13.08.2006 | 17:20 | Vermutungen über die Welt
 Die böse linke Hand geben geht heute klar (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Heute hat Fidel Castro Geburtstag, er wird 80 und erholt sich vermutlich von den Gerüchten über seinen baldigen Tod. Vor exakt 30 Jahren hatte der bekennende Linkshänder an seinem Ehrentag hingegen noch den Anspruch, Weltgeschichte zu schreiben, weshalb er den 13. August kurzerhand zum Weltlinkshändertag ernannte.
Und auch wenn es in der Geschichte schon viele böse Linkshänder (Jack the Ripper, Ronald Reagan, Uri Geller, Lord Baden-Powell) gab, können wir den Menschen, denen eine Laune der Natur einen angeborenen Vorzeichenfehler beschert hat, nicht böse sein. Immerhin sind auch die meisten der Simpsons-Charaktere Linkshänder, weil nämlich Matt Groening einer ist, da kann man schon ein Auge zudrücken und sogar mieseste Kalauer wie den der deutschen Linkshänderseite verzeihen, die sich der Initiative www.netzgegenrechts.de angeschlossen hat, wie stumpf ist das denn?
Zum Weltlinkshändertag freuen sich Betroffene übrigens über ein Häkeln-für-Linkshänder-Buch (Gifts for her), eine edel gestaltete Lederbrieftasche (Gifts for him) oder einen Bumerang (Gifts for children) vom Internet-Shop Anything Left Handed, der leider, anders als Ned Flanders in seinem Leftorium, keine Linkshänderkettensäge führt. Wird er vielleicht später noch, womöglich ist es dann aber auch schon egal, denn irgendwann wird es ganz bestimmt vorbei sein mit der mutmasslich vom Schweinesystem verordneten Einteilung in Links- und Rechtshändigkeit. "Dekonstruiert den Händigkeitsbegriff!" werden sie rufen, "Proclaim Trans-handedness!" Wir werden es vielleicht noch erleben. Fidel Castro eher nicht.
13.08.2006 | 00:58 | Alles wird besser | Fakten und Figuren
 Bild typähnlich (und gemeinfrei)Es ist wahrscheinlich nicht sehr gewagt zu behaupten, dass die Menschheit Bloggern in 10-15 Jahren mit etwa den gleichen gemischten Gefühlen gegenüberstehen wird wie heute Jongleuren im Park. Dabei werden unter der mühselig zusammengebloggten Lawine des jüngsten Erlebnisschrotts leider auch einige Perlen begraben; nur so ist zu erklären, dass eines der besten deutschsprachigen Blogs, vielleicht sogar das beste, nämlich das des leicht neurasthenischen, stets kränkelnden, seine Misserfolge beklagenden, mit der Welt, den Frauen, dem Schreiben, dem Marathonlauf und seinen IKEA-Vorhängen beharrlich hadernden Jochen Schmidt so wenig Beachtung fand. Kann allerdings auch sein, dass es daran lag, dass Schmidt Schmidt heisst und nur alle paar Monate einen neuen Eintrag von mehreren hunderttausend Zeichen Länge freischaltete; und das Unternehmen im Sommer 2005 ganz einstellte.
Schmidts neuer Versuch in Sachen Misserfolg ist das optisch gewohnt anspruchslose Schmidt liest Proust, sozusagen eine Quadratur der Krisis. Mehr oder weniger live sehen wir Schmidt dabei zu, wie er täglich 20 Seiten Proust liest und hofft, nach etwa 180 Tagen fertig damit zu sein.
Schmidt beginnt etwas mäkelig ("Und selbst, wenn es nicht reicht, Proust zu lesen, um Becketts Proust-Essay zu verstehen, wird man zumindest wissen, was Proust geschrieben hat. Zu wissen, was Proust geschrieben hat, ist sicher das Minimalziel einer Proust-Lektüre"), fragt sich, ob am Ende auch der Mörder verraten wird, quält sich mit Zwangsvorstellungen ("Das einzige, was stört, ist die ständig wiederkehrende Zwangsvorstellung, vom Balkon zu springen, mal sieht man sich sitzend, wie im Schwimmbad von der Kante plumpsen, mal wie beim Hochsprung mit einer eleganten Rolle über die Balkonbrüstung hechten") und wird mit der Zeit, wie nicht anders zu erwarten, immer proustähnlicher. Bis seine Lider endgültig auf Halbmast sinken und das Blog von innen mit Kork ausgeschlagen wird, ist es jedoch noch ein weiter Weg (ca. 3000 Seiten), auf dem wir Schmidt von nun an begleiten wollen.
12.08.2006 | 13:46 | Anderswo | Supertiere | Papierrascheln
 "200 Jahre später: Wegen Umweltverschmutzung mutierter Frosch"Wenn das so weitergeht mit der Umweltverschmutzung, dann werden Frösche in zweihundert Jahren da einen Scheisshaufen haben, wo früher ihr Kopf war. Das entnehmen wir jedenfalls dem vom Liaoning Science and Technology Publishing House herausgegebenen POP-Buch Nummer 13. POP-Bücher werden in China nicht von Nick Hornby geschrieben, sondern enthalten – vornehmlich gezeichnete – Vorlagen für das schnelle, selbst gemachte Plakat. Schwerpunkt von POP-Band 13 ist die Plakat- und Wandzeitungsgestaltung im öffentlichen Interesse, weshalb auch dieser Froschplakatvorschlag mit einem Appell endet: "Bitte schützt unsere grüne Erde." Gut gemeint, das Ganze, aber letztlich kontraproduktiv. Jedes Kind zumindest würde die Umwelt extra kräftig verschmutzen, käme dabei am Ende ein lustiger Scheissefrosch heraus. Die Riesenmaschine übrigens auch.
12.08.2006 | 05:19 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren
 Sieht eigentlich ganz normal aus: PlanemoNächste Woche, auf dem grossen Symposium der Internationalen Astronomischen Vereinigung (IAU), soll endlich per Definition geklärt werden, was man in Zukunft Planet nennen darf und was nicht. Was auch immer dabei herauskommt – man wünscht sich natürlich eine komplett lebensferne und komplizierte Formulierung, irgendwas mit Deuteriumbrennen, e<0.25 und Spektraltypen – die Tatsache, dass man darüber überhaupt diskutieren muss, belegt, wie erfolgreich die letzte Dekade darin war, die rassistische Trennung zwischen Sternen und Planeten aufzuheben. Vor zehn Jahren noch war alles klar, die kleinen Planeten umkreisen den grossen Stern, und sie entstehen gefälligst, wenn der Stern schon fertig ist, basta. Als die Astronomen Jayawardhana und Ivanov Anfang Juni 2006 im kanadischen Calgary vor die Presse traten, und ein paar Dinger, zwar kaum grösser als Jupiter, aber ziemlich sicher genauso entstanden wie die Sonne, kurzerhand als Planemos bezeichneten, war darum das Geschrei gross. Ein Planemo – ein "planetary mass object", das jedoch nicht einfach nur einen Stern umkreist, sondern selbständig denken und handeln oder zumindest durchs All fliegen kann. Gleichzeitig präsentierte Kollege Mohanty einen Braunen Zwerg, auch so ein Untermensch des Weltalls, der von einem Planemo umkreist wird. Wenige Wochen später dann, in einem an planemolosen Nachrichten ansonsten eher armen Sommer, zeigte die Welt da draussen uns in aller Konsequenz ein Planemo, das von einem anderen Planemo umkreist wird. Leider wird es bis zur IAU-Tagung nicht mehr klappen mit der nächsten Stufe, denn worauf wir jetzt alle warten, ist ein Planemo, das von einem Planeten umkreist wird, oder halt auch umgekehrt. Früher war irgendwie alles viel zu einfach, die Erde eine Scheibe, die Bilder vom Himmel in Öl und Mathe ging noch ohne Taschenrechner.
11.08.2006 | 17:40 | Fakten und Figuren | Zeichen und Wunder
 Wahr oder falsch ist eine Frage des Standpunkts (manchmal) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Ein Kommentar im Weblog Designboom führt direkt auf die Seite des Ambigrammdesigners John Langdon. Ambigramme sind Worte, die zweideutig sind, aber nicht vom Inhalt, sondern von der Form her, je nach dem, wie man sie liest; manche sind auch eindeutig bzw. bedeuten dasselbe, nur von beiden Seiten. Auf dem Bild hierneben zum Beispiel steht "false" und "true", dreht man das Bild aber um, steht dort "false" und "true". Ambigramme sind Palindrome mit Gewalt. Es gibt verschieden angelegte Ambigramme, etwa unsymmetrische, punktsymmetrische, gespiegelte, kreisförmige und noch einige andere. Wer also noch ein verkrampft intelligent-geheimnisvolles Logo für sich selbst sucht, weil er sich vielleicht eine Existenz als Zauberer für Kindergeburtstage aufbauen möchte, der findet hier einen Ambigramm-Generator, der mit dem eigenen Namen gefüttert typografischen Wirrwarr ausspuckt, aber immerhin von beiden Seiten zu lesen. Übrigens tauchen Ambigramme auch im so mittleren Film Da Vinci Code auf; kurz gesagt, das alles könnte irrsinnig interessant sein, wenn es nicht schon nach zweieinhalb Minuten so sagenhaft langweilig wäre. Ambigramme, Traubenzucker des Wortstoffwechsels.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Adapter (Existenz)
- Jakob Kamm
- klöppeln können (sexy!)
- Fernlicht durch Beamer ersetzen
SO NICHT:
- Schokofondue mit Käsepockets
- Vermüllungs-Syndrom (lästig)
- Abzockeria / Nepperia
- Adapter (Notwendigkeit)
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Guardians of the Galaxy", James Gunn (2014)
Plus: 15, 22, 37, 66, 72, 79, 80, 96, 123 Minus: 93, 99, 116, 134, 171 Gesamt: 4 Punkte
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