Riesenmaschine

06.08.2006 | 00:45 | Anderswo | Alles wird besser

Where The Streets Have Yo Name


Populärkunst, bald auch in Deiner Strasse.
(Foto: Maggie loves Hopey / Lizenz)
Hipness ist für gewöhnlich nicht eine Eigenschaft, die von Gemeinderäten gemeinhin erwartet wird. Schon gar nicht in Wien, wo man vor allem damit beschäftigt ist, Plätze nach toten Professoren zu benennen und es bisher als Gipfel des kommunalen Jugendappeals galt, dass sich Planungsstadtrat Schicker offiziell von Rudolf in Rudi umbenannt hat.

Doch auf der Website der Stadtverwaltung findet man ausser Putzigem wie der Einladung zum Sammeln von Kübeln und zum Graben für Greise auch die Verkündigung, dass man im Rahmen des Stadterneuerungsprojektes Kabelwerk ein Stück Asphalt Graffitistrasse (runterscrollen) getauft und somit das "street" back in die street credibility geputtet hat. Während man in Berlin jährlich 50 Millionen Euro für die Beseitigung von Wandbesprühungen ausgibt, weiss man in Österreich längst, dass es sich hierbei um "Popularkunstwerke" (Zitat Rudi) handelt. Letztlich versteckt sich dahinter natürlich nur die übliche Gentrifizierung eines Arbeiterviertels, aber trotzdem: Respect, Wien. Schliesslich bekommt auch der tote Exbundespräsident Thomas Klestil nur eine zugige Plaza in einem schrundigen Bürokomplex am Stadtrand nach sich benannt, und darf noch nicht mal seinen Doktortitel mitnehmen.

Als nächstes böten sich diese zur Zeit an Wiens Fassaden aufpoppenden Populärkunstwerke zur Vereinnahmung an, und wenn wir uns dereinst mit dem Fiaker vom Stammbeisl nach Hause in die Space-Invaders-Gasse fahren lassen, werden wir der Stadt Wien und ihrem Kunstverständnis das nächste "Respect" entgegenlallen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Da Bürgamasta

Maik Novotny | Dauerhafter Link


05.08.2006 | 16:54 | Anderswo | Supertiere

Shuffelnde Schaumstoffschleuder


Stahlkabel um die Beine,
Softballschuss in den Nacken, Bumm. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wenn man von Berkeley nach Marin County fährt, über die Oakland Bay Bridge, sieht man die Frachtkräne über dem Hafen von Oakland hocken wie monströse Packtiere, bedrohlich und niedlich zugleich. Wo in Marin County früher Miwok-Indianer Austern knackten, befinden sich heute die Lucasfilm-Studios, in denen Lucas unter anderem die Frachtkräne und die Miwoks zu seiner Weltall-Seife veropert hat. Nimmt man nun an, dass die AT-ATs aus Star-Wars die Mütter der Manga Gundam-Kampfanzüge sind, dann sind die Frachtkräne von Oakland also die Urgrossväter des tonnenschweren LandWalker, den ein irrer japanischer Ingenieur nach Gundam-Vorbild in seiner Freizeit zusammengeschraubt hat, und den man jetzt für 3 Millionen Yen, oder rund 300.000 Euro, auch kaufen kann (Zusätzliches Video hier). Will man dem knuffigen Gerät dann aber seine unmittelbaren Vorfahren zeigen, muss man sich ein wenig Zeit nehmen, allein für die Überschlurfung der Baybrücke zum Beispiel braucht das Ding fünf Stunden. Dafür kann es dann aber auf der anderen Seite gleich ganze Serien von Schaumstoffbällen aus dem eingebauten Luftgewehr abfeuern. Take that, Frachtkräne.


05.08.2006 | 05:00 | Fakten und Figuren

Pearoefoam


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Der Erfinder des Pearoefoams ist tot, der amerikanische Künstler Jason Rhoades, starb am Dienstag im Alter von 41 Jahren an Herzversagen. Der Schüler von Paul McCarthy lernte von seinem Professor das fröhliche Umdeuten von Nahrungsmitteln. Während McCarthys Materialien Schokolade, Ketchup und Pommes Frites sind, baute Rhoades seine "perfekten Welten" auf die von den Aktionisten angerichteten Wunden, Trümmer und Müllhalden der Kunstgeschichte mit anderem Essen; z.B. seinen "Costner Complex" in Frankfurt, eine aus Zwiebeln und Kevin-Costner-Filmen bestehende Konservenfabrik, die den Messiaskomplex des ekelhaften Schauspielers durch einen gleichnamigen Skulptur-Komplex psychologisch interpretiert.

Bis Rhoades dann auf seinen eigenen Werkstoff kam, mit dem er herumkleckern konnte wie Pollock mit dem triefenden Pinsel, Nitsch mit Blut und Beuys mit Margarine: Sein Baumaterial war Pearoefoam, ein Brei aus Erbsen, Lachseiern und Styroporkügelchen. Er errichtete damit nicht nur seine Paläste und Städte, sondern verpackte ihn auch in Replikate des Waschmittels Ivory Snow, das Marilyn Chambers bewarb, eine ehemalige Pornodarstellerin, die ihr Image damit reinwaschen wollte, um auf diesem Wege Vizepräsidentin der USA zu werden. Eine Frage der Zeit, wann Christoph Schlingensief, der Kevin Costner der Zahnarztgattinnen, das risipisieske ("Der Käse "näht" es zusammen...") Pearoefoam in Bayreuth einsetzen wird.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


04.08.2006 | 14:20 | Anderswo | Alles wird besser

Chinas neue Zellen


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wenn man Zellen mit China in Verbindung bringt, dann fallen einem zunächst nur gefolterte Dissidenten und Mondbären ein. Dies jedoch ist die Vergangenheit, denn die Zukunft von Chinas Zellen wird vom MIT gestaltet: Links abgebildet ist der Entwurf für das neue Institut für "Nanobiomedical Technology and Membrane Biology" in Chengdu, entstanden durch einen Zirkelschluss aus Architektur und Molekularbiologie. Von aussen sieht es aus wie eine riesige Zelle, während es von innen genau wie eine riesige Zelle aussieht, mit Mitochondrien, Endosomen und sonstigen lebensnotwendigen Features. Vermutlich sind sogar Ionenpumpen eingebaut. Vorhersehbarerweise nennen die Erfinder das Ganze "molekulares bioarchitektonisches Design" – schon allein um sich vom in Europa seit geraumer Zeit virulenten Biomorphismus abzusetzen – und sehen in ihrer und unserer Zukunft einen neuen Trend zum zellbiologischen Gebäude. Klar ist jedoch, dass die neue chinesische Zellwelle nur dann eine Chance hat, wenn sich zunächst mal jemand einen geschmeidigeren Namen oder wenigstens ein lustiges Akronym dafür ausdenkt. Vielleicht am Stammzellentisch.


04.08.2006 | 06:21 | Sachen kaufen

Schmier dir dein Getränk in die Haare


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Es war nur eine Frage der Zeit, wann Alkopops mehr können, als blaue Zähne verursachen und das weiche Gehirn der Jugendlichen noch weicher zu machen. Nachdem Goldwell den Pudding für die Haare entwickelt hat, entschärfte Schwarzkopf seine aggressiv konnotierten und mit dem negativen Schnüfflerimage behafteten Kleberprodukte mit einer neuen Serie namens
got2b – Glanzstück, Spielwiese und Stehvermögen. Es handelt sich um Haarzeugs, dass sich in Farbe, Verpackung und vermutlich auch im Geschmack nur unwesentlich von alkoholisierter Brause unterscheidet und damit genau dort wieder anknüpft, wo sich die Strubbelpunks vor ca. 30 Jahren für besseren Halt Coca Cola in die Haare schwemmten. Heute betexten das beklagenswerte Werber so: "Pimp mich auf und steh dazu. So gibt grössenwahn Mousse und Haarspray dem Haar pompöses Volumen – mit sexy Himbeerduft und Push-up-Effekt für 'ne halbe Ewigkeit. Das fasrige Fibre Gum chaot sorgt für starken aber beugsamen Halt mit dem aromatischen Duft frischer Früchte. Optimal, um das totale Chaos zu gestalten und remodellieren. Denn Ordnung soll anderswo herrschen – nur nicht auf kreativen Köpfen!" Nein, diese Jugendlichen, süss, aber immer ein kleines bisschen gegen Ordnung. Die kreativsten und beugsamsten Köpfe unter den Haaren gestalten und remodellieren dann später mal in der Schwarzkopf-Entwicklungsabteilung.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Food & Non-Food Full Circle


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