25.05.2007 | 12:19 | Alles wird besser | Alles wird schlechter
 Leicht fehlerhafter Schöpfungsnachbau. (Foto: bmelcher) (Lizenz) Wer in einer schriftlichen Prüfung sitzt und schwitzt, tut gut daran, sich daran zu erinnern, dass das Abschreiben eins der fundamentalsten Naturprinzipien ist – neben Gravitation, Uhu und Schnurgummis. Genauer gesagt ist es die unvollkommene Kopie, die die Evolution vorantreibt, Bücherregale mit vermeintlich neuen Ideen vollmacht und aus zwei alten und halbkaputten Menschen einen blitzblanken jungen macht. Der dann wiederum von anderen jungen Menschen kopiert: Musikdateien, Kleidungsstile und Antworten in Prüfungen; der ewige Kreislauf der abschreibenden Natur. Man könnte sogar der Ansicht sein, die Differentialgleichungen der physikalischen Naturgesetze seien nichts als die kontinuierliche Variante eines Bündels diskreter Anweisungen, wie aus einem Moment der jeweils nächste herzustellen sei: durch fehlerhaftes Abschreiben nämlich.
Weil nun aber so viel in der Welt auf einer Variante der stillen Post beruht, kann man durch eine Untersuchung von Kopierfehlern eine ganze Menge herausfinden. Die Fehler, die beim Kopieren der DNA gemacht werden, lassen sich als Molekulare Uhr zum Datieren evolutionärer Divergenz benutzen, die Tippfehler, die sich in Bibliographien wissenschaftlicher Artikel einschleichen, erlauben Aufschluss darüber, wie viele der zitierten Aufsätze tatsächlich gelesen wurden (ungefähr ein Fünftel), und wie viele aus anderen Artikeln abgeschrieben (ungefähr vier Fünftel). Und in der Popkultur können, einer neuen Studie zufolge, einfache Kopiermodelle das Auftreten von Moden und die Dynamik von Hitparaden weit besser erklären als ein Pulk von Trendforschern und Systemtheoretikern, den man an einen Schnurgummi geklebt und von einer Brücke geworfen hat.
24.05.2007 | 20:11 | Berlin
Das Kottbusser Tor ist der angesagteste Ort in Berlin für das, was man in Mitte nur von Donnerstag Abend bis Sonntag Mittag macht: in der Sonne herumlungern und Bier trinken. Vielerlei Menschen halten den dauernden Aufenthalt in der Sonne jedoch für wenig ratsam. Leuten, die ihr Leben lang auf der Strasse stehen, statt im Büro zu sitzen, wird gerne Verwahrlosung attestiert, man würde ihnen gerne helfen, auch mal vor einem Computer zu sitzen, damit sie was aus sich machen.
 Treffpunkt am Ende (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Dabei haben die immer gutgelaunten Leute vom Kottbusser Tor ihren Alkoholkonsum vorbildlich zum Wohle der Allgemeinheit eingesetzt. Der abgebildete Radweg ist aus Kronkorken in den Asphalt gedrückt. Bei bbbike ist er allerdings nicht verzeichnet.
24.05.2007 | 02:35 | Anderswo | Alles wird besser
 "Fog enhancement" in Schottland (Foto: Kathrin Passig)Irgendwann vor langer Zeit in einem Buch hat Old Shatterhand Regen in der Wüste erzeugt, mit blossen Händen (praktisch). Seitdem ist nicht viel passiert in der weltweiten Kontrolle des Wetters, dem dreizehnten Reiter der Apokalypse. Stattdessen jammern die Leute und behelfen sich mit Mikrokompromissen, sogenannten Klimakonferenzen oder Regenschirmen. Wie immer ist in einem einzigen Land, dem Paradies auf Erden, alles anders. Die Rede ist natürlich von China, und wenn man schon einen gewaltigen Staat auf der Prämisse aufbaut, man könne die Menschen ändern, wenn man nur die Gesetze entsprechend einrichtet, dann ist nicht überraschend, dass man, mit den Menschen soweit fertig, damit beginnt, das Wetter zu verbessern, mit Chemiebomben, Wolkenabwehrraketen und mehr als 30.000 Wetterinfanteristen. Chinas meteorologische Behörde definiert in den bereits 2002 (da mussten wir noch Schnee schippen!) verabschiedeten Wettergesetzen, was sie darunter versteht: rain or snow enhancement, hail suppression, rain suppression, fog dispersal, or frost protection. Seit 1999 hat China angeblich 250 Mrd. Tonnen Regen hergestellt, und eine halbe Million Quadratkilometer Land sind hagelfrei. Keine Klassengesellschaft, dafür Bärengalle, keine ekelhafte Freiheit, dafür Zensur und saubere Propaganda, kein Hagel, kein Frost, dafür Olympische Spiele. So lässt es sich leben.
Jetzt will China die Bemühungen um das chinesische Wetter zentralisieren, um künftig auch Regenschirme verbieten zu können (liebes China, das Letzte war ein Scherz, bitte nicht übelnehmen). In diesem Zusammenhang dringt ans Tageslicht Kunde vom neuesten Projekt: Man plant die Verhinderung von schlechtem Wetter für die Olympiade 2008 in Peking. Nähert sich eine Wolke dem Stadion, so wird man sie vernichten, bevor sie ihr Ziel erreicht. Das ist spektakulär kompliziert, wie Experten weltweit zugestehen. Anderswo ist man ja noch nichtmal in der Lage, ein Flugzeug zu vernichten, das in eine Wolke fliegt.
23.05.2007 | 22:33 | Nachtleuchtendes | Sachen anziehen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Wenn es um die Berichterstattung über Nachtleuchtendes und Pelziges in einem geht, verfügen wir leider über weniger freien Willen als Fruchtfliegen. Wer sich mehr gesellschaftliche Relevanz in der Riesenmaschine wünscht, darf weder weiterlesen noch diesem unaussprechlich belanglosen Video 2:41 Minuten seiner Lebenszeit opfern. Es gibt wirklich keinerlei Rechtfertigung für die Erwähnung, ach was, Existenz der leuchtenden GlowFur-Pelzprodukte, Pelztragen wird dadurch nicht akzeptabler, und Anziehsachen mit Batterien darin waren Unfug, sind Unfug und werden noch ein paar Tage Unfug bleiben. Aber ... sie sind pelzig! Und sie leuchten im Dunkeln! Und man kann sich für nur 790 US-Dollar einen kaufen und damit nachts im Stadtpark knurrend durchs Gebüsch streifen! Und sie leuchten im Dunkeln und sind pelzig! Entschuldigung. Ist uns so rausgerutscht.
23.05.2007 | 12:18 | Berlin | Alles wird besser
 Onkel King aus Amerika hat die Zeichen der Zeit allerdings noch nicht erkannt und macht auf Superlativhuldiging. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Wer auf einem Konzert klatscht und johlt, wenn der zweite Titel der aktuellen CD anklingt, ist unabhängig von der Musikrichtung nur Deutschrockfan. Echte Aficionados stehen mit versteinerter Miene in Kleingruppen hinten und huldigen ihren Lieblingen, indem sie das Abspielen von B-Seiten bemängeln und sie früher besser fanden, also noch früher als die mitteralterlichen Groupies in der Mitte vorne. Das Zeigen von Interesse wird allgemein überschätzt.
Es freut, dass zurückhaltende Begeisterung mittlererweile auch von Anbietern wahrgenommen und im eigenen Programm reflektiert wird. Die im Juni in Berlin startende Pferde-Show Cavalia wirkt zwar auf den ersten Blick wie eine abgekartete Grossveranstaltung für Touristen im Geiste ("Noch nie wurde das besondere Band zwischen Mensch und Pferd so prächtig und innovierend dargestellt"), doch auf den Plakaten in der Stadt wird zuvorderst mit dem begrenzten Engagement geworben – da muss jemand mitgedacht haben. Vielleicht könnte man hingehen und schauen, ob Famoso, der Lusitanierhengst einfach keinen Bock hat, affig herumzustelzen, was dem Herrn Direktor aber herzlich egal ist, und ob nach 40 Minuten Schluss ist (wg. Weltmeisterschaft in irgendwas). Begrenztes Interesse ist aber auch eine Lösung.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
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"Where the Truth Lies", Atom Egoyan (2005)
Plus: 21, 36, 39, 40 Minus: 72, 73 Gesamt: 2 Punkte
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