Riesenmaschine

13.03.2008 | 14:30 | Berlin | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt

Dinge kleben an Orten


Strassenstrich: No Way! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Gelbe wurstförmige Gefährte werden in Berlin momentan kaum gesichtet. Ein Ding namens Streik hält sie in ihren Depots. Mobilität wird jetzt in grossem Massstab über völlig statische gelbe Linien vermittelt, die den bewegten Raum klar umreissen. Das ist aus technologischer Sicht natürlich ein Fortschritt. So liessen sich diese Linien ob ihrer Zweidimensionalität problemlos faxen, oder so. Stichwort "Copy and Paste".

Diese neue Technologie ist allerdings noch durch Probleme in der Bilddatenverarbeitung eingeschränkt, woran dieses Beispiel einer grotesk zerpixelten Verflechtung von Radwegen am Frankfurter Tor gemahnt. Ordentlich schablonierte Doppellinien wandeln sich scheinbar willkürlich in binäres Gerausche. Konsequenz: Tradierte Ordnungen werden kunstvoll durchbrochen, Menschen werden von entgleisten Fahrrädern überfahren. Gegenüber ähnlichen Projekten ist der technische Aufwand überlegen gering. Da erübrigt sich doch die Frage: Quo vadis Berlin?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Minor Urban Disasters

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11.03.2008 | 21:02 | Alles wird besser | Sachen anziehen | Vermutungen über die Welt

Auf Rollen tollen

Trendsportgeräte mit Rollen sind die Nager unter den Sportgeräten. Sobald das Frühjahr dräut, kriechen beide aus irgendwelchen Höhlen und verzücken harmlose Passanten. Unbedarftes Drauftreten führt sodann in jedem Fall zu Unannehmlichkeiten.

In der trendsportfreien Winterzeit hat der naturverachtende Mensch allerdings abstruse Mutationen und Kreuzungen fabriziert, die dem Tier netterweise erspart bleiben, solange es sich von einschlägig "kreativen" Künstlern fernhält. Was den Trendsport betrifft geht es in diesem Jahr mit dem Orbitwheel indes richtig "rund". Zum Wermutstropfen wird da jedoch die krebsig-reaktionäre Seitwärtsbewegung, die aber eine grosse Erkenntnis nicht verschleiern kann: Der Trend-Evergreen namens Reduktion lässt den Menschen immer mehr zum integralen Bestandteil des Gerätes werden. Für die Zukunft bedeutet dies: Rad schlagen bis zum Umfallen.

(via Gizmodo)

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wahn mit starrer Achse

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28.02.2007 | 12:43 | Vermutungen über die Welt

Die Leiden von Fujiya & Miyagi


Kulturelle negative Rückkopplung (Foto: photocapy / Lizenz)
Europhilie vermutet man törichterweise, wenn sich Ostasiaten Kopien europäischer Bausubstanz in ihren Dschungel oder so stellen, deren Gegenwert wie beim japanischen "Huis ten Bosch" etwa einer Million Flugreisen nach Holland entspricht. In Wirklichkeit nämlich wird Europa damit zu einem niedlichen, technisch unterlegenen Kuriositätenkabinett stilisiert, dessen Errungenschaften eben nicht mehr wissenschaftlich rational sind, sondern sich auf eine vormoderne folkloristische Ästhetik beschränken (steht jedenfalls hier). Dass jemand das Wakizashi umdreht, ist überfällig.

Die britische Band Fujiya & Miyagi referiert netterweise keine Visual-Kei-Zitate, sondern bastelt sich eine Klangwelt, in der Zen und Krautrock hübsche Synergisten sind und der Rest irgendwie den Geruch von Bordeaux und Baguette verströmt. Klar erkennbar ist der Versuch der subversiven Rückeroberung des absoluten Geltungsanspruches europäischer Kultur nicht. (Das amüsant verzerrte Stereotyp des Japan-Sounds findet man eher bei der Französin Michiko Kusaki.) Es gab keinen Fujiya-Miyagi-Hype, trotz dieser Kritik. Das aktuelle Album erscheint bald zum dritten Mal. Das Label wird von Herbert Grönemeyer getragen. Kein Blog hat sie begleitet.

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22.02.2007 | 18:24 | Anderswo | Vermutungen über die Welt

Feiner Energierüssel


Der bösen Methankuh Helferlein (Foto: Gaetan Lee / Lizenz)
Der Schlund der Treibhaushölle öffnet sich und heraus kullert diesmal, neben Kuh und Auto, die Glühlampe.
Die Australier werden den Wolf im Jahr 2010 zum letzten Mal schäumen, während hierzulande wohl die Top-Runner ans Netz kommen.

Die Weltklimarettung geht allerdings viel entspannter, sagte Hanns Günther schon 1931 und entsann das Thermikkraftwerk. Damit werden Treibhaus und Kamin paradoxerweise zu Antagonisten des malignen Treibhauseffekts – indem Luft, durch die Sonne erhitzt und von einem Kamin angesaugt, durch grosse Turbinen gepustet wird. Um die Rentabilität zu sichern, muss man jedoch für eine monströse Betonerektion sorgen, ein kleiner Ventilator vor dem Kachelofen ist leider nicht genug. Abseits des Anti-Glühlampen- Aktionismus soll dieses Vorhaben demnächst von einer Firma namens EnviroMission umgesetzt werden, die ernsthaft eine 500 m hohe Betonröhre mit zwei Kilometer Treibhaus drumrum (Video) in den heissen australischen Wüstensand setzen will, wenn es sich denn bezahlen lässt, und zur Not könnte man da alle alten Glühlampen und Rinder reinwerfen.

Im trüben Europa sollte man darüber nachdenken, sowas über jede grössere Stadt zu stülpen, was dann auch unabhängig von der Sonneneinstrahlung funktionieren müsste. Ein netter Nebeneffekt des Riesenkaminbaus wäre auch die Verlangsamung der Erddrehung, so dass man noch mehr Zeit zum Klimaschützen hätte. Jetzt kann einem nur noch der verrückte kleine Ire Orbo zuvorkommen, der zwar die Welt retten, aber die Physik kaputtmachen würde.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Insellösung

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09.11.2006 | 01:04 | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt

Systeme aufpolieren


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

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(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Ein Windows-PC mit dem Look and Feel eines Macs wäre doch ähnlich komisch wie ein intelligentes Schwein, das verwurstet werden würde, obwohl die Menschheit nur Äpfel essen will.
Trotzdem ist das Ganze nichts wirklich Neues. Das schmucke Programmpaket namens Flyakite OS X ist mehr als eine schlabbrige Skin, denn es betreibt ein totales Rebranding, das heisst: Alles, was nach Windows riecht, wird gründlich aus den Festplatten-Banlieues gekärchert.

Die Umkrempelung der Optik führt das kognitiv konditionierte Kleinhirn und seinen verlängerten Arm namens Mauszeiger zwar anfangs auf Abwege, die nach oben gewanderte Taskleiste sollte aber niemanden wirklich aus der Fassung bringen. Ausserdem ploppt alles Mögliche plötzlich auf enorm juvenile Weise durch die Gegend und macht dabei Geräusche, die wie die Vertonung eines Films mit kleinen Kätzchen klingen.

"Na und?" mag sich der Mac-Benutzer denken, der schon lange Windows in seinem Boot Camp herumexerzieren lässt. Die Ähnlichkeit von Windows-Sytemen mit der unberechenbaren, verdorbenen realen Welt ist allerdings nicht zu leugnen. Der Umstieg in die Apfelwelt führt zu einer Menge blinder Flecke. Mit Flyakite OS X dagegen hält man es ambivalent wie Salinger:
Thousands of little kids, and nobody's around – nobody big, I mean – except me. And I'm standing on the edge of some crazy cliff. What I have to do, I have to catch everybody if they start to go over the cliff.

Jan-Christoph Deinert | Dauerhafter Link | Kommentare (9)


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