Riesenmaschine

08.04.2008 | 08:10 | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Schlaraffenraum


Alles. Zu seiner Zeit. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Eiche massiv musste am Ende weichen, denn schwedisches Zeug in der Mitte der Strasse eroberte sämtliche Nischen und Freiräume. Nun holt der alte Möbelriese Hülsta zum Gegenschlag aus und donnert der jungen dynamischen Zielgruppe ein hochgebirgiges Trendmassiv in die Fresse. Für die gnadenlos authentische Ansprache nimmt man einfach das fettigst-vorstellbare Trendsurrogat, und lässt es von seinen Möbeln aufsaugen. Derart gewissenhaft geschmiert sollen die folierten Spanplatten schliesslich die Lebenswelt des jungen Erfolgsmenschen penetrieren. Der möchte seine Trendobjekte nicht auf schlechten Möbeln wähnen, während er der allabendlichen Männerrunde im ranzig konzipierten Rockschuppen beiwohnt. Nachher spielt er noch einen Gig mit seiner Indierock-Band und legt im Anschluss Hip-Hop-Platten auf – natürlich in Basketballstiefeln. Am frühen Morgen folgt das entspannte Nachhauserollern mit dem Skateboard. Zur Erfrischung werden sodann Erdnussbuttertoast, Pizza, Pepsi und Pokerchips gereicht.

Jan-Christoph Deinert | Dauerhafter Link | Kommentare (10)


29.03.2008 | 02:27 | Alles wird besser | Fakten und Figuren | Effekte und Syndrome

Gefühlsarm


Interpretiert so schön wie HAL (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Omas Red Ring of Death? (Anwendungsbeispiel, Quelle: exmocare) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Denkt man lange genug über Emotionen nach, erscheinen sie plötzlich wie Stachelschweine: Beide lassen sich nicht gern anfassen. Begründet liegt dies in einer Menge entzündungsverursachender Spiesse, doch genaues Betrachten bringt auch die darunterliegende Mannigfaltigkeit an Borsten und weichen Wollhaaren an die Oberfläche. Die Domestizierung dieser zwei grossen Nager war nicht zuletzt deshalb von wenig Erfolg gekrönt, aber zumindest bezüglich der Emotion bietet die Firma exmocare mit dem todschicken Sensordings namens BT2 (via medgadget) nun eine wirksame Handfessel. Nach Abschaffung der Armbanduhr durch Horden zeitanzeigender Geräte streicht nun endlich kein kalter Wind mehr um das Handgelenk, und die ubiquitäre "Hey, wie geht's?"-Phrase verliert ihren Schrecken. Dank des eingebauten Sensorsammelsuriums lassen sich schliesslich präzise Antworten in Form von Herzfrequenz, Hautwiderstand, allgemeiner Genervtheit et al. geben. Der Interpretationsansatz verabschiedet sich dabei vom eindimensionalen Bild der zwischen Samson und Mülltonnen-Oskar mäandernden Psyche. Vielmehr projiziert BT2 Emotionen zweidimensional auf die Achsen "Erregtheit" und "Wertigkeit", sodass man sich endlich für voll genommen fühlen kann.

Eigentlich sollte BT2 der Überwachung von Unmündigen wie Altenheiminsassen oder Angestellten via Bluetooth dienen. Die Daten strömen in Echtzeit auf den Rechner des Oberbosses, wo dann Meldungen wie "Erratic Heart Rate" oder "Watch Off Wrist" erscheinen. Über die Bedeutung grosser roter Ringe in ihren Beispielillustrationen schweigt exmocare jedoch, und von diesem "Web 2.0" hat diese Firma offensichtlich noch nichts gehört. Besser liessen sich Twitter und wefeelfine doch gar nicht füttern. Und warum gehen die Entwickler nicht den entscheidenden Schritt und liefern die Therapie in Form von aufhellenden Injektionen gleich mit? Vielleicht wäre dann aber der Schnäppchenpreis von 2500$ pro Sensor nicht zu halten.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Gefühlshotel

Jan-Christoph Deinert | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


17.03.2008 | 13:11 | Supertiere | Vermutungen über die Welt

Bilderbuchkrankheit


Kameshaku: Besitzt Schutzhut (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Umakan: Mag Hitze, besonders obenrum (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Krankheit, der Film noir unter den sonst rotwangigen Lebensphasen, hat meistens Ursachen, die sich dem Blick des Normalsterblichen entziehen. Nun will natürlich niemand selbst schuld sein an seiner Misere, wäre ja noch schöner. Die Lösung, nämlich ganz kleine und wehrlose Sündenböcke der Vergiftung und Zersetzung zu bezichtigen, gelang erst Louis Pasteur zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Reichlich spät, Menschen wurden schliesslich auch viel früher schon krank, selbst in Ostasien.

Doch: In chinesisch-japanischer Kollaboration hatte man die Erkenntnisse der keimignoranten Europäer schon dreihundert Jahre früher vorweggenommen. Unter dem mit üblen Assoziationen belegten Titel Harikikigaki und mit kawaiilastigen Illustrationen entstand eine überzeugend und charmant gebrandete Mikrobenmenagerie. Die hundert Jahre danach vom Niederländer Antoni van Leeuvenhoek tatsächlich entdeckten sogenannten animalcules versprühen dagegen aus Sicht des Marketing den Esprit einer schimmligen Pflaume und wurden folglich als harmlos abgetan.

Insgesamt 63 Kreaturen schöpfen den Kessel der psychischen und somatischen Pein indes voll aus. Sie stossen wie Kanshaku aus der Leber wild in Richtung Brusthöhle, oder berichten, wie der fiese Gyochu, dem Herrscher der Unterwelt von Missetaten des Wirtes, (jedenfalls gemäss pinktentacle). Solch gewieftes Charakterdesign nimmt das einstige Riesending namens Pokémon komplett vorweg, und woher die Erfinder der notorischen Kuscheltiermikroben ihre Ideen hatten, wissen wir jetzt auch endlich.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Die drei Plüschtiere der Apokalypse

Jan-Christoph Deinert | Dauerhafter Link


13.03.2008 | 14:30 | Berlin | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt

Dinge kleben an Orten


Strassenstrich: No Way! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Gelbe wurstförmige Gefährte werden in Berlin momentan kaum gesichtet. Ein Ding namens Streik hält sie in ihren Depots. Mobilität wird jetzt in grossem Massstab über völlig statische gelbe Linien vermittelt, die den bewegten Raum klar umreissen. Das ist aus technologischer Sicht natürlich ein Fortschritt. So liessen sich diese Linien ob ihrer Zweidimensionalität problemlos faxen, oder so. Stichwort "Copy and Paste".

Diese neue Technologie ist allerdings noch durch Probleme in der Bilddatenverarbeitung eingeschränkt, woran dieses Beispiel einer grotesk zerpixelten Verflechtung von Radwegen am Frankfurter Tor gemahnt. Ordentlich schablonierte Doppellinien wandeln sich scheinbar willkürlich in binäres Gerausche. Konsequenz: Tradierte Ordnungen werden kunstvoll durchbrochen, Menschen werden von entgleisten Fahrrädern überfahren. Gegenüber ähnlichen Projekten ist der technische Aufwand überlegen gering. Da erübrigt sich doch die Frage: Quo vadis Berlin?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Minor Urban Disasters

Jan-Christoph Deinert | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


11.03.2008 | 21:02 | Alles wird besser | Sachen anziehen | Vermutungen über die Welt

Auf Rollen tollen

Trendsportgeräte mit Rollen sind die Nager unter den Sportgeräten. Sobald das Frühjahr dräut, kriechen beide aus irgendwelchen Höhlen und verzücken harmlose Passanten. Unbedarftes Drauftreten führt sodann in jedem Fall zu Unannehmlichkeiten.

In der trendsportfreien Winterzeit hat der naturverachtende Mensch allerdings abstruse Mutationen und Kreuzungen fabriziert, die dem Tier netterweise erspart bleiben, solange es sich von einschlägig "kreativen" Künstlern fernhält. Was den Trendsport betrifft geht es in diesem Jahr mit dem Orbitwheel indes richtig "rund". Zum Wermutstropfen wird da jedoch die krebsig-reaktionäre Seitwärtsbewegung, die aber eine grosse Erkenntnis nicht verschleiern kann: Der Trend-Evergreen namens Reduktion lässt den Menschen immer mehr zum integralen Bestandteil des Gerätes werden. Für die Zukunft bedeutet dies: Rad schlagen bis zum Umfallen.

(via Gizmodo)

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wahn mit starrer Achse

Jan-Christoph Deinert | Dauerhafter Link | Kommentare (6)


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