Riesenmaschine

05.06.2007 | 02:32 | Alles wird besser | Was fehlt

Land unter


Soll ein Witz sein, aber wer sich zum Beispiel mit Wasserschlangen auskennt, weiss, dass die Mitte nach den beiden Enden der gefährlichste Teil ist.
(Foto: 88903556@N00) (Lizenz)
Fast könnte man ja den Eindruck gewinnen, dem Menschen bereite das Kaputtgehen von Dingen und das drohende Ende alles Wünschenswerten Freude. Atomkrieg, Killerbienen, neue Eiszeit, saurer Regen, Erderwärmung, Terroristen, Bienensterben, Vogelgrippe und sehr viele Mentos in einer riesigen Colaflasche – das Listenmonster der ernstlich für weltuntergangsmächtig gehaltenen Bedrohungen unserer kostbaren Zivilisation ist so lang wie bislang zahnlos. Wir sind immer noch da. Und können uns deshalb jetzt auf modifizierten Google-Maps ansehen, wie die Landmasse bald schrumpfen wird, wenn der Meeresspiegel erst um 14 Meter angestiegen sein wird. Eine gewaltige Völkerwanderung wird losbrechen, wenn Ostfriesland im Meer versinkt, es wird Feuer und Schwefel hageln, in triceratopseiergrossen Feuer- und Schwefelhagelkörnern. Das wird toll. Bis es soweit ist, können wir uns schon mal vorstellen, wie das unter dem Meeresspiegel liegende Death Valley in Kalifornien voll Wasser läuft. Wenn Weltuntergang, dann bitte so.


04.06.2007 | 20:39 | Berlin

Copy Capitalism goes Torstrasse


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Fälschung und Fälschung
(Fotos: Holm Friebe) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Konzept des "Copy Capitalism" stammt aus Asien und ist schon im Konfuzianismus angelegt, wo es heisst: "Wer grosse Meister kopiert, erweist ihnen Ehre." In Vietnam werden nach der Devise nicht nur Markenartikel und ausländische Slogans gefälscht und kopiert, sondern gleich ganze Hotels, dies allerdings in vorsätzlich betrügerischer Manier. Normalerweise läuft es so ab, dass, wo immer ein überzeugendes touristisches, gastronomisches oder sonstwie erfolgreiches kommerzielles Angebot gedeiht, sich binnen kurzen die Nachahmer in direkter Nachbarschaft ansiedeln und einen kleinen Cluster bilden. Ungeachtet des Allmendeproblems geschieht das zumeist einträchtig und konfliktfrei, weil unbestreitbar auch positive Verbundeffekte dabei auftreten. Die mittelalterlichen Gilden und Zünfte könnten ein Lied davon singen, wenn es sie noch gäbe. Nun kündigt sich allerdings auch bei uns eine neue Ära des Copy Capitalism an, natürlich – wo sonst? – in der Berliner Torstrasse, wo die Trends geschmiedet werden, so lange sie heiss sind. Rafael Horzons um ein einziges Regal herum aufgebaute Möbelgeschäft hat ein Stück weiter die Strasse runter Konkurrenz bekommen durch YBDD, die mit ähnlich puristischen Regal- und Schranklösungen in nahezu identischem Ladenlokal-Setting aufwarten. Das sagenumwobene Café St. Oberholz wurde ein Stück weiter oben mehr schlecht als recht unter dem Brüller-Namen Muschi Obermaier geklont, inklusive der auswärtig angebrachten Sinnsprüche: Das subtil-hintergründige "Verteile das Fell des Bären nie, bevor er erlegt ist" wird hier zur plattest denkbaren Slogan-Karikatur "Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker". Vermutlich ist sogar das WLAN dort aus gebrauchten UKW-Frequenzen zusammengebastelt, und rumänische Hütchenspieler spielen an Laptop-Attrappen aus dem Möbelhaus digitale Bohème. Die einzigen, die darauf hereinfallen, sind asiatische Touristen. So schliesst sich also der Kreis.


04.06.2007 | 12:22 | Alles wird besser | Alles wird schlechter | Was fehlt | Zeichen und Wunder

Kommentier die Welt


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wer sich die meiste Zeit seines Lebens im Internet aufhält, dem fallen bei Ausflügen in die analoge Welt deren Defizite besonders deutlich auf. Wieso kann man beim Radio nicht einfach weiterskippen, wenn Nu Pagadi läuft? Warum lässt sich hier nirgends die Werbung abschalten? Und vor allem: Welcher Trottel hat schon wieder die Kommentarfunktion deaktiviert? Anmerkungen, Fragen, Empfehlungen zu den Dingen da draussen ("Das soll eine Hose sein?" "Diesen alten Wäscheständer kann man übrigens mitnehmen, er ist auch nur ein bisschen kaputt." "Wo kann ich das kaufen?" "Auf gar keinen Fall die Zwiebelsuppe bestellen!") kann man zwar leise vor sich hinmurmeln, aber nirgends werden sie festgehalten, niemand geht darauf ein. Nun gibt es immerhin die (bei Boing Boing gefundenen) Graffiti Report Cards. Ein erster Schritt hin zu einer umfassenden Kommentierbarkeit der Welt – bleibt zu hoffen, dass parallel auch endlich etwas erfunden wird, das die durchschnittliche Qualität von Kommentaren auf ein erträgliches Level hebt.


04.06.2007 | 01:01 | Was fehlt | Listen

Wohldefinierte Tage


12. Oktober: Tag der gefallenen Soldaten, die eigentlich nur den Bruder besuchen waren und dann ging der Alarm los und alle rannten in die Flugzeuge. (Foto: takomabibelot) (Lizenz)
Das Weltdingsbumstag-Business gehört zu den härtesten der Welt, ständig ist irgendwas, und nur mit einer klaren Positionierung findet man überhaupt noch Beachtung. Larifari-Tage wie der Internationale Tag der Umwelt (morgen) haben auf lange Sicht nur geringe Marktchancen – viel besser, und da sehen wir auch über das wenig einprägsame Naming gnädig hinweg, ist der heutige Tag der Kinder, die unschuldig zu Aggressionsopfern geworden sind. Die ganzen Petzen, Loser und Nervensägen, die sich auf die Fresse redlich verdient haben, können sich nämlich mal gehackt legen bzw. ihren eigenen Tag veranstalten.

Unverbindliche Vorschläge für weitere Gedenktage: Der "Tag der Schlaganfallopfer, die nicht fettleibig oder Raucher sind", der "Tag der Minenopfer, ausser denen, denen ihre Eltern HUNDERTMAL gesagt haben, dass sie kein Spielzeug vom Boden aufheben sollen", der "Tag der Kurzsichtigen, die nie das Buch zu nah vor die Augen gehalten haben" und der "Tag der Lawinenopfer, die aus Sicherheitsgründen im Tal geblieben sind und dann voll viel Pech hatten".


03.06.2007 | 20:42 | Nachtleuchtendes | Sachen anziehen

Die schlechten Farben in ihren ebensolchen Mustern


Bitte nicht schiessen (Foto: geishaboy500) (Lizenz)
Seit Mitte der 90er wurde die Farbe Orange von allen verwendet, die Unterscheidung zu vermeintlich Etabliertem suchten, prinzipiell also von jedermann. Als die Farbe zum Bundeswahlkampf 2005 bei der CDU auftauchte, war Orange dann endgültig durch bzw. durchst, um es mit dem Vokabular von damals zu sagen, seither sind Neuigkeiten aus dem 600-nm-Bereich selten geworden. Jetzt weist uns Improbable Research auf eine Studie hin, die sich der prinzipielle Unterscheidbarkeit von Uni- und Tarnorange unter Jagdbedingungen widmet. Kaum überraschend kommen die meisten Jäger zu dem Schluss, dass Orange in Vollfarbe einfacher zu erkennen ist. Müllmänner und die Spieler der holländischen Nationalmannschaft müssen sich also weiterhin keine Sorgen wegen Jagdunfällen machen, allen anderen empfehlen wir den Kauf dieses T-Shirts.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Matt ist das neue Schwarz


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