Riesenmaschine

07.08.2007 | 13:30 | Berlin | Anderswo | Nachtleuchtendes | Alles wird besser

Wo 24 Stunden 24 Stunden sind


(Foto: glasgows) (Lizenz)
Weltverbesserung vollzieht sich selten von heute auf morgen, sondern meist in vielen kleinen, mühsamen Schritten, man denke an die Arbeit am 26-Stunden-Tag. So war die Freude gross, als in Berlin Ende vergangenen Jahres das Ladenschlussgesetz dahingehend geändert wurde, dass die Geschäfte so lange auf haben können, wie sie wollen (ausser sonntags) – bloss dummerweise wollte keiner. Also musste man weiterhin um 22 Uhr schon wissen, was man drei Stunden später zu Abend essen würde. Ein Teufelskreis!

Aber jetzt: Wie die Berliner Zeitung gestern meldete hat seit einer Woche die Reichelt-Filiale in der Berliner Strasse in Wilmersdorf ununterbrochen geöffnet (ausser sonntags). Nun ist Wilmersdorf zwar nicht gerade der Mittelpunkt des urbanen Berlins, aber immerhin, ausserdem gibt es ab 22 Uhr kostenlosen Kaffee. Und vor allem: Schon zieht Kaiser's nach, zumindest ein wenig, und lässt seine Filialen in der Zossener Strasse, der Schönhauser Allee und der Bismarckstrasse bis 24 Uhr offen. Schon bald werden auch die anderen Ketten fallen wie die Dominosteine (ausser sonntags).

Aus Deggendorf erreicht uns derweil die Meldung, dass seit gestern die städtischen Tiefgaragen rund um die Uhr geöffnet sind. Der Nachttarif kostet pauschal 1,10 Euro.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Am selben Ort, etwas später


06.08.2007 | 16:49 | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Revolutionäre Warenform


Spül mir ein kleines Arbeiterkampflied... (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Im Supermarktregal gesehen hat man sie schon länger: jene Sonderform der Waschgel-Flasche von Persil zum soundsovielten Firmenjubiläum. Auch gekauft und nach Hause getragen. Aber vielleicht nicht ganz begriffen, was sie an symbolischen Überschuss in sich trägt, woher die Pathosformel stammt, die darin anklingt. Vielleicht braucht es zwei davon, die zusammen genommen an die Zweifigurengruppe Arbeiter und Kolchosebäuerin von Muchina auf dem Sowjetischen Pavillion der Pariser Weltausstellung von 1937 erinnern. Vielleicht muss einem das zweite Exemplar mit einem Augenzwinkern von Mercedes Bunz zum Geburtstag geschenkt werden, die ja die aufmüpfige Warenform schon quasi im Namen trägt, damit man begreift, dass sich darin das stellvertretende Aufbegehren der Produkte verkörpert, die die revolutionäre Pose des Arbeiterkampfes zitieren: der Aufstand der Warenform gegen sich selbst! Antonioni hat so etwas geahnt, als er am Ende von Zabriskie Point das ganze Gerümpel in die Luft fliegen liess.


06.08.2007 | 06:56 | Zeichen und Wunder

Technische Lösungen für soziale Probleme


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


05.08.2007 | 10:58 | Berlin | Alles wird besser

Townhouses à la Gaza


Vorsicht, es wird von der Schusswaffe Gebrauch gemacht! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das neue grosse Wohn-Ding in Berlin sind derzeit die Townhouses. Dabei ist unter dem Begriff durchaus Platz für unterschiedliche Konzepte und Vorstellungen davon, wo die Reise der Stadt durch die Zeit hingehen soll. Während das noch von Baudirektor Stimmann durchgesetzte individualistische Ensemble am Friedrichswerder in Mitte das grossbürgerliche "Anything goes" der Kaiserzeit emuliert, wird in den Prenzlauer Gärten am Volkspark Friedrichshain das kleinstädtische Vorortidyll von – sagen wir: – Münster-Gievenbeck im neuen International Style der Gated Community aus einem Guss inszeniert. Obwohl längst nicht restlos verkauft, werden dort gerade die meisten Einheiten bezugsfertig gestellt. Schon parken Family-Vans und Mittelklasse-Limousinen in den Einfahrten, einzelne Balkone sind mit Vorgarten-Windspielen und bunten Glaskugeln dekoriert, Kinder in Bullerbü-Outfit und mit ebensolchen Namen spielen artig zwischen den Rabatten. Nur zwei seltsame Kuben aus massivem Beton an der Einfahrt befinden sich noch im Rohbaustadium und geben Rätsel auf: Werden hier demnächst zeremonielle Torwächter mit hoher Fellmütze und Bajonett patroullierend ihren Dienst versehen? Oder werden die Dinger doch noch mit Sandsäcken und Maschinengewehren zu veritabel wehrfähigen Wachtposten-Stellungen à la Gaza-Stadt hochgerüstet? Das hängt wohl auch davon ab, wie sich das soziale Klima im umliegenden Favela-Bezirk Prenzlauer Berg in der nächsten Zeit verschärft.


04.08.2007 | 20:02 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Schildbürgersteig


Im Spiegelkabinett von Kunst und Kommerz – Photo und Hinweis: Thomas Weyres (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Den Wanderer, der dieser Tage nach Kassel kommt, um seinen Kunstverstand auf der zwölften documenta mittels Molekularküche und Gazagiraffe zu schärfen und neu einzunorden, stürzt die Stadt unversehens in tiefste Verunsicherung, die umstandslos in Beziehungswahn umschlägt. "Halt!" denkt er sich etwa beim Bummel durch die Kasseler Fussgängerzone, "wirbt dieser modisch gekleidete Mann tatsächlich für die Jeans-Etage oder bin ich hier als Betrachter bereits Teil eines subtilen künstlerischen Eingriffs mit historischem Querverweis, bzw. Teil dessen mutwilliger Aktualisierung – und das womöglich an einer Stelle und auf eine Art und Weise, wo und wie ich es es am allerwenigsten erwarten würde?" Eine absolut berechtigte Frage.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Vintage cooking


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