Riesenmaschine

16.08.2008 | 13:16 | Anderswo | Alles wird besser

Forestle – Gefunden!


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Einmal Googeln verbraucht so viel Strom wie eine Stunde Glühbirne brennen lassen, und dann hat man noch nicht mal Licht. Oder so ähnlich oder so ähnlich oder so ähnlich. Man ahnt, dass der verantwortungsbewusste und ressourcenschonenende Umgang mit dem Internet bald zum Megathema wird, nämlich genau dann, wenn sich der Individualverkehr mit dem Durchbruch des Wasserstoffautos aus der Schusslinie genommen hat, also schon 2009. Bis dahin muss man sich mit den aus dem Flugbereich beliebten Gute-Gewissen-Freikauf-Programmen behelfen: Die neue Suchmaschine Forestle etwa verspricht die kostenlose Rettung von 0,1 m² Regenwald bei jeder Suchanfrage (so funktioniert es), womit eine "Regenwaldfläche der Grösse Ihres Bildschirms für die Ewigkeit bewahrt" wird, iPhone-Nutzer scheiden als Zielgruppe also aus. Zwar wurde das Prinzip "nutze unser Produkt und rette damit soundsoviel Regenwald" durch die Krombacher-Aktion und ihre Wiederauflagen etwas ins Lächerliche gezogen, und man kann sich selbst klar machen, wie wenig 0,1 m² im Vergleich zur weltweiten Regenwaldgesamtfläche sind. Aber andererseits kommen bei Forestle ganz normale, handelsübliche Google-Suchergebnisse heraus und es gibt zusätzlich sogenannte Indikatoren, die vielleicht auch irgendwer sinvoll nutzen kann, also warum eigentlich nicht. Einziger Schwachpunkt bleibt der dumme Name, der, wie auf der Seite erklärt wird, "eine Mischung aus dem englischen Wort 'Forest' (Wald) und aus dem Markennamen unseres Suchpartners 'Goog-le'" sei. Denn wer will schon forestlen? Da hätte man die Seite auch Forgoog nennen können. Oder Googest, Forrel, Restle, Woodle oder Gumple.

Beim Schreiben dieses Beitrags wurden übrigens 1,6 m² Regenwald für die Ewigkeit bewahrt. Das ist eine Fläche von der 16fachen Grösse Ihres Bildschirms.


12.08.2008 | 00:34 | Anderswo | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder

Das ist doch kein Name für eine Kneipe


Graz, August 2008 (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Valencia, April 2006 (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Auch Gastwirte müssen immer auf dem Laufenden sein, die Zeiten, in denen sie einfach beliebige Namen aus der Grabbelkiste ("Koma", "Notaufnahme", "Tankstelle", "Alibi") oder Wortspiele ("SonderBar", "NachfüllBar", "BrennBar") verwenden konnten, sind längst vorbei. So existierte in Valencia bereits ein halbes Jahr nach dem Kinostart eine Brokeback Mountain Bar. Und in Graz wurde vor kurzem eine Kneipe nach Barack Obama benannt, orakelhafterweise in den Räumen des früheren Habsburg. Übrigens: Einen passenden Claim fürs Obama hatte sich Sascha Lobo schon zwei Wochen vor der Eröffnung ausgedacht, gegen den üblichen Stundensatz wird er ihn sicher gerne weiterveräussern.


11.08.2008 | 01:16 | Anderswo | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles

Bibliothek am Scheideweg


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Viele Hoffnungen hatte man in den Wechsel an der Verwaltungsspitze der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln gesetzt. Demokratische Strukturen, eine Öffnung zum Westen hin, sogar die Zulassung importierter Konsumgüter, einiges wurde von den neuen Machthabern versprochen. Bald folgten den Ankündigungen auch erste Taten: Zunächst testweise liess man Mineralwasser in durchsichtigen Plastikflaschen zu, die Sicherheitskräfte an den Eingangsbereichen drückten sogar bei leicht grünlichen oder bläulichen Behältnissen oft ein Auge zu. In einem langsamen, aber stetigen Prozess sollten weitere Schritte folgen: Schon 2010 wollte man auch ungesüsste Limonaden und einzeln verpackte Lebensmittel wie Hustenbonbons oder Duplo-Riegel erlauben, 2015 sollte das strikte Koffeinverbot gelockert werden. Nun aber ist all dies wieder fraglich geworden. Nach internen Auseinandersetzungen war das USB-Regime gezwungen, den Hardlinern in den eigenen Reihen Zugeständnisse zu machen. Schon bald könnte es mit den neuen Freiheiten wieder vorbei sein, wenn die internationale Gemeinschaft ihren Druck auf die Bibliotheksspitze nicht erhöht.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein schöner Tag in der Unibibliothek


29.07.2008 | 23:40 | Anderswo | Papierrascheln | In eigener Sache

Der 1.300.000.001. Chinese


Das leptosome Krokodil ist ausnahmsweise mal kein Lacoste-Counterfeit, sondern soll ein Drache sein. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der mit einiger Spannung erwartete Riesenmaschine-Bücherherbst hat begonnen. Den Anfang macht Christian Y. Schmidt, Riesenmaschine- und Titanic-Lesern bekannt durch seine Südostasien-Berichterstattung, mit seinem Reisebericht Allein unter 1,3 Milliarden, soeben erschienen bei Rowohlt Berlin. Dafür hat sich Schmidt, in fester Absicht, sich Land und Leuten anzuverwandeln, auf eine 5.386 Kilometer lange Ost-West-Expedition entlang der Landstrasse 318 begeben; die Route geht von Shanghai nach Kathmandu. Unterwegs streift er diverse heilige Berge, weltgrösste Stauseen und Himalayas, rettet Hippie-Travelerinnen aus höchster Gefahr und kommt insgesamt mehrmals selbst nur knapp mit dem Leben davon. Gesäumt wird sein Weg von Pidgin-Trouvaillen, von denen "A triumph of excess" noch nicht einmal die schönste ist.

Dazwischen gelingen ihm interessante Reflexionen und Relativierungen hinsichtlich der gängigen Meinung und Haltung zu China und seiner Staatsform. Da rückt die Tatsache, dass die Chinesen unter anderem Nudeln, faltbare Regenschirme, Drachen, den Kompass, Seide, Papiergeld, Stahl und Toilettenpapier erfunden haben, den westlichen Piraterie-Diskurs in ein völlig neues Licht: "Wenn die Chinesen aber heute ein paar Gucci-Taschen, Ritter-Sport-Schokoladetafeln, Rolexuhren kopieren, redet alle Welt von geistigem Diebstahl, statt einfach froh zu sein, dass die Chinesen nicht den Rest der Welt auf Billionen verklagen, allein für das Nachkochen von Stahl."

So lebt das Buch am Ende in der Tat weniger von den touristischen und halsbrecherischen Details, von Spannung und Abenteuer, letztlich ist es "nur ein etwas ausgedehnter Sonntagsspaziergang eines alten, viel zu nervösen Sacks", wie Schmidt in einem seiner raren selbstkritischen Momente einräumt. Dafür gibt es etwas zu lernen über das grösste Volk der Erde, und wie es Religion und Alltag bewältigt. Dieses Wissen könnte demnächst auch hierzulande von Nutzen sein, wenn die Chinesen uns demnächst "alle in der Pfeife rauchen", wie Schmidt zu prophezeien nicht müde wird. Ein Vorgeschmack mit Bildern findet sich hier.


24.07.2008 | 02:10 | Anderswo | Supertiere | Fakten und Figuren

Von Mäusen und Mäusen (und Mäusen)


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nagetiere, Riesenmaschine, Schutzpatrone, Huldigung, wir können es nicht oft genug sagen. Eine besondere und wichtige Rolle spielt hierbei die Nagetierforschung, die sich allein dem Zweck verschrieben hat, herauszufinden, wie man die Welt noch besser für Nagetiere einrichten kann. Daher freuen wir uns ausserordentlich, dass von heute bis zum 28. Juli zum elften Mal der internationale Nagetierkongress Rodens et Spatium tagt, dieses Mal im russischen Städtchen Myschkin, Heimat des welteinzigen Mausmuseums.

Das Programm ist ortsgerecht äusserst mauslastig gehalten und umfasst 72 Vorträge, unter anderem "Spatial interrelations between bank voles and yellow-necked mice in Crabapple Island", "The wood mouse (Apodemus sylvaticus) in treeless Iceland: Surviving north of the natural distribution range", "Mosaicism, caused by B chromosomes variability, in the Korean field mouse", "Do field voles have a good spatial orientation?" und "Food intake regulation in pregnant and suckling mice". Dazu kommen rund 100 Posterpräsentationen und eine Handvoll Symposien.

Für die Riesenmaschine wollte eigentlich Bilchexpertin Kathrin Passig live aus Myschkin berichten, musste aber enttäuscht feststellen, dass die Anmeldefrist vor vielen Monaten abgelaufen war. Warum wir dann trotzdem noch auf den Kongress hinweisen? Nun, warum denn nicht? Bei anderen Veranstaltungen wie dem G8-Gipfel wird doch genauso verfahren. Ausserdem verlangen sie es von uns.


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