30.08.2007 | 14:35 | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Nur so zum Spass schenkte der Hörhilfenmulti Widex sich selbst zum Geburtstag ein vergoldetes und mit Diamanten besetztes Hörgerät, das auf dem freien Markt wohl so 25.000 Pfund kosten würde (Konjunktiv!). Aber es war ein Scherzartikel und einem geschenkten Scherzartikel schaut man nicht, usw. Natürlich stürzt sich auf so eine Hammermeldung (goldenes Hörgerät! mit Gold! bling!) sofort die gesammelte Bande der Blogger, als ob man dieses Ding wirklich kaufen könnte. Dabei war es nur ein teurer Spass, meine Güte, investigativer Gadget-Journalismus geht anders. So zum Beispiel: Was es nämlich wirklich bald geben wird, ist das unsichtbare Hörgerät. Klinische Tests, so erfahren wir bei der täglichen Lektüre des Journals Otolaryngology--Head and Neck Surgery, verliefen einigermassen erfolgreich. Die Prototypen von Octologics sind nicht nur unsichtbar, sondern auch wasserdicht, und zwar einfach, weil sie komplett inklusive Mikro und Batterie subkutan im Kopf eingebaut sind, eine neumodische innere Stimme sozusagen. Ein unsichtbares Hörgerät ist natürlich in vielerlei Hinsicht das Gegenteil eines goldenes Hörgeräts, denn man schenkt ihm, wie den meisten anderen unsichtbaren Dingen, keine Beachtung, was möglicherweise erwünscht ist. Eventuell ist so eine Behinderung doch kein Feature, sondern halt ein Bug.
29.08.2007 | 23:59 | Supertiere
 Wer nicht durch Steine gucken kann, sieht hier nicht mal kalten Schwanz. (Foto: Kai Schreiber) Hat man sich soeben erst voneinander verabschiedet, und erfährt man dann hintenrum, dass einem jahrelang Falsches vorgegaukelt wurde, beziehungsweise erfährt man, dass einem hintenrum jahrelang Falsches vorgegaukelt wurde, dann halten sich Faszination und Empörung die Waage. Wie kannst Du nur, kalifornisches Erdhörnchen? Wir waren Freunde, warfen Dir Nüsse zu und Du tanztest für uns auf den Wanderwegen. Aber kaum haben wir den Staat verlassen, erfahren wir aus der Hörnchenpresse dies: dass, wenn Du mit dem erigierten Schwanz wedelst, Du darin eine geheime Botschaft versteckst, aber nicht immer, und nicht für jeden. Nicht für uns und nicht für die Bullennatter, zum Beispiel, aber kommt die Klapperschlampe angekraucht, dann heizt Du den Hörnchenhintern hoch, dann glüht Dir der Schweif vor zusätzlicher Durchblutung, denn die Klapperschlampe ist ja was Besseres als wir, die Klapperschlampe sieht Infrarot, eine Superschlampe ist das, schon verstanden Hörnchen, wir gehen ja schon, beziehungsweise bleiben weg. Was soll man schon von jemandem erwarten, der Spermophilus mit Vornamen heisst. Wir haben Dich aber trotzdem lieb, kalifornisches Glühhörnchen, und sind sogar ein bisschen stolz auf Dich, aus der Ferne. Ein Infrarotschwanz! Worauf Du so alles kommst.
28.08.2007 | 23:23 | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt
 Vektorraumbasen: Wer erinnert sich noch? Die Basisvektoren (rot) spannen den dreidimensionalen Raum auf. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)  Banach-Tarski-Paradoxon: Aus eins (rot) mach zwei (auch rot). (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Während sich anderswo Leute mit wenig vertrauenserweckenden Energy-Drinks nächtelang wachhalten, um Bücher darüber zu schreiben, was die Menschheit noch nicht weiss, beweisen andere Leute Sachen, die man sowieso niemals wissen kann. Beispielshalber beweisen Mathematiker, dass es Vektorraumbasen gibt, deren Existenz zwar beweisbar ist, von denen man aber niemals wissen kann, wie sie aussehen und wie man sie überhaupt an eine Tafel schreiben soll, kurz: Dass es etwas gibt, wovon man gar nichts bis überhaupt nichts wissen kann und das für immer. Mirakulös. Solche Behauptungen kennt man sonst nur von Theologen, die sagen: Es gibt einen Gott, aber der ist ein deus absconditus, also völlig und für immer verborgen. Schuld an diesem prinzipiellen Unwissen der Mathematiker ist das sogenannte Auswahlaxiom, mit dem sich noch viel tollere Mirakel erzeugen lassen, z.B. das Banach-Tarski-Paradoxon, dem zufolge sich in bestimmten Räumen aus einer Kugel zwei neue Kugeln mit gleichem Volumen der Ursprungskugel basteln lassen. Wundersame Brotvermehrung! Mathematik löst Welthungerproblem! Bei so vielen Wundern wundert es nicht mehr, dass sich mit dem Auswahlaxiom auch die Existenz Gottes beweisen lässt, wie der Philosoph Reinhard Kleinknecht in dem Buch "Klassische Gottesbeweise in der Sicht der gegenwärtigen Logik und Wissenschaftstheorie" dartut, das allerdings nicht als PDF vorliegt und von dessen konkretem Inhalt wir hier also leider nichts wissen. Noch oder für immer.
28.08.2007 | 13:20 | Berlin | Essen und Essenzielles
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)"Der Regen wird wärmer", singt famos Der Automat und etabliert damit das Nanogenre des Antisommerhits speziell für verregnete Sommer. Und siehe da, Nanolösungen für Nanoprobleme sind das neue kleine Ding, zum Beispiel bei der Mülltrennung. Warum nur fünf Mülleimer für die Müllsorten Glas, Papier, Verpackung, Restmüll und Bio? Wo bleiben Zwischentöne und Grauwerte, wo ist gar die alte Tugend der stufenlosen Verstellbarkeit geblieben? Ein Eisladen im Superberlinerbezirk Prenzlauer Berg macht es vor und stellt sich einen Eiswaffelmülleimer vor die Tür, der mit allem, was er hat und kann, deutlich macht, welcher Müll bitteschön in ihn eingeworfen werden soll. So sieht vorbildliche, plakative Mülltrennung aus, wir brauchen auch in den Haushalten für jedes Produkt einen eigenen Spezial-Mülleimer. Der könnte ja dann auch viel kleiner sein, eventuell genau so gross wie eine normale Verbraucherverpackung. Schluss dieser fabelhaften Entwicklung wäre, dass jedes Produkt seinen eigenen Mülleimer bereits enthalten könnte. Man bräuchte dann nur noch eine zentrale Mülleimersammelstelle, das Müllproblem wäre gelöst und die Menschheit könnte sich drängenderen Problemen widmen, etwa der Gleichverteilung von regenarmen Sommern auf der Welt.
26.08.2007 | 22:45 | Berlin | Essen und Essenzielles
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Prenzlauer Berg ist der Bezirk mit der höchsten Biomarktdichte der Welt. Man kann in einigen Strassen kaum mehr aus dem Fenster aschen, ohne die organisch biologische Frischwarenauslage zu verdrecken – aber Moment! Denn die organisch biologische Gemüsesituation ist in den meisten Fällen bereits verdreckt, und zwar mit Erde, Wurzeln, Staub, und Zweigen. In Zeiten, in denen bioverfütternde Mütter glauben, Tomaten aus Holland werden in Gewächsfabriken auf Polyesterwatteböden Tag und Nacht zu Höchstleistungen gepeitscht, bekommen aber nur künstliches Wasser und genmanipulierte Hormone zu essen, in diesen Zeiten also, da ist Dreck am Stecken bzw. an der Tomate ein naturversprechendes Qualitätkriterium. Eine bekannte, soziologisch interessante Umdrehung der ästhetischen Wertigkeit – aber für Naturesswaren ein soziales Problem: Gemüse galt immer als erdverschmierter Pöbel unter dem Fruchtgut. Es kam von unten und man verzehrte es gekocht und in der Masse. Das vornehme Obst, die Herrenrasse der Nutzpflanzenapartheid, schaute aristokratisch und unverschmutzt vom Baum auf's Gemüse herab und blickte sonnenbeschienen dem Pflückvorgang entgegen, um dann ungekocht und in den meisten Fällen einzeln verzehrt zu werden.
Doch mit der Biowelle wendete sich das Blatt – denn das fürnehme Obst hatte aufeinmal keine Handhabe mehr, zu beweisen, wie natürlich es doch sei und sich gegen Fabrikgewächse abzugrenzen. Lange beriet man im Obersten Organischen Obstrat, wie man selbst auf den ersten Blick nachvollziehbar "die organische Karte ziehen" sollte (wie eine gewiefte Altaubergine es ausdrückte). Bodenhaltung vortäuschen? Eine klare Geflügeldomäne. Sichtbare Druckstellen? Undenkbar, Fallobst war praktisch gleichzusetzen mit dem proletarischen Gemüse. Die Pfirsiche wagten sich mutig vor und schlugen einen Obstrelaunch vor: eine neue, besonders organisch und individuell wirkende Formgebung. Im Kopf der Zielgruppe sollte die Verknüpfung von "natürlich verwachsenem" Obst und biologisch organischem Anbau gelingen. Die Testpfirsiche gibt es derzeit in ausgewählten Biomärkten. Ob das zugegeben radikale Vorgehen in der menschlichen Monokultur des Prenzlauer Bergs Früchte trägt, wird man sehen.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Baby in Biotonne
- Stein adoptieren
- Daniel Hechter
- Erst an die Pointe erinnern, dann anfangen was zu erzählen
SO NICHT:
- Hormocenta
- Powerpoint-Denke
- Grütze als Buchzeichen
- Baby in Mülltonne
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"I Spit on Your Grave", Steven R. Monroe (2010)
Plus: 25, 48, 49, 80 Minus: 78, 99, 140 Gesamt: 1 Punkte
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