Riesenmaschine

26.11.2005 | 12:17 | Sachen kaufen

Anorganisches, Unironisches


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

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Es genügt offenbar nicht, dass hier Produkte verherrlicht werden, nein, der anspruchsvolle Leser fordert ihre klare und unironische Verherrlichung. Geh doch, wo Ciao und Dooyoo wohnen, ist man versucht, zu entgegnen, aber da Leserfreundlichkeit hier wie so viele andere Wörter gross geschrieben wird: Hier gehen wir.
In manchen Teilen der Welt herrscht ja schon wieder Winter, und die Feuchtigkeitsfeinabstimmung von Wohnungen und ganzen Körperteilen versagt. Anstatt sich mit gleisnerischen Bio-Mandelölprodukten einzucremen, die angeblich sekundenschnell bis in die Knochen einziehen, kann man sich auch mit Neutrogena Handcreme, anders als der Name vermuten lässt, überall da einschmieren, wo es not tut. Das unparfümierte Konzentrat aus reinen Erdölabfällen denkt nicht im Traum daran, einzuziehen, sondern polymerisiert vielmehr im Lauf der nächsten dreissig Minuten allmählich zu einer allersorgenledigmachenden Schutzschicht aus – keine stundenlange Schmierigkeit, kein albernes Nachcremen. Neutrogena sollte vielleicht über eine Werbekampagne entlang der Linien "Ein guter Liebhaber will auch nicht gleich bei dir einziehen" nachdenken. Apropos Liebhaber: In Notfällen und mit Wasser verdünnt taugt die Handcreme auch ganz leidlich als Gleitmittel.
Besser wäre natürlich, man hätte sich rechtzeitig mit einem dedizierten Gleitmittel eingedeckt; und auch hier stellt sich heraus, dass man die naturverbundenen Konkurrenzprodukte getrost in der Pfeife (auf Wasserbasis) rauchen kann, vergleicht man sie mit ihren anorganischen Brüdern, den Silikonölen (gängigste Darreichungsform: Eros Bodyglide von Pjur). Die Superness von Silikonöl-Gleitmitteln kann gar nicht genug gepriesen werden: sie trocknen niemals ein, schaden keinem Kondom, schmecken nach nichts und können alles. Nebenbei kann man damit schadlos z.B. sein Fahrrad ölen.
Aber bleiben wir noch kurz beim nackten Menschen: Diesen Zustand kann man geschmeidig nutzen, um das Organische noch ein bisschen weiter in seine Schranken zu verweisen: nämlich unter Zuhilfenahme eines kompetenten Chlorreinigers. Kleidung, die man dabei trägt, sieht sonst hinterher aus, als wären die 80er noch nicht ganz zu Ende. Es gibt also gute Gründe für das Nacktputzen, und wer je einem so preiswerten wie tatendurstigen Chlorreiniger dabei zugesehen hat, wie er binnen Sekunden den Abwasch vom vorigen Jahr erledigt, der erkennt, dass es auch gute Gründe gibt, auf Handschonendes, Melisseduftendes mit aussterbenden Tiermotiven zu verzichten. Nachdem es seine Pflicht getan hat, zerfällt das verwendete Natriumhypochlorit übrigens zu unschuldigem Wasser, Sauerstoff und Salz.
Einerseits. Andererseits gibt es im Universum vermutlich etwas mehr Anorganisches als Organisches. Ist es da nicht unsere Aufgabe, den Schwächeren zu schützen, den Schimmelpilz in der Dusche zu hätscheln und, ach, Schnauze voll, Sie verlassen jetzt den unironischen Produktverherrlichungssektor.


25.11.2005 | 21:47 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Ein schöner Tag in der Firma


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Als aber die Diskussion um das Dosenpfand wieder ein bisschen abgeebbt war, da warf irgendwer einen Blick ins Gesetz und sagte: "Scheff! Wenn wir in die Dose gar kein Getränk füllen, sondern irgendwas anderes, sagen wir Katzenstreu, oder Klopapier oder meinetwegen belgische Pralinen, dann kostet das gar kein Dosenpfand! Das wäre zwar kompletter Blödsinn, aber ich sag ja nur: theoretisch!" Und jemand anders schneuzte sich in ein Robbenbaby und sagte: "Die Dosen stellen wir dann total sinnlos ins Kühlregal, das wir mit Atomstrom aus der Ukraine kühlen, weil: ist ja eh schon egal!" Und schon bekamen die beiden lustig blinkende rote Leuchthörner zum Aufsetzen und die Goldene Mitarbeitergabel des Monats. Herzlichen Glückwunsch!

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein Plakat entsteht


24.11.2005 | 17:11 | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Neuer Wein in alten Schläuchen


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Selten wurde ein Produkt so schnell entwertet wie der tragbare MP3-Spieler. Inzwischen läuft jeder Spacko mit einem Ipod herum, Distinktionsgewinn via weisser Ohrhörerkabel ist nicht mehr zu erzielen, weil der Ipod Shuffle von wirklich jedem Taschengeld bezahlt werden kann. Hilft also nur die Flucht zurück in das Gegenkonstrukt, das da lautet: Size does matter! Was bedeutet: MP3 – gerne, aber bitte nicht miniaturisiert. Zeit also, sich das inzwischen durchaus abgehangene Rebraun-Objektarium mal wieder genauer anzuschauen.

Für lockere 12.000 Euro bekommt man eine MP3 Jukebox inklusive Server und WLAN, eingebaut in eine alte Braun-Kompaktanlage, deren Design 1962 entworfen wurde und bis heute (bzw. mehr denn je) wegweisend ist. Wem das noch zu stylish ist bzw. wer insgesamt von der Denke her eher dem Saab 9000-fahrenden C4-Professor zuzuordnen ist, der bekommt bei Bootleg-Objects vergleichbare Technik in einem Bang & Olufsen – Retro Design. Fein.


24.11.2005 | 16:12 | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Le Snack Brainwash


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Auf den ersten Blick ist dieser in einem französischen Kaufhaus erworbene Fernsehsnack ein ganz normales Convenience Produkt: In handliche Stückchen gepresste Fischeiweissmasse, ansprechend verpackt. Doch spätestens beim Verzehr wird klar, dass es sich hier um ein ideologisch hochinteressantes Produkt handelt: Während die extrem leckeren Fischstückchen auf der Zunge zergehen und die Mayonnaise aus ihrem Geheimversteck im unteren Teil der Dose hervorgezerrt wird, vergisst man als Erstes, dass dieses Produkt eigentlich japanischen Ursprungs ist. Nach dem dritten Stück überschreibt "Mini-Bat" das Wort Surimi im Langzeitspeicher des Gehirns. Und beim letzten Bissen hält man es für eine Lüge der Medien, dass in Pariser Vororten Autos angezündet werden. "Jamais!" denkt man sich, während man die Mayonnaisedose ausleckt. "Das ist nicht möglich in einem Land, in dem sogar Fertigmayonnaise eine Garage hat."


24.11.2005 | 14:49 | Anderswo | Alles wird schlechter | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Der Müsli-Kaiser von China

Traditionell wird im Land der Chinesen (China) schön ungesund gefrühstückt: Süss oder salzig gefüllte Teigbällchen (Bao Zi), mit diversen Ingredienzien aufgepeppter Reisporridge (Zhou), frittierte "Ölstangen" (You Tiao) oder eine schlichte Nudelsuppe (Mian Tang). Dazu reicht man bisweilen wurstartiges, weisses Pappbrot (Mantou).
Offensichtlich passt das der Internationale der Müslifresser und Cerealienfreaks nicht, die traurigerweise auch unter den Riesenmaschineautoren ihre Agenten hat. In China wird sie neuerdings durch die Beijing The Cereal Way Food Technology Development Co. Ltd. vertreten. Seit ein paar Wochen "wirbt" das Unternehmen für ein Produkt, das man ganz unverblümt "Kampfplatz der fünf Getreidesorten" nennt. Auf den Plakaten herrscht der Schauspieler Chen Bao Guo die traditionellen chinesischen Frühstücker an: "Sagt nein zu Frittiertem – bleibt gesund!", andernfalls – so muss man es wohl interpretieren – er ihnen vermittels seines Baseballschlägers die Gesundheit einzuprügeln gedenkt.

Und Chen Bao Guo ist hierzulande nicht irgendeiner. In der 58-teiligen und sechs Millionen US-Dollar teuren TV-Serie "Han Wu Da Di" ("Grosser Han-Dynastie Kaiser Wu") spielt er den Kaiser persönlich, der eigentlich Liu Che (156 – 87 v. Chr.) hiess und den Beinamen Wu für seine kriegerischen Verdienste erhielt. Der Müslifresser – ein lascher Peacenik? Die hiesigen Werber glauben anscheinend, es sei an der Zeit, dieses internationale Trugbild zu korrigieren, respektive in China gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dabei haben sie ungewollt sogar Recht, denn letztlich kann man vor dieser gefährlichen Sorte Mensch gar nicht drastisch genug warnen.

Allerdings scheuen die chinesischen Cerealien-Warlords bisher die offene Feldschlacht. Wer die Schriftzeichen in und ums Plakatausrufezeichen genau studiert, wird feststellen, dass es sich beim propagierten "Kampfplatz der fünf Getreidesorten" immer noch um eine Nudelsuppe handelt, allerdings eine, die "Gesunde Instant-Nudeln – 100% nicht frittiert!" enthält. Beruhigend liest sich auch, was die Beijing The Cereal Way Food Technology Development Co. Ltd. sonst noch so unter dem Label "The Cereal Way" vermarkten möchte: Neben Schokolade, Backpulver und Senf auch künstlichen Kaffee, Eiscreme und Mondkuchen. Das nun klingt tatsächlich nach einem richtig leckeren Frühstück.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Lob des Schlabberfrühstücks und des Internets

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


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