Bei der Verteilung öffentlicher Gelder, sei es im Bildungs-, Kultur- oder Wirtschaftsbereich, hat es in den vergangenen Jahren einen Paradigmenwechsel gegeben: Das lange erprobte Giesskannenprinzip (jeder Humbug wird gleichermassen gefördert, aber nichts richtig) ist auf dem Rückzug, das Leuchtturmprinzip (der glitzernde Prestigemainstream kriegt Geld für ein paar Jahrhunderte, hoffnungsvolle Kleinprojekte gehen leer aus) kommt zunehmend auf (das eher unbekannte Windhundprinzip konnte sich hingegen nicht durchsetzen). Kleinere Kultureinrichtungen müssen nun umdenken. Ob man die Fördergeldvergabestellen allerdings durch eine schlichte Benennung des eigenen Creativ-Centrums als "Neuköllner Leuchtturm" täuschen kann, ist, trotz des ausdrucksstarken Wandbilds, eher fragwürdig. Aber vielleicht klappt es ja. Bis der Rasenmähermann kommt.
Ich habe einen Fahrstuhlabsturz überlebt (Beweisfoto). (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Wenn ein zauberhaftes Gerät des öffentlichen Alltagslebens unter- oder gar geringgeschätzt wird, dann ist es der Fahrstuhl, der beste Freund des Menschen, wenn er im Rollstuhl sitzt. Fahrstühle werden zu wenig gepriesen und sind ausserhalb von Milliardenstrafen für die Hersteller viel zu selten im medialen Bewusstsein der Menschen. Einer der wenigen, die das ändern wollten, heisst Thorsten Rauser, der den intelligenten, sprechenden Fahrstuhl als Konzept schuf. Trotz aller Vorteile (Vandalisten in gewalthemmende Gespräche verwickeln, früher belanglose Liftsekunden gerinnen zum Mobile Entertainment etc.) musste er leider erkennen, dass Menschheit und Wirtschaft noch nicht reif sind für den Fahrstuhl als intelligenten Partner; das Projekt liegt auf Eis.
Vielleicht können wir es irgendwann im Online-Fahrstuhlmuseum bewundern, denn der Engländer schätzt den Fahrstuhl. Er hat schon sprachlich mehr Respekt vor dem Aufzug; Elevator, da steckt der Mensch als ewiger Eleve ebenso drin wie das erhebende Erlebnis der Transportation. Der Fahrstuhl ist klar ein quasigöttliches Symbol für die Himmelfahrt, das Paradies, jeder Lift eine Kirche, die noch dem hastigsten Hetzer einige Augenblicke stiller Andacht abzuringen vermag. Und wenn einen selbst die legendäre farbverstellbare Treppenliftsimulation nicht mehr froh stimmt, so bleibt der Lift wenigstens immer noch eine schmerzhaft plumpe Metapher für das Leben an sich: Es geht rauf und runter; wie hoch man kommt, hängt vom Geburtshaus und vom Drücken der richtigen Knöpfe ab; die meisten Menschen, denen man sein Innerstes offenbart, benutzen einen nur, um weiterzukommen; und irgendwann ist Schicht im Schacht.
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Es verschwindet zunehmend, das in den engen ostasiatischen Hotels statt Fluchttreppen das Zimmer zusätzlich möblierende Seil. Heutzutage findet man immer häufiger, gerade in neu errichteten Hotels zwar wieder keinen Fluchtweg, sondern diesmal im Kühlschrank eine kesse Kapuze, sie verträgt 1200 Grad, wichtig wenn man sich gerade die Haare hat machen lassen, für die Oper beispielsweise. Noch nicht so häufig hingegen gesehen wurde die neuartige Brandbekämpfungsblume der Firma Morita, mit der man das Feuer ausprügeln kann. Die Japaner nun wieder, typisch Honne, am Ende wollen sie mit dem Feuer spielen, es streicheln, oder mit in die Oper nehmen.
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.) Der niederländische Handelsstützpunkt Rockingstone bietet neuerdings ein attraktives Gadgetratespiel im Internet an. Wer selbst auf die Lösungen kommen möchte, kann hier ruhig weiterlesen, denn wir verraten natürlich weder, welche 8 Funktionen das Trinkglas mit 8 Funktionen hat, das von aussen eigentlich nur nach "Flüssigkeit einfüllen" und "austrinken" aussieht, noch was ein Heebeegeebee darstellt. Es ist auch nicht offensichtlich, welche Art "magnetische Aktion" in einem USB-Aquarium am Werk sein könnte (Geheimtipp: Aale verfügen über einen Magnetsinn, aber sind das noch Fische oder schon Würmer?). Für alle, die mit derart Schabernack nicht zurecht kommen, bietet Rockingstone gleich zwei Auswege: Entweder gar nicht selbst rätseln, sondern alle Kaufentschlüsse über den formschönen, batteriebetriebenen Decision Maker abwickeln (siehe Bild). Oder aber einfach zusammen mit den Worry Dolls in den Schlaf weinen. Die Vergadgetung aller Lebensbereiche, das muss unser Auftrag sein.
Auch positive Vorurteile über fremde Länder sind Vorurteile und als solche strikt abzulehnen. So stimmt es gar nicht, dass in Japan alles viel schneller geht als anderswo, oft werden einfach nur japanische Aufnahmen in doppelter Lichtgeschwindigkeit abgespielt. In Wirklichkeit hat der Fortschritt in Japan vier kleine Füsse, auf denen er beschaulich einherwackelt. Aus dem Japan-Aufklärungsblog Tokyo Times erreicht uns der Hinweis auf das vorbildlich entschleunigte Banei-Pferderennen, bei dem 500-Kilo-Gewichte durch pferdeknöcheltiefen Sand und über Hindernisse geschleppt werden müssen. Unerleuchtete westliche Pferderennveranstalter können aus diesen Bildern lernen, dass es nicht auf jede Tausendstelsekunde ankommt im Leben. Und dass Slow Food nicht aus Tieren hergestellt werden kann, die ein hastiges und unstetes Leben geführt haben (Geparden, Heuschrecken), sondern nur aus der gelassenen Schnecke, dem besonnenen Rennpferd, hat der findige Japaner, Freund des Kirschblütenfleischs, sicher auch längst gegneisst.