Riesenmaschine

16.08.2006 | 01:59 | Anderswo | Sachen kaufen

No Sleep Till Bydgoszcz


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Whether we sleep or wake, the vast machinery of the universe still goes on.
Viel zu selten bedenken wir diese kluge Erkenntnis von Thomas Paine und wollen lieber 24 Stunden am Tag wach sein und emsig an der Beförderung der menschlichen Angelegenheiten arbeiten. Dass es Unsinn ist, ausgerechnet den Polen in dieser Sache geringere Überzeugung als z.B. den Schwaben zu unterstellen, ist lange bekannt und durch das nebenstehend abgebildete Produkt noch einmal belegt. Im zukunftszugewandten Nachbarland gibt man sich nicht mit halbherzigen Lösungen zufrieden, hier kann selbst Tschechien einpacken, denn "No Sleep" enthält ein solides Gramm Taurin pro 100 ml, dazu 100 mg Guarana und Koffein in vorsichtshalber (uwaga!) ungenannter Menge. Es färbt das Gehirn schön bunt, macht die Augen blau und lässt selbst krumme Autobahnen schnurgerade erscheinen. Grafiken mit Wellenlinien überzeugen noch den letzten Skeptiker. Wenn man im herrlichen Polen wohnt, ist jede Minute Schlaf eine verschwendete Minute.

(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)


15.08.2006 | 14:16 | Berlin | Anderswo | Supertiere | Alles wird besser

Pet Architecture


Foto: World Photo Press/Atelier Bow Wow
In der Berliner Neuen Nationalgalerie ist zur Zeit anlässlich des noch immer laufenden Deutschlandjahrs in Japan die bereits an anderer Stelle erwähnte Ausstellung Berlin-Tokyo/ Tokyo-Berlin zu sehen. Neben viel zu vielen und etwas beliebig zusammengestellten Exponaten aus rund hundert Jahren gegenseitig beeinflusster Kulturgeschichte sowie einigem bonbonfarbigen Blendwerk finden sich auch ein paar sehr hübsche Ausstellungsstücke: Beispielsweise ein Film, in dem der Filmemacher einem gefangenen Tintenfisch Tokio zeigt und ihn mit dessen Bewohnern bekannt macht. Und natürlich das Pet Architecture Museum des Atelier Bow Wow, das diverse Beispiele für Pet Architecture aus dem Tokioter Alltag dokumentiert.

Pets, companion animals of the people, are usually small, humorous and charming. We find what we could call "Pet Architecture", architecture having pet like characteristics, existing in the most unexpected places within the Tokyo city limits, erklären die Bow-Wow-Leute ihre Namenswahl. Das funktioniert so: Wenn zwischen einem Gebäude und dem Bürgersteig noch 60 cm Platz sind, dann baut man seine Fahrradwerkstatt eben in den Massen 0,4 x sehr viele Meter. Hat man hingegen für sein Lagerhaus nur einen ähnlich proportionierten Streifen von Tokio, dann spezialisiert man sich halt auf entsprechendes Verkaufsgut, z.B. sehr lange Rohre. Auch die Behausungen der Obdachlosen in Japan sind im Pet Architecture Museum vertreten.

Und weil Tokio gross und vollgestellt ist, die Grundpreise hoch sind und die Bauaufsicht nachsichtig ist, gibt es schon längst genug dieser winzigen Bauwerke, um damit ein ganzes Buch zu füllen. Sammlungen von Pet Architecture in anderen Städten wurden ebenfalls begonnen, was sehr löblich ist und unbedingt nachgeahmt werden sollte – allerdings darf man die ganze Sache auf gar keinen Fall hiermit verwechseln.

Dieser Beitrag ist ein Update zu Deutsch-Japanische Luftwurzeln II und Furbyhaus.


14.08.2006 | 01:18 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen

Tod ohne Himmel


Puttin' the "fun" back in "funeral"
Eine klare Vorstellung davon, was im Todesfall mit unseren sterblichen Überresten geschehen soll, gibt es nicht. Allerdings arbeiten hier die Fachleute, anders als beim Thema der Unsterblichen Seele, laufend an neuen Optionen und Verbesserungen. Die Rolle eines Katalysators für Innovationsprozesse im Bestattungsgewerbe scheint dabei Nordrhein-Westfalen einzunehmen, in dessen Grenzen einem das bundesweit breiteste Angebot für die Zeit nach dem Lebensabend offeriert wird. Wer z.B. während der Fussball-WM zu sterben gedachte, konnte sich dank eines Düsseldorfer Bestattungsunternehmens in einer Fussball-Urne zur letzten Ruhe betten lassen. Auch so genannte Streuwiesen gab es in NRW schon lange, bevor man anderenorts auch nur davon zu träumen wagte, nach einer feurigen, vielleicht sogar mit Filmzitaten gespickten Rede, Grossvaters Asche den verhassten drittgradigen Verwandten ins Gesicht zu schleudern.

Vor kurzem schliesslich eröffnete in Düsseldorf der erste Indoor-Friedhof Deutschlands – mit tiefer Decke statt hohem blauen Himmel. Die offizielle Erklärung, im entsprechenden Stadtteil gäbe es keinen konventionellen Friedhof, wohl aber genug leer stehende Kellerräume, mit deren Nutzung man dem Outsourcen von Leichen in andere Bezirke ein Ende setzen könne, scheint vorgeschoben: Denn Tote sind eigentlich vom Aussterben bedroht! Unzählige Plätze auf Friedhöfen stehen frei und die Wirtschaft leidet. Welche Möglichkeit hätte man also, die überflüssige, leere und somit Kosten verursachende Friedhofsfläche lukrativ zu nutzen? Die Zahl der Toten aktiv zu erhöhen wäre unter ethischen Gesichtspunkten nur schwer legitimierbar, und eine Nutzung durch Dienstleistungsunternehmen oder Ähnliches würde die Totenruhe stören. Vermutlich also genau deshalb jetzt alles indoor, mit schalldämmender Doppelverglasung und dicken Wänden. Die Toten nach drinnen in selige Ruhe und auf die Friedhofswiesen dann... hoffentlich keine Wohnräume. Denn Wohnen auf Friedhöfen, das hat sich nicht bewährt.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Urnenwahl

Christian F. Brückner | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


12.08.2006 | 13:46 | Anderswo | Supertiere | Papierrascheln

Pop Frosch


"200 Jahre später: Wegen Umweltverschmutzung mutierter Frosch"
Wenn das so weitergeht mit der Umweltverschmutzung, dann werden Frösche in zweihundert Jahren da einen Scheisshaufen haben, wo früher ihr Kopf war. Das entnehmen wir jedenfalls dem vom Liaoning Science and Technology Publishing House herausgegebenen POP-Buch Nummer 13. POP-Bücher werden in China nicht von Nick Hornby geschrieben, sondern enthalten – vornehmlich gezeichnete – Vorlagen für das schnelle, selbst gemachte Plakat. Schwerpunkt von POP-Band 13 ist die Plakat- und Wandzeitungsgestaltung im öffentlichen Interesse, weshalb auch dieser Froschplakatvorschlag mit einem Appell endet: "Bitte schützt unsere grüne Erde." Gut gemeint, das Ganze, aber letztlich kontraproduktiv. Jedes Kind zumindest würde die Umwelt extra kräftig verschmutzen, käme dabei am Ende ein lustiger Scheissefrosch heraus. Die Riesenmaschine übrigens auch.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


10.08.2006 | 03:34 | Anderswo

Gewalt und Entspannung


Prügelknabe
(Foto: Noah Slater
/ Lizenz)
Der Musikpädagoge Karl Hörmann, so hört man, hat im Bereich der Tanzpsychologie und Musikpädagogik nicht Unwesentliches geleistet – auch wenn die wirklich erstaunliche Erkenntnis, dass Tanzen nicht gleich Ficken ist, aus einem Reisebericht für Homosexuelle stammt. In seinem 2004 erschienenen Buch erklärt Hörmann zum Beispiel, dass Musikgenuss faszinierende Auswirkungen wie Halluzinationen und Narkose haben kann, vorausgesetzt, die Musik beinhaltet "über weite Klanglandschaften gespannte Bögen". Eine Wunderdroge wäre die Musik, hätte dieses scheinbar omnipotente Add-On zur Polytoxikomanie nicht auch ein anderes, düsteres Gesicht: Denn auch der Stress, die Geissel der sozialen Ordnung und der Arbeitswelt, treibt sein destruktives Spiel in Form atonaler Klangfolgen.

Um der zersetzenden Kraft des Stresses Einhalt zu gebieten, hat nun ein findiger Chinese versucht, eine Bar um eine neue Dimension, nämlich die körperliche Züchtigung der Kellnerschaft als Ventil für aufgestaute Aggressionen, zu erweitern. Dies wohl ohne grosse Zukunft, denn die örtlichen Behörden argumentieren streng nach den Gesetzen der Logik: Von Stressabbau war bei Lizenzerwerb nämlich keine Rede, nur von Tanzlokal. Da Tanzen aber nicht gleich Ficken ist, und Stressabbau aus staatlicher Sicht auch kein Tanzen, muss folglich Stressabbau gleich Ficken sein, das Ganze also ein Ficklokal und somit von den Stadtvätern dieser Welt sowieso und keinesfalls erlaubbar. Sicher ist allerdings eines: Mit Tanzpsychologen statt verprügelbaren Kellnern hätte der Wirt argumentativ die Oberhand gehabt.

Christian F. Brückner | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


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