Riesenmaschine

07.07.2007 | 23:10 | Anderswo | Was fehlt | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Rosenlassi


Schmeckt wie Softporno und frisch gebadet (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Schon seit geraumer Zeit nähert sich die Abteilung Körperpflege im Supermarkt dem Milchregal an bzw. bezieht seine Impulse für neue Geschmacksnoten von dort. Dass diese Fluktuation nicht nur in einer Richtung funktioniert, beweist die Schweizer Supermarktkette Coop mit einer gewagten Neuheit: Rose Lassi bezieht sein Aroma aus zehn Prozent "wässrigem Auszug aus Rosenblüten" und einer nicht näher bezeichneten Menge Rosenöl. Das Faltblatt im Deckel belehrt uns, dass für zehn Gramm dieses kostbaren Duftstoffes einhundert Kilogramm Rosenblätter benötigt werden – dafür erscheint der Preis von 1,95 Franken mehr als angemessen, wobei die Tatsache allein das Getränk noch keineswegs geniessbar macht.

Wer nun aber beim Stichwort Rosenöl unwillkürlich an Pudelschampu denkt oder den Geruch in der Wohnung der trutschigen Grosstante assoziiert, ist eindeutig auf dem Rosenholzweg. Tatsächlich entwickelt das an sich schwülstige Rosenaroma in Verbindung mit dem salzigen Joghurt einen irisierenden Akkord, der eine Tür in völlig neue sensorische Regionen aufstösst: das Feld des Erotischen und der Körpersäfte nämlich. Auch wenn der Vergleich mit Blümchensex an dieser Stelle etwas zu weit führen würde, lässt sich der komplexe Abgang doch wohl am ehesten damit beschreiben, wie es wäre, Kleopatras Badewasser zu trinken, dem die Sonnenkaiserin nach einer langen und anstrengenden Nacht mit wechselnden Liebhabern soeben entspannt und rein wieder entstiegen ist. Wer auf solcherlei Phantasien steht, wird auch auf den Rose Lassi komplett abfahren.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Food & Non-Food Full Circle


07.07.2007 | 03:17 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Die nächste grosse Zahnbürste


So schön kann Fortschritt sein (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Allerliebst: die beiden Auspüffchen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Die "Fuelbrush" in Gebrauch – zauberhafte Anmutung zwischen Boxenludertum und Weisser Erotik (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Während sich die Industrie noch damit abmüht, ihr notorisch untermotorisierten Elektrozahnbürsten mit "On-Board-Computern" aufzupeppen, ist Markus von Glasenapp, Absolvent der hgkz, bereits sehr viel weiter. Er entwickelte die wahrscheinlich erste benzinbetriebene Zahnbürste. Diese kommt selbstredend ohne Computerunterstützung aus, denn die Frage nach der gewählten "Reinigungsstufe" stellt sich hier ja wohl nicht, befördert doch "Fuelbrush" die Motorenleistung von Zahnbürsten quantenspringend in neue Dimensionen.

Doch nicht nur der Leistungsgewinn der Fuelbrush lässt träumen; viel mehr noch ist es die Simplizität, die damit ins tägliche Leben des modernen Menschen Einzug halten wird. Akkus sind ja ständig leer und ohne die passende Basisstation nicht aufzuladen, oder sie sind kaputt und natürlich nicht auszuwechseln. Wer schon einmal in den peruanischen Anden versucht hat, seinen iPod wieder zum Funktionieren zu bringen, weiss, wovon die Rede ist. Benzin hingegen ist universell und überall verfügbar und man fragt sich, warum es nicht längst einen benzinbetriebenen iPod gibt.

Wenn man liesst, was von Glasenapp zu seiner Diplomarbeit schreibt, wird man allerdings den Verdacht nicht los, dass er durch reine Schusseligkeit im Studiengang "Neue Medien" gelandet ist, obwohl er sich ganz offensichtlich beim "Industrial Design" hätte einschreiben wollen. Jetzt muss er nämlich so tun, als hätte er die Welt mit seiner Zahnbürste gar nicht wirklich verbessern wollen: "Eine funktionstüchtige benzinbetriebene Zahnbürste eröffnet einen Moment des Innehaltens im permanenten Voranhasten von technischen Lösungen im Angesicht der Klimakatastrophe", so von Glasenapp zu seiner Erfindung. Das ist natürlich ganz augenfällig kompletter Quatsch und wird hoffentlich nur seine Lehrer täuschen können, nicht aber die Industrie, von der wir uns in Zukunft ganz viele bezinbetriebene Geräte wünschen.

Diplomausstellung 2007 der hgkz, Toni-Areal, Zürich; noch bis zum 12. Juli


27.06.2007 | 21:34 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Me-Too-Nade


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Aufkommen von Nachahmerprodukten des Wundergetränks Bionade war bloss noch eine Frage der Zeit, wie erst vor wenigen Tagen auch die FTD feststellte, so weit also kein Problem, man hatte sich im Hause Bionade ja auch darauf eingestellt. Dass es dann aber gleich so dermassen plump werden würde, hatte wiederum keiner ahnen können: Seit einigen Tagen verkauft Plus Maltonade – das "Bio-Erfrischungsgetränk" aus "fermentierten Gerstenmalzextrakt (3 %)", mit 19,4 kcal und 4,6 g Kohlenhydraten pro 100 ml (natürlich mit dem Bio-Siegel), das sich nur in Nuancen vom Original, dem "biologischen Erfrischungsgetränk" "hergestellt aus Fermentation" und aus Malz (2 %), mit 22 kcal und 5 g Kohlenhydraten pro 100 ml (natürlich mit dem Bio-Siegel) unterscheidet. Auch bei den Geschmacksrichtungen inklusive Farbcode wurde gar nicht erst der Versuch unternommen, innovativ zu wirken: Es gibt Holunder-Cranberry (rot), Kräuter (grün) und Orange-Kiwi (orange), lediglich bei der für die Exotensorten reservierten gelben Variante setzten die Maltonade-Macher statt auf Litschi auf die recht gewollt wirkende Eigenkreation Mango-Chili. Jetzt fehlt eigentlich nur noch eine aufs Produkt abgestimmte Werbekampagne, der Claim "Das offizielle Getränk einer noch voll total viel besseren Welt" dürfte noch frei sein.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Single Cola, Single Cask und Spionadeversuch


26.06.2007 | 03:16 | Sachen kaufen

Lichtblicke aus dem Börsianer


Teenageverlustangst (Foto: echo4ngel) (Lizenz)
"Kaufen, kaufen, kaufen." Die höhnische Propaganda der Habenichtse zeigt warum sie welche sind: Im Verkaufen liegt die Kunst, wie jeder in den Finanzsachbüchern aus der guten alten Zeit von 1999 und 2000 nachlesen kann, die irgendwo hinten im Regal zwischen Terry Pratchett und alten Zeitschriften nicht einmal besonders gut Staub fangen.

Der Scientific American, der sich gut daneben macht, fragt in seiner Juli-Ausgabe 2007, ob man lieber für 20.000$ (14.908,6843 EUR) Aktien von Google oder für 20.000$ (14.907,7847 EUR) Aktien von Ford verkaufen soll. Das ist natürlich rhetorisch, denn aus seiner Hausbibliothek weiss ein jeder, dass man die schlechten Aktien von Ford verkaufen muss, obwohl man mal dafür 40.000$ (29.817,3226 EUR) gelatzt hat.

Die eigentliche Frage ist natürlich, warum unsere Verlustängste so ausgeprägt sind, dass es uns schwer fällt, die Aktien von Ford abzustossen oder wenigstens die albernen Zeitschriften und blöden Bücher wegzuwerfen. In deren hinteren, ungelesenenen Teilen steht allerdings, was alles an der Börse Psychologie ist, und gegen die Psychologie ist glücklicherweise bereits eine Maschine erfunden, der Kernspintomograph. Wenn man dort Leute hineinschiebt, weiss man, was sie gedacht haben, weil man es ihnen vorher gesagt hat. Anschliessend schaut man nach, welche Hirnregion verwendet wurden, wenn Nonnen beten oder über Aktiengeschäfte grübeln.

Im Falle des vorgestellten Experimentes wurde gar herausgefunden, dass sowohl bei einem Anstieg der Angst vor Verlust als auch bei einem Anstieg der Gewinnmöglichkeiten die gleichen Hirnregionen angeregt werden. Hierbei gibt es allerdings individuelle Unterschiede, die man quantifizieren und zur Vorhersage der Risikobereitschaft nutzen kann. Hinterher ist man ja immer schlauer.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Betrachtungen über den Klecks


24.06.2007 | 23:54 | Fakten und Figuren | Sachen kaufen | Papierrascheln

Interview mit H. v. Schwindt


Heiko von Schwindt (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Heiko von Schwindt (32) studierte Germanistik und Betriebswirtschaft in Göttingen und London, habilitierte sich dort 2002 mit einer Arbeit über den Getreidehandel in Thomas Manns Buddenbrooks und war kurze Zeit Redakteur der Financial Times. Heute arbeitet er als freier Mitarbeiter für das Börsenblatt des deutschen Buchhandels und präsentiert zusammen mit Walter Feinbeiss die tägliche Börsensendung "Bears 'n' Bulls" auf n-tv. Von ihm stammt die Idee, in der Riesenmaschine eine Klagenfurt-Aktienbörse einzurichten.

RM: Herr von Schwindt, Sie haben diesen Markt für uns organisiert und nun auch lange beobachtet. Wie würden Sie die Lage nach 6 Tagen beschreiben?
Schwindt: "Lage" ist noch milde ausgedrückt. Der Markt ist tot.
RM: Was ist Ihre Prognose, wird das so bleiben?
Schwindt: Das kann nicht in unserem Interesse sein und auch nicht im Interesse der Anleger. Wir brechen das jetzt mit dem Contenthammer auf.
RM: Was heisst?
Schwindt: Was heisst, dass ja bisher praktisch blind in die Werte reingegangen wurde und blind wieder raus. Nichts gegen Ihre Leser, aber die können doch die Scheuermann nicht von dem Zwicky unterscheiden. Die "Toptrader" konsolidieren den Markt, indem sie die Kurse halten, wo sie sind, und keiner weiss, warum. Neuankömmlinge werden abgezogen, alles drückt zur Mitte hin.
RM: Und wie genau wollen Sie das jetzt ändern?
Schwindt: Kennen Sie das Sprichwort, ein rollender Stein setzt kein Moos an?
RM: Nein.
Schwindt: Das ist Börsensprache und bedeutet: Die Lawine stürzt ab, die Karawane zieht weiter.
RM: Und konkret jetzt?
Schwindt: Autorentexte. Wir werden Leseproben veröffentlichen. Damit die Anleger einfach mal sehen, auf was sie sich da eigentlich eingelassen haben.
RM: Was wird das Ergebnis dieser Veröffentlichung sein?
Schwindt: Schweissausbrüche, Panik, Flucht in den Alkohol. Autorentexte, das ist schlimmer als eine Brezel im Hals des amerikanischen Präsidenten. Da crasht die Börse, da fliegt der Bär. Ich kann nur raten, oben schon mal alles wegzushorten.
RM: Und wann und wo wollen Sie das veröffentlichen?
Schwindt: Montag, Punkt 14 Uhr, in den Kommentaren zu diesem Beitrag. Wobei Veröffentlichung natürlich das falsche Wort ist. Weil, das ist ja alles öffentlich. Hätt sich ja jeder angucken können, was die Herren und Damen so schreiben. Aber ein Blick auf den Markt, und Sie wissen: Hat keiner gemacht.
RM: Die meisten unserer Leser haben -
Schwindt: Leser! Patati, patata.
RM: Manche hängen seit 72 Stunden auf der F5-Taste und haben viel Arbeit in ihr Portfolio investiert.
Schwindt: Sie nennen es Arbeit, ich nenne es Unfug.
RM: Ihr Schlusswort?
Schwindt: Mit Literatur hat das alles nichts zu tun.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Klagenfurt-Totalisator


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