30.08.2005 | 11:32 | Berlin | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Mehr etwas für die Hohlspiegel-Ecke, wenn man kapiert hat, was Berlins dümmste Zeitung uns da heute eigentlich mitteilen und anpreisen will. Wenn nicht, kann man gut und gerne schon mal minutenlang vor dem Aufsteller verweilen und in meditatives Grübeln verfallen, was für rätselhafte Genüsse sich da wohl im Rahmen der großen Telefon-Aktion mit dem Abnehmen des Hörers einstellen mögen.
29.08.2005 | 11:47 | Berlin | Was fehlt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Für einen Moment der erwartungsfrohen Starre dachten wir, dass die hier bereits erwähnten neuen Konservativen elegant eine der letzten linken oder wenigstens proletarischen Bastionen im Sturm eingenommen hätten: Street Art nämlich. Einen Augenblick lang hatten wir sogar herbeigesehnt, dass hier der Beweis erbracht wurde für die Existenz des humorvollen, aktivistischen Wertkonservativen, der akzeptiert hat, dass Kunst im öffentlichen Raum irreversibel Teil des urbanen Lebens geworden ist und nun einen ästhetischen Gegenentwurf wagt. Ja, für eine Sekunde träumten wir bereits von Horden von Schwarzstuckateuren, die nachts Häuser mit Überraschungserkern, Dächer mit heimlich aufgebrachten Zinnen und Zugabteile mit barock-verspielten Echtholzintarsien verzieren würden. Dann riss ein Plakat uns in die traurige Realität zurück: die Gipsrosette an der Hauswand ist eine Werbemassnahme der Firma Stuckdiscount, die in diesem grauen Haus ansässig ist. Es wäre auch zu schön gewesen.
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27.08.2005 | 22:19 | Berlin | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Einerseits: Hat sich die Gattung des frivolen Wortspiels ihren miserablen Leumund redlich verdient. Weiterhin einerseits: Ist das private Umgestalten von Wahlplakaten eine unrettbar tief gesunkene Kulturleistung. Dahin sind die goldenen Zeiten, als der junge Heinrich Heine nach Erlöschen der Straßenlaternen durch die nachtschwarze Stadt schlich und die verlogene Wahlpropaganda der herrschenden Klasse mit seinem unvergleichlich kostbaren, Eleganz und Schärfe vermählenden Witz zur Kenntlichkeit entstellte ("Friedrich Wilhelm III – ein guter König Hanswurst und Hundsfott für Preußen!"). Und heute? Ach ja, heute. Heute machen Verballhornungen die Runde, die nicht viel mehr beweisen, als dass sich der Niedergang des Bildungssystems bereits im Volkshumor abzeichnet. Insofern ist die Initiative der SPD, vorkonfigurierte Plakate in Umlauf zu bringen, nur konsequent. Einerseits.
Aber anderseits! Andererseits haftet dem Großplakat am Kottbusser Tor in Kreuzberg in seiner mit minimalistischen Mitteln herbeigeführten Neugestalt etwas durchaus Erhellendes, Stringentes, ja Zwingendes an, selbst aus der Perspektive der SPD-Wahlkampfleitung. Denn da die überklebte Friedensbotschaft nicht zur erhofften Masseneuphorie geführt hat, müssen ohnehin auf Deibel komm raus neue Themenfelder erschlossen werden. Was aber tun, wenn von der Wirtschaftskompetenz bis zur Gesundheitskompetenz in so ziemlich jedem Kompetenzbereich die Herausforderin für kompetenter gehalten wird? Man tut gut daran, sich auf Sachgebiete zu verlegen, die nur unter äußerstem Widerwillen in Verbindung mit Angela Merkel gedacht werden können. Also geht möglicherweise just von diesem einen Plakat der Funken aus, der den Regierungsparteien doch noch den Machterhalt sichert, indem es die niemals ernstlich in Zweifel gezogene Potenzkompetenz des Kanzlers ins Spiel bringt.
Weiterhin zu loben ist der geglückte Versuch, eine Spruchweisheit vom Kopf auf die Beine zu stellen. Nicht etwa Freundlichkeit, wie es der in diesem Fall ungewöhnlich weltfremde Volksmund behauptet, ist die conditio sine qua non des Vollzugs, nein: letztlich läuft, und daran zu erinnern ist verdienstvolle Leistung, doch alles hinaus auf und nichts ohne die gute, alte Standhaftigkeit.
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27.08.2005 | 14:53 | Berlin | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Tatsächlich Rätsel gibt uns dieses merkwürdigste aller merkwürdigen Wahlplakate der Linkspartei auf. Und nicht nur uns scheint es so zu gehen. Im Feuilleton der Berliner Zeitung von heute befleißigt sich Christian Esch der Bildexegese, mutmaßt, ob das Flächenverhältnis von Schwarz und Weiß die Machtverteilung zwichen Ost und West innerhalb der Partei wiederspiegeln soll, und attestiert Gysi nicht ganz weit hergeholt die "Verzückungspose des Barock". Unsere spontane Ausdeutung des Plakates hätte gelautet, dass Lafontaine überraschen verstorben ist (ergo der schwarze Hintergrund), Gysi daraufhin in den Fußstapfen Alfred Bioleks, dem er sich ohnehin immer mehr anverwandelt, aus seinen sterblichen Überresten ein Gulasch zubereitet hat, welches er dem Wahlvolk jetzt als schmackhaft anpreist. Jedenfalls hätten wir die Metabotschaft des Plakates irgendwo im Koch-und-Kellner-Kontext verortet.
Laut Urheber ist die Wirklichkeit jedoch mal wieder sehr viel schnöder. Das Bild sei auf dem ersten gemeinsamen Fototermin entstanden und dokumentiere lediglich, dass sich die beiden bestens verstünden (was allerdings noch nicht hinreichend Lafontaines Überlebensgröße erklärt). Parteisprecher Hendrik Thalheimer sieht auf Nachfrage der Berliner Zeitung die Provokation darin, dass hier Politiker mal nicht glatt und kämpferisch gezeigt werden, sondern als Menschen, die Spaß hätten: "Keine andere Partei würde sich so ein Bild trauen." Dem freilich ist kaum zu widersprechen.
26.08.2005 | 18:32 | Berlin | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Hin und wieder beschleicht den Grossstadtbewohner der Verdacht, gewisse staatlich geförderte Kunst- und Medienprojekte dienten insgeheim und primär dazu, dem Staatsbürger den Drogenkonsum zu verleiden oder doch zumindest eine gewisse vogelscheuchengleiche Wirkung auf Menschen unter dem Einfluss illegaler Chemikalien zu entfalten. So sollten etwa Paddelbootfahrten im Kreis Lübben derzeit ausschliesslich nüchtern unternommen werden – Maja Nagelowas nebenstehend abgebildeter Installation "Augenweide" im Rahmen der Aquamediale möchte man nicht in psychisch labilem Zustand begegnen, ebensowenig wie dieser Hauswand in Kreuzberg oder dieser Skulptur in Berlin-Mitte. Vermutlich handelt es sich dabei um neue Auswüchse der Städteplanungstheorie einer Kriminalitätsprävention durch Design. Irgendwo konzipiert und koordiniert eine Zentralstelle diese Installationen; vermutlich ist es dasselbe Amt, das auch für die Verhinderung des öffentlichen Schlafens sorgt, und dafür, dass man in Städten nirgendwo sitzen kann. Interessant, dass mit Humphry Osmond gerade ein Vorreiter dieser "Socio-Architecture" seine Erkenntnisse (u.a. über die Inneneinrichtung von Nervenheilanstalten) zum Teil durch den Konsum halluzinogener Drogen gewann. Damals, als die Seen noch keine Augen und die Bäume keine Ohren hatten, ging so was eben noch.
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"Where the Truth Lies", Atom Egoyan (2005)
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