wird ein junger Baum- und Forsthilfsassessor mit Karrieredrang ein flammendes Pamphlet gegen schwarze Baumschilder bei der Grünflächeninspektion in Umlauf gebracht haben. Er sah in einer vollständigen, 100%igen Totalreform seine Chance, schrieb ein vermutlich dutzendseitiges Konzept namens "Baumbeschriftungsreform des Bezirkes Friedrichshain Kreuzberg unter Berücksichtigung der grosspolitischen und weltwirtschaftlichen Veränderungen des 21. Jahrhunderts". Er stiess beim Oberbaumbeschilderungswart des Überbezirklichen Hauptgrünflächenamtes auf offene Ohren: Das weisse Baumschild wurde eingeführt, inklusive einer anderen Nummerierung, bei diesem Baum nämlich die Nummer 124. Doch auch dieser Vorgang mag länger her sein, die Nägel der weissen Schilder sind zum grossen Teil verrostet. Die Riesenmaschine wird daher die Baumbeschilderungsszene weiter intensiv beobachten – eine neue Reform kann nicht mehr lange auf sich warten lassen. Wir hoffen auf eine Lösung, die mindestens Bluetooth, hoffentlich aber auch GPS und ein Autotagging-Webcam-Vlog (Web 2.0!) enthält und antizipieren die entsprechende Schlagzeile des Berliner Baumboten: "Grünflächeninspektion überspringt das 21. Jahrhundert!"
25.11.2005 | 12:54 | Berlin | Alles wird besser
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Während das SZ-Magazin heute passenderweise mit einer schönen Titelgeschichte über Trash aufmacht (Untertitel: "Der moderne Mensch will sauber sein, dabei braucht er den Dreck zum Leben. Eine Hommage an den Schmutz in unserer Kultur"), verdichten sich die Gerüchte um die Wiedereröffnung und den neuen Standort unseres Berliner Lieblingsklubs, dem White Trash Fast Food, zur handfesten Tatsache. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Nach der von lange angekündigten, dann aber doch überraschenden und verheerenden Schliessung des Stammlokals Ende Juli und einem kurzen Flohmarkt -Zwischenspiel soll das White Trash wohl in allerkürzester Zukunft, nämlich heute, im ehemaligen Irish Pub mit angeschlossenem Dolmen Club in der Schönhauser Allee 6-7 eröffnen. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Die Tradition, geschmacklose Locations weitehend im Urzustand zu bespielen, würde damit nahtlos und geschmackvoll fortgesetzt. In einer Rundmail mit der schönen Betreffzeile: "Bloodthirsty Bitches on Steroids seeking one night of meaningless fist" kündigen die Betreiber in gewohnter Tonalität, die wir so lange vermisst haben, an: So here's the story... They tried to break our balls, yes they tried to use their evil bureaucratic voodoo on us, but it was no match for our fear of having to get normal jobs. White Trash Fast Food is back, same shit, different place. Yes we have a new place, and we'd like you to see it. Your ticket will be sent in the mail, and should arrive thursday. So that's your invitation to come celebrate with us Friday, Saturday, and Sunday for a premiere preview weekend. Seitdem belauern wir den Briefkasten und werden am Wochenende, auch falls die Tickets nicht eintreffen sollten, einfach mal auf Verdacht dort vorbeischauen.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: White Trash Floh Markt
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- heisses Teil (selbstgenäht)
- Porschecenter
- abkühlen
- handschriftliche Emoticons
SO NICHT:
- Fenster putzen mit Pansen
- Fat Laces an Sandalen
- Hirnhaut eincremen, also wirklich!
- heisses Teil (von Ed Hardy)
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Inside Man", Spike Lee (2006)
Plus: 5, 37, 42, 80 Minus: 119 Gesamt: 3 Punkte
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