Riesenmaschine

12.04.2007 | 00:12 | Essen und Essenzielles

Ich kaufe ein "C"


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Sich mit Wein, Whisky oder Zigarren auskennen – geschenkt. Wer auf Laber-Events brillieren will, muss Begriffe wie "Serifen", "Durchschuss" und "Kerning" locker aus sich herausgleiten lassen. Kaum etwas befriedigt das Distinktionsbedürfnis so sehr wie Fonts. Peter Praschl mag schöne Fonts so sehr, dass er die Besucher seines Weblogs bei jedem Reload mit einem von 178 (Quelle: Seitenquelltext vom 11.04.2007) zufällig ausgewählten Fonts begrüsst. Einen Font besonderer Güte hat Robert Bolesta entwickelt, er besteht aus 46 Supermarkt-Hackfleischpäckchen und stellt einen gelungenen Gegenentwurf zu all den glitzy und curvy Fonts der Neuzeit dar. Von nahezu existenzialistischer Tragweite ist, dass hier en passant Dingen mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum eine Art von Unsterblichkeit verliehen wurde.

(Gesehen bei boingboing.net.)


11.04.2007 | 14:26 | Berlin | Zeichen und Wunder

Konferenz mit Rückkanal


Das Empörium spricht zurück (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Re:Publica-Konferenz in der Berliner Kalkscheune hat begonnen, und, da mit über 700 Teilnehmern die deutsche Bloggerszene quasi geschlossen angetreten ist, werden die Inhalte ausführlich in allen anderen Blogs nachzulesen sein. Wir wollen an dieser Stelle lediglich eine Format-Innovation loben, die eine gelungene Mischung aus Onkel Milgrams Open Mike, Jim Avignons SMS-Orakel (derzeit nicht in Betrieb) und dem Crawl auf Viva2 darstellt: Die Möglichkeit, Vorträge live und anonym per SMS zu kommentieren, was dann als bunte Sprechblasen-Kaskade auf die Leinwand gebeamert wird (hier auch als Livestream für zu Hause). Die bisherige Ausbeute – "CH3ap VIagRa!", "Ich geh mal um blog!" und "Die 43 bitte zum Leergut, das Band ist voll!", um nur eine repräsentative Auswahl wiederzugeben – sollte nicht unmittelbar pessimistisch stimmen. Schliesslich muss auch diese Sniper-Kommentarfunktion wie jede neue Kulturtechnik erst noch erlernt werden.


11.04.2007 | 10:25 | Anderswo | Fakten und Figuren | Essen und Essenzielles

Wiedergutmachungsbäckerei


Der Böse, Brecht's Bar, Hongkong

Angestelltenschliessfächer Bäckerei "Das Gute", Hongkong
Der böseste Deutsche aller Zeiten ist nicht wegzukriegen aus dem globalen Gedächtnis. Nicht durch noch so viele Imagekampagnen der Bundesregierung oder den Export von Juli Zeh nach China. Durch Spiegel-Artikel schon gar nicht. Hier sieht er mit Hakenkreuzaugen auf die Gäste einer Szene-Bar in Hongkong herab. Wie das gemeint ist, ist nicht hundertprozentig deutbar. Die von Hongkongern geführte Bar heisst Brecht's; das Bildnis des guten Menschen aus Augsburg ziert die Speisekarte (Erdinger Weissbier, Hoegarden, Stella Artois). Ein paar Meter weiter hängt Mao an der Wand, in ähnlicher Manier karikiert wie der Führer. Besäuft man sich im Brecht's also totalitarismustheoretisch? Wahrscheinlich ist das nicht. Eher soll die Bebilderei komplette Craziness signalisieren, die vollhippe Libertinage oder so was. Das glauben jedenfalls seine Besucher.

Der böse Deutsche kann aber nicht überall sein. In Hongkong stellt sich ihm "Das Gute" entgegen, eine deutsche Bäckerei mit zwei Filialen, eine davon im traditionsreichen Western Market. "Das Gute" repräsentiert das neue, grüne, eben grundgute Deutschland, das, weil es anders kaum geht, auf Werbetafeln auch gleich und ausschliesslich in der grünsten aller Sprachen beworben wird: "Die Natur ist unser Vorbild. Rezepte nach traditioneller Herstellung mit reinem Quellwasser und naturbelassenen Getreide." Serviert werden – zu Erdinger Weissbier – klassische deutsche Gerichte wie "Angel Hair with Korean Beef & Vegetable", zu kaufen gibt's "Brot wie aus dem Berchtesgadener Land." Das kommt gut an, auch bei Engländern, die allenfalls die vermeintlich falsche deutsche Rechtschreibung bemängeln. Doch halt, "wie aus dem Berchtesgadener Land"? Stand eben dort nicht einst ein einsamer Berghof? Arrgh, da ist er wieder, der Böse. Einfach nicht wegzukriegen aus dem deutschen Image, nicht in Asien, nicht auf der ganzen Welt. Auch nicht in tausend Jahren.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Deutsch China

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


11.04.2007 | 00:06 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser

Ausflüge obenrum

Google Earth ist für die meisten von uns inzwischen total langweilig, weil man über die meisten Orte der Erde ohnehin ständig drüberfliegt. Google Moon und Google Mars sind ein okayer Zeitvertreib, aber wie lange noch, fragt man sich mit bangem Blick. Glücklicherweise ist die Verkartographisierung der Welt schneller als die Entwicklung der Flugpreise: Wikisky bietet jetzt die Verwebzweinullung des Sloan Digital Sky Surveys (SDSS), bis heute vielleicht das ehrgeizigste Unternehmen, das gesamte Universum auf die Erde herunterzuladen. Hier ein Flugvorschlag: Man gehe kurz ins Sternbild Löwe, schalte dort auf SDSS um, hole M96, die Spiralgalaxie am linken Bildrand, in den Mittelpunkt und gehe auf Warp, nein, Zoomstufe zehn oder so. Dann erkennt man nicht nur, dass gerade ein Asteroid unerlaubt vor der Galaxie herumirrt, sondern ausserdem schöne blaue Flecken im fernen Nebel, Zonen heisser Strahlkräfte mit grossen Schmerzen für alle Beteiligten. Knapp (naja) rechts daneben M95, eine genauso schöne Spiralgalaxie, die so tut, als hätte sie nichts besseres zu tun, als sich im Kreis zu drehen. Ein paar Tagesscrollreisen weiter nördlich dann gleich drei attraktive Galaxien auf einem Haufen, zwei davon gross und elliptisch, die dritte sorgfältig cyanblau angemalt. Sehr zu empfehlen ist auch eine Reise im Infrarotlicht mit Hilfe der Bilder des Satelliten IRAS, der sich in den 80ern die Mühe machte, den Weltraum im Dunkeln abzulichten. Man sieht endlich, dass die Milchstrasse nachts wie eine relativ gross geratene Bogenlampe aussieht, die nach allen Seiten glühende Klumpen ins Volk wirft (siehe Bild). Ach, Erde, langweiliges Geschöpf.


10.04.2007 | 13:59 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Abschied vom Virtuellen


Ein Blick in die Zukunft (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Produkte, wie wir sie bisher kennen, bestehen aus virtuellen Zutaten wie Marke, Markenmehrwert, Wiedererkennungswert, Gesundheitsversprechen, Alleinstellungsmerkmal, Corporate Design und der Überlegung, was dieser Joghurt sagen würde, wenn er unser Freund wäre und wir ihm auf der Strasse begegneten. Nur Grossbritannien geht neuerdings einen Sonderweg: Echte Zutaten (Kartoffeln, Fett, Salz, Pfeffer) werden nach Geschmackskriterien ausgewählt, gemeinsam in eine Tüte gesteckt und dem Kunden ausgehändigt. Noch weiss man nicht so genau, was mit dem Inhalt anzufangen ist. Aber das war bei der Erfindung des Buchdrucks ja auch nicht anders.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Neu! Jetzt auch mit Geschmack!


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