Riesenmaschine

17.01.2007 | 09:57 | Anderswo | Was fehlt

Wer im Glashaus schwitzt


Bodenskulptur in Potenz
"Zeitgenössische Kunst kann nicht in still gelegten Fabrikgebäuden gezeigt werden." So oder so ähnlich der Wortlaut, mit dem der aktuelle künstlerische Leiter der documenta 12, Roger M. Bürgel, vor Journalisten den Umstand rechtfertigte, dass letzte Woche eine Spezialfirma zur Grasnarbenentfernung aus Bielefeld den Rasen vor der Kasseler Orangerie abschälte, um Platz zu schaffen für eine Aufschüttung mit Schotter, auf der ab dem 26.6., dem Start der documenta 12, ein an ein Gewächshaus gemahnendes, 10.000 Quadratmeter grosses Konstrukt transparenter Ausstellungshallen stehen soll, das etwa drei Viertel der Exponate enthalten wird.

"Zeitgenössische Kunst kann nur in still gelegten Fabrikgebäuden gezeigt werden", so Okwui Enwezor wahrscheinlich vor 5 Jahren zur Begründung, warum die ebenso still gelegten wie abgelegenen Lagerhallen der Binding Brauerei als Hauptausstellungsfläche für die d 11 ausgebaut werden mussten, während die eigens dafür irgendwann mal errichtete Documenta-Halle wie immer weitgehend unbespielt blieb.

Zu grossem Grummeln unter den lokalen Leserbriefschreibern führt allerdings diesmal der Umstand, dass die mit ca. 3 Millionen Euro veranschlagte Finanzierung der Hallen noch gar nicht gesichert ist, der Baubeginn aus Zeitgründen aber trotzdem bereits stattfinden musste. Für immerhin 30.000 Euro lässt sich mittlerweile die symbolische Eigentümerschaft an einer Metallstütze in den Pavillons erwerben. Falls nicht genug Geld beisammen komme, so Bürgel, werde der Grundriss asphaltiert, die Baufläche als "negativer Raum" werde zur "Bodenskulptur", und die documenta 12 fällt halt aus.

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07.07.2006 | 12:04 | Anderswo | Listen

Assoziationskettenmassaker: Die Jungs von der Papiermühle gegen die neuen Heiligen


Könnte alles Mögliche sein, ist aber eine Papiermühle (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Auch wenn selbst innerhalb der Korrespondentenschar der Riesenmaschine Erbsen zählend anders lautende Auffassungen vertreten werden, ist der finnische Fussball keineswegs abgeschafft, wie der Vorstoss des in der Papierstadt Anjalankoski beheimateten finnischen Meisters Myllykosken Pallo – 47 in die erste Qualifikationsrunde zur UEFA Champions League eindrucksvoll belegt. Der Klub, bei dem immerhin schon Spieler wie Jari Litmanen und Sami Hyppiä gespielt haben, trifft dabei auf "The New Saints FC" aus der League of Wales. Der walisische Meister, der dies nur deshalb ist, weil die besseren Vereine sämtlich in den englischen Profiligen spielen, firmierte lange Jahre unter dem wesentlich eindrucksvolleren Namen Llansantffraid FC, bevor man sich mit Total Network Solutions einen Sponsor zulegte, sich in TNS Llansantffraid umbenannte und nach dem Abspringen des Geldgebers notgedrungen eine Neuausgestaltung der Abkürzung vornehmen musste.

Mit der kürzlich erfolgten Veröffentlichung der Paarungen der ersten Qualifikationsrunde hat die Union of European Football Associations (UEFA) ein unterhaltsames Ausrufezeichen gesetzt. Während die gesetzten Klubs der zweiten Qualifikationsrunde schon Legion für den geschulten Kenner der europäischen Fussballszene sind, hält die erste Qualifikationsrunde zahlreiche unterhaltsame Bonbons bereit: Die Freunde des Stabreimes kommen bei den Begegnungen KS Elbasani gegen FK Ekranas oder FC Bolnisi gegen FK Baku auf ihre Kosten, Anhänger der Onomatopoesie werden gespannt den weiteren Weg des FH Hafnarfjördur aus Island und des malteschen Meisters Birkirkara FC verfolgen, Hobbyetymologen haben die Gelegenheit, dem Ursprung diverser Vereinsnamen wie Schachtjor Soligorsk ("Rudis Söhne"?) oder Schiroki Brijeg ("Hic sunt leones"?) auf den Grund zu gehen, Westernliebhaber werden dem moldawischen FC Sheriff die Daumen drücken und frühkindlich geprägte Uefacupaddikten es bedauern, dass sich in Luxemburg diesmal F91 Dudelange anstatt des lange Zeit hegemonialen Spora mit der guyrouxartig bereits im dritten Jahrzehnt amtierenden Trainerlegende Heinz Eimer qualifiziert hat.

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Volker Jahr | Dauerhafter Link


14.02.2006 | 16:04 | Supertiere | Listen

Nicht Riesenmaschine lesen kostet 32.000 Euro


Satan weidet weder Buntspechte noch Bachforellen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nicht Riesenmaschine lesen kann teuer werden! Diese Erfahrung musste gestern abend Kandidat Rafael in der RTL-Sendung "Wer wird Millionär?" machen. Bei 32.000 erreichten Euro hatte der Kulturmanager aus Bad Mergentheim seine drei Joker verbraten und sollte für 64.000 Euro die Frage beantworten, welches der vier Tiere Laubfrosch, Siebenschläfer, Buntspecht oder Bachforelle ein Bilch sei.
Während andernorts zeitgleich Chinesinnen schmerzhaft aufs olympische Eis knallten, verzichtete der ahnungslose Engländer ebenso schmerzlich auf die Beantwortung der Frage und damit auf ein geschätztes Jahreseinkommen (als Kulturmanager) bzw. Abendhonorar (Jauch). Sein Pech: Hätte er regelmässig die Beiträge in der offensiv und bekennend nagetierverherrlichenden Riesenmaschine verfolgt, wäre er lachend in den sechsstelligen Bereich vorgedrungen. Petitesse am Rande: Noch vor der Frage kündigte er nach Erreichen der 16.000 Euro-Gewinnschwelle an, sich von diesem Betrag lediglich eine neue "Maus" für seinen Computer kaufen zu wollen. Dies war dem Nagetiergott offensichtlich nicht Huldigung genug.

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15.12.2005 | 16:49 | Anderswo | Fakten und Figuren

Zahnklang


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der Internationale Tag des Zahns soll nicht verstreichen, ohne dass an dieser Stelle eine Lobpreisung auf Fred Zahn erfolgt ist, jenen Fred Zahn, der mit seiner auf unscharfen Dias beruhenden Werbeoffensive für sein "Hifistudio Fred Zahn" ganze Generationen Marburger Kinogängerinnen und Kinogänger in den ausgehenden achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zwischen Vorschauen und Hauptfilm zu Tränen rührte und in den Beliebtheitsrankings zuverlässig zwischen dem "Autohaus Enders und Reimschüssel" und dem "Fahrradcenter Warzenbach", ansässig in Wetter-Warzenbach, Krötenstück 3, rangierte. Zahn widmet sich seit 1974 der klanglichen Optimierung von Hifi-Anlagen und hat (im Gegensatz zu seinen beiden Chartkonkurrenten) bereits vor fünf Jahren die Zeichen der Zeit erkannt und eine eigene Homepage aufgesetzt. Seine konzise Verkaufsphilosophie fasst er in wohlgesetzten Worten zusammen: "Wer hören kommt, erlebt was. Was genau – erfährt nur wer herkommt, um hinzuhören." Das Gästebuch verzeichnet demgemäss seit dem Jahr 2000 stolze vier Einträge zufriedener Kunden. Dieser Beitrag sollte nicht als Schleichwerbung missverstanden werden, denn der Online-Shop auf Fred Zahns Homepage ist, vermutlich seit Anbeginn ihrer Existenz, in Bearbeitung, so dass wir an die Leserinnen und Leser nur appellieren können, auf dem Weg zum Fahrradkauf am Krötenstück in Warzenbach auch bei Fred Zahn persönlich vorbeizuschauen, falls sie die eigene, "gerade käuflich erworbene Stereo-Anlage nach jedem Konzertbesuch irritiert".

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28.11.2005 | 14:48 | Was fehlt | Sachen kaufen

Geistige Oberhäupter


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Christfest naht, und kein grösseres Zeichen der Toleranz könnte man setzen und keine feinere Freude könnte man seinen in den Zeiten der Postmoderne auch hierzulande haufenweise vertretenen buddhistischen Freundinnen und Freunden bereiten als ihnen "augenzwinkernd" (an dieser Stelle habe ich hässliche Anführungszeichen gesetzt, wofür ich mich dereinst schämen werde) die Dalai-Lama-Puppe von Schildkröt unter den Weihnachtsbaum zu legen, die trotz einer limitierten Auflage von 999 Stück und der laut Herstellerangaben "verblüffenden Ähnlichkeit mit dem Aussehen des grossen Vorbilds" im Gegensatz zu ihrer Vorgängerpuppe "Papst Benedikt" offensichtlich wie Blei in den Regalen liegt und daher in den letzten Tagen bei Homeshopping Europe verstärkt aggressiv beworben wurde. Die grösste Herausforderung für die Schöpfer dieser Puppe war nach eigenen Angaben "natürlich die Hautfarbe", denn "solch eine Puppenfarbe hat es bisher noch nie bei Schildkröt gegeben". Die Farbdesigner waren letztlich erfolgreich, für schlappe 165 Euro lässt sich die "erste Puppe von Schildkröt, die eine asiatische Hautfarbe hat" erwerben.

Auf in asiatischer Hautfarbe gehaltene Tischtennisbälle der Marke Schildkröt sind wir künftig genauso gespannt wie auf mögliche Folgemodelle aus der Serie "Geistige Oberhäupter". Insbesondere freuen würden wir uns über den legendären Begründer des europäischen Diamantwegbuddhismus, Dalai-Lama-Konkurrent Lama Ole Nydahl und über den hochverehrten Gründer-Acarya der Internationalen Gesellschaft für Krischnabewusstsein und Autor des Megasellers "Der Nektar der Unterweisung", His Divine Grace AC Bhaktivedanta Swami Braphupada. Müsste dann billiger sein, weil die Mixtur für die Hautfarbe ja jetzt bekannt ist.

Volker Jahr | Dauerhafter Link


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