Konsum ist ein störrischer Vogel ohne Sinn und Verstand. Er verbringt den Tag bald hierhin, bald dorthin tänzelnd und mag nicht einsehen, dass Döner für 99 Cent eigentlich nur mit Gammelfleisch, Pestizidsalat und Schwarzarbeit zu bezahlen ist. Wenn überhaupt. Immer wieder bekommt er massiv auf die Fresse, Kollege Konsum, aber lernt er daraus? Nein. Wie aber dem Konsum begreiflich machen, dass Qualität rult und nicht allein der Preis? Der Königsausweg scheint, ihn bei der Eitelkeit zu packen und ihm zu bedeuten: "Schau, dieses Produkt, es ist extra für Dich und nur für Dich hergestellt, nun konsumiere es halt". Auch der schlichtgestrickte Konsum sieht ein, dass personalisierte Ware einen Mehrwert darstellt und also gut und zukunftsgewandt ist. Die Filmempfehlungsmaschine Moviepilot.de, der ich in Freundschaft verbunden bin, hat sich das zu Herzen genommen und für den am Donnerstag startenden Film "Die Bourne Ultimatum" personalisierte Trailer ausgedacht (auf "jetzt testen" klicken). Die Maschine rechnet nach ein paar Filmbewertungen aus, wie gut man den Film finden wird und spielt einem einen begeisterten Trailer vor, wenn man vom Film mutmasslich begeistert sein wird, einen beschissenen Trailer, wenn man den Film beschissen finden wird und einen so mittleren Trailer, wenn man den Film so mittel finden wird. Das mag noch nicht der Personalisierung letzter Schluss sein, aber man nähert sich an.
(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Kracht, Niermann, Holzberger, Thiel (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Ein bisschen erinnert die Szenerie an die meistfotografierte Scheune Amerikas aus Don Delillos "White Noise", eine sich selbst erneuernde Tourismusattraktion irgendwo im Nirgendwo, von der niemand mehr sagen kann, wie sie dazu wurde – nur dass da, wo die grosse Pyramide werden soll, momentan noch ein klappriges Windrad steht, das man aus Bayern über die grüne Grenze in die Gegend von Streetz verfrachtet hat, weil es den Bayern zu viel Krach machte. (Was die Initiatoren Ingo Niermann und Jens Thiel mit der Vision einer Völker, Kulturen und Religionen verbindenden, international vermarkteten Grab- und Erinnerungsstätte in Form einer stetig wachsenden Pyramide bezwecken, kann man unter anderem hier nachhören.)
Zum heutigen "Pyramidenfest" wurde zusätzlich eine Bühne aufgebaut und ein Stück Acker als Parkplatz abgesperrt. Es sollte eine Art Grundsteinlegung werden. Der Shuttlebus aus Berlin trifft mit einer Stunde Verspätung ein, weil das Kamerateam mehrfach ins Begleitfahrzeug und zurück wechseln musste, um den Bus auch von aussen zu filmen. Vor Ort sind bereits mehrere Kamerateams vertreten, die sich gegenseitig filmen und die noch etwas spärlichen Besucher interviewen. So ganz will das Eis zwischen Einheimischen und zugereisten Berlinern nicht brechen: eine Gulaschkanone mit Eisbein und Wellfleischknödeln hier, ein antiker Bus mit Latte und Prosecco genau gegenüber. Blaskapellen spielen auf. Auf der Bühne zeigt eine Kinderturntruppe kostümierte Akrobatik. Eine Minidemonstration von Streetzern marschiert auf und wehrt sich mit Transparenten gegen die Vorstellung, dass demnächst 5.000.000 Tote vor ihrer Tür geparkt werden könnten.
Momentan liegt nur ein kleiner Haufen von sogenannten "Erinnerungssteinen" herum, der vermutlich im Laufe des Abends noch enthüllt wurde. Man wähnte sich in einer geheimen Inszenierung von Christoph Schlingensief, wenn der nicht zeitgleich in Bonn Premiere gehabt hätte. Bei Redaktionsschluss dauerten die Aufruhrarbeiten an der Baustelle noch an.
(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Schon auf den ersten 30 Googletreffern wird von sich für kundig haltenden Quellen Berlin unter anderem bezeichnet als Hauptstadt der Syphilis, Hauptstadt der Tierversuche, Hauptstadt der Hunde, Hauptstadt der Rheumatologie, Hauptstadt der Minifanten, Hauptstadt der Intoleranz, Hauptstadt der Superlative, Hauptstadt der Unterschicht, Hauptstadt der Diven sowie Hauptstadt der Revolte von 68. Vollkommen unterschätzt wird Berlin jedoch als Hauptstadt des Grases ("meinten Sie: Berlin, Hauptstadt des Glases?"). Dabei ist die Beziehung zwischen Gras und Berlin eine vielschichtig ergiebige.
Ins Gras beissen etwa ist in Berlin nicht nur preislich günstiger als anderswo, sondern auch in diesem wunderschönen Mortalitätsatlas für Berlin für jeden Bezirk einzeln nach Todesursachen nachzuvollziehen; in Neukölln sind im Jahr 2000 zum Beispiel 39 Männer durch die Einnahme psychotroper Substanzen gestorben. Aber auch beim Gras rauchen ist Berlin das Mass aller deutschen Dinge: über 30% Prozent der Jugendlichen haben schonmal gekifft; in Berlin darf man bis zu zehn Gramm Gras straffrei mit sich führen, in anderen Bundesländern wird bei dieser Menge über die Wiedereinführung der Todesstrafe nachgedacht.
Gras beissen und Gras atmen, gut und schön, was aber ist mit Gras trinken? Auch diese Lücke ist nun geschlossen, seit einiger Zeit bieten zwei Läden mit dem Namen "Grashopper Berlin" Grassaft an, Weizengrassaft nämlich. Er schmeckt, gemischt mit Apfelsaft, gar nicht so fürchterlich wie man glaubt, wenn man sich an den Geschmack von Gras erinnert. Gras trinken! Wir tasten uns an jedes noch so ungeniessbar scheinende Stück Natur heran, schon in zehn Jahren werden wir Holzsalat mit Steinsplittern essen, vielleicht sogar mit Kapern drauf.
Back to Backstein (Foto: Daniel Ulrich, Lizenz)In der aktuellen Ausgabe der ZEIT findet sich ein interessantes Gespräch mit Helmut Schmidt von Giovanni di Lorenzo, nein nicht das über die RAF, sondern "Auf eine Zigarette mit" im ZEIT-Leben, wo es diesmal um Architektur geht. Schmidt bekennt darin, dass er selbst "von ganzem Herzen" gern Architekt geworden wäre, wenn nicht der Krieg dazwischen gekommen wäre. Es folgt ein flammendes Plädoyer gegen die "moderne Allerweltsarchitektur" aus Stahl und Glas, gegen "Brutalbeton" und für den hanseatischen Backstein. Obwohl dieser in der Nachkriegszeit nur noch aus kosmetischen Gründen vor die Betonfassaden geklebt wurde, hätte es laut Schmidt die Chance gegeben, den "der Landschaft angemessenen" Baustoff "zu einem Signum Hamburgs zu machen".
Nur scheinbar outet sich der Altkanzler damit als unverbesserlicher Buddenbrook'scher Kulturpessimist, der mit seinem Bekenntnis zu Stein und Mörtel posthum die gesamte Postmoderne inklusive New Economy in die Tonne tritt. Unerwartete Schützenhilfe erhält er nämlich aus der Süddeutschen Zeitung, die unter Ökologie-Gesichtspunkten eine ähnliche Breitseite gegen die zeitgenössische Architektur abfeuert, und konstatiert, dass das weitgehend aus "Planziegel XP 11" von Eder gebaute Energetikhaus 100 das ökologische Bauen weiter vorangebracht hat, als die Zunft der internationalen Star-Architekten zusammengenommen. Statt "Zurück zum Beton" könnte es demnach bald heissen: "Zurück zum Ziegel", was unterm Strich auch die bessere Alliteration ist.
CD mit 60 Fledermausrufen inklusive! Der Partyhit für Feinsinnige! (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)In der Simpsons-Folge "Brother, Can You Spare Two Dimes" erfindet Homers Bruder ein Babyübersetzungsgerät, das ihn umgehend zum reichen Mann macht. Ähnlichen Markterfolg erhoffen sich die Entwickler der diversenpraktischenGeräte zur Übersetzung von Fledermauslauten ins Hörbare. "Damit lassen sich alle heimischen Fledermausarten und auch andere Ultraschallquellen beobachten", und wenn wir irgendwas immer schon mal wollten, dann ja wohl Ultraschallquellen beobachten, wieso gibt es das noch nicht fertig ins Handy eingebaut? Man könnte mit Delfinen telefonieren und würde bei der Nierensteinzertrümmerung, Zahnsteinentfernung und Brillenreinigung nichts mehr verpassen. Man wüsste endlich, was sich die Fledermäuse so zurufen und was sie so interessiert. Noch erkennen wir's stückweise; schon bald aber werden wir sein wie die Fledermäuse und gute Insekten von schlechten unterscheiden können.