25.01.2006 | 13:53 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser
 Feurio! Miniatur von Johannis Skylitzes, 11. Jhdt. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Dass sich die Moderne auf dem Konto der Kriege einige Grausamkeiten gutschreiben lassen darf – keine Frage. Aber man sollte die Altvorderen aus Athen, Rom und dem arabischen Raum in diesen Dingen nicht unterschätzen, man täte ihnen arg unrecht. Denn was Nixons amerikanische Truppen im Vietnam mit Napalm-Brandbomben vollbrachten, das konnten zum Beispiel die Byzantiner schon 1300 Jahre zuvor: Eine vom griechischen Alchemisten Kallinikos erfundene, brennbare und vor allem nicht löschbare Paste aus Petroleum, Salpeter, Schwefel und Harz vernichtete ganze Seeflotten – vor allem die der Araber, die sich zwischen 674 und 678 bzw. 717 und 718 zweimal an der Belagerung Konstantinopels versuchten. Die heute als Griechisches Feuer bezeichnete Waffe wurde entweder durch Siphone, also vorzeitliche Flammenwerfer, auf die gegnerischen Schiffe gefeuert oder in Töpfen dorthin geschleudert, setzte die Schiffe in Brand und stellte die Besatzung vor die schwierige Wahl des Todes durch Ertrinken oder Verbrennen. Der grosse Fortschritt von Napalmbomben, die nach einem sehr ähnlichen Prinzip funktionieren, bestand später lediglich darin, dass nicht mehr die Schiffe, sondern einfach gleich die Gegner selbst angezündet werden konnte. So einfach lässt sich die Moderne die Butter in Sachen Grausamkeit dann eben doch nicht vom Brot nehmen.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wunderwaffenwoche in der Riesenmaschine
25.01.2006 | 09:11 | Anderswo | Fakten und Figuren
 Ein Stück Schweiz (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Es ist immer tragisch zu sehen, wenn mit viel Aufwand erstellte, analoge Dinge wärend der Bauphase bereits digital überholt werden. So war es mit der neuen Zürcher Börse, die nach ihrer Fertigstellung gar nicht erst in Betrieb genommen wurde, weil der klassische Börsenring durch den digitalen Aktienhandel ersetzt war und ganz ähnlich ging es dem FASIP der Schweizer Armee. Der Fahrsimulator Panzerhaubitze ist irgendwo zwischen Zinnsoldat und Counterstrike anzusiedeln, er entstand am Übergang von analoger zu digitaler Kriegssimulation, und es war bei Inbetriebnahme bereits klar, dass Computersimulationen in kürzester Zeit Besseres leisten würden. Doch da war es natürlich zu spät, die ca. 9 auf 3 Meter grosse Modellandschaft im Massstab 1:300 – angeblich einer typischen Schweizer Landschaft nachempfunden – war da schon gebaut und ein Tastschuh mit Minikamera darüber aufgehängt. Der Tastschuh übertrug die Geländeform auf eine hydraulisch bewegte Fahrerkabine, und die Kamera lieferte die Bilder dazu. Nach Zeugenaussagen war die ganze Sache unbrauchbar: die Bilder unscharf und verwackelt, ein unrealistisches Fahrverhalten, unkontrolliertes Kabinenschütteln und Seekrankheit beim Fahrer, und das bei Kosten in Millionenhöhe. Konstruktionsbedingt konnte auf dem Geländemodell immer nur ein einziger Panzer verkehren, so dass man nicht nur einen, sondern gleich zwei FASIPs baute, damit dereinst, beim Abschluss der zweiten Bauetappe des Ausbildungszentrums Ost (2001), auch sicher genügend FASIPs zur Verfügung stehen würden. 2001 allerdings lieferte längst jeder Heimrechner eine realistischere Simulation einer Panzerfahrt. Der FASIP war ausser einer interessanten Manifestierung des helvetischen Selbstverständisses – es gibt Wälder, es gibt Felder, es gibt Dörfer und einen Pass, aber Städte fehlen völlig – längst nur noch rührend, um nicht zu sagen lächerlich. Dies umso mehr, als das simulierte Gerät, die Panzerhaubitze m109 damals bereits 40 Jahre alt war und vom Vietnam über den Yom-Kippur bis hin zum Golfkrieg ganz unrührend seinen Dienst tat. Die Schweizer Armee scheint diese Gefahr erkannt zu haben und hat alle Spuren des FASIP aus dem Netz getilgt. Ausser in einem Zeitungsartikel (und hier natürlich) gibt es keine Bilder im Netz und auf den Seiten der Schweizerischen Armee nur den bescheidene Hinweis 'gewisse Ersatzteile seien nicht mehr lieferbar'.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wunderwaffenwoche in der Riesenmaschine
24.01.2006 | 16:03 | Berlin | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder
 Weil es geht. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Morgen ist Powerpoint Karaoke im NBI. Das NBI ist ein Veranstaltungsort in der Kulturbrauerei in Berlin Prenzlauer Berg, Schönhauser Allee 36. Powerpoint Karaoke dagegen ist das, wonach es sich anhört, nämlich eine Veranstaltung, bei der Freiwillige ihnen völlig unbekannte Präsentationen vor dem Publikum halten müssen. Dabei handelt es sich um nichts weniger als absolut zufällig per Google aus dem Netz zusammengecasteten Powerpointhorror. Wer freiwillig mitmacht, hat nicht nur zum Beispiel die Wahl zwischen "Kleine Geschichte des Kiefernholzmöbels" und "Die ATR-Systemik inverser Pliasmen", sondern bekommt auch den ganzen Abend lang Freiwodka. Über das Gesehene urteilt eine Jury, die unter anderem aus dem Supatopcheckerbunny, dem Hilfscheckerbunny und anderen Experten der Oberfläche (aber auch des Tiefgründigen!) besteht. Zwei dieser Experten haben in der Berliner Zeitung ein erhellendes Interview gegeben. Die Riesenmaschine empfiehlt stärkstens, morgen, am Mittwoch um 20.00 Uhr (pünktlich!) ins NBI zum Powerpoint Karaoke zu kommen, schon allein, damit man am Donnerstag auf dem Schulhof / in der Agenturküche mitreden kann.
24.01.2006 | 11:02 | Fakten und Figuren
 Todbringendes Schleudern: Populär damals... (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)An einem Mittwoch vor vielen tausend Jahren standen sich auf einem Hochplateau in der afrikanischen Savanne zwei halbnackte Wilde gegenüber, nennen wir sie Kain und Abel. Beide ausgemergelt, der Schweiss rinnt ihnen vom stark vorgewölbten Stirnknochen, beide einen faustgrossen Stein in der rechten Hand, wurfbereit. Zwischen ihnen ein halbverwestes Gnu, genug Nahrung für die gesamte Rotte, die in der Höhle im Bildhintergrund vor sich hinhungert. Kain hebt den Arm zum Wurf, Abel hingegen hält plötzlich einen Lederriemen in der Hand, legt seinen Stein in die Schlaufe und schleudert. Ein hundsgemeiner Trick.
Für Kain sicher ein Schock, denn richtig geschleudert erreicht das Projektil mehr als 50 m/s und hinterlässt damit ähnliche unschöne Krater im Körper des Zielobjekts wie Pfeil und Bogen, die allerdings erst von Abels Vielfachurenkeln erfunden werden mussten. Die Steinschleuder hingegen taucht auf allen Kontinenten flächendeckend auf und ist jahrtausendelang nicht aus dem Umgangston der Menschen wegzudenken. Goliath fiel ihr zum Opfer, die Schiffe der Trojaner ebenso, Griechen und Römer unterhielten ganze Armeen mit tausenden Schleuderexperten, was dazu führte, dass Briten, Gallier, Elefanten und sogar Germanen in Grund und Boden geschleudert wurden. Wahre Meister des Schleuderns sind offenbar die Bewohner der Balearen, übersetzt die "Werfer", deren Präzisionsschleuderdienste von allen namhaften Herrschern bis vor ganz kurzem (nur 2000 Jahre her) für viele Dollar (oder was auch immer man damals bezahlte) eingekauft wurden.
 ... wie heute. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Aber, ach, nun ist die Schleuder etwas in Vergessenheit geraten. Abgesehen von den Tschuktschen, die immer noch ihr Vieh mit der Dreifachschleuder, genannt "Bola", zu Fall bringen, verwendet man das altbewährte Grundprinzip nur noch zum Salattrocknen. Dabei wären ästhetisch reizlose Messerstechereien mit einer einzigen Schleuder schnell erledigt, Bullenwannen und israelische Siedler hätten zehnmal so tiefe Dellen, und sogar ins Flugzeug kann man Schleuder und Steine problemlos mitnehmen. Das sollen jetzt keinesfalls Anregungen zu neuen Methoden in der Völkerverständigung sein, es geht ganz sicher auch so wie bisher.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wunderwaffenwoche in der Riesenmaschine
24.01.2006 | 03:28 | Berlin | Alles wird besser | Alles wird schlechter
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Nachtleuchtende Zifferblätter machen Krebs, Filme über niedliche Fische führen dazu, dass andere niedliche Fische im Klo heruntergespült werden und im Kommunismus war es fast unmöglich, mal einen europäischen Fussballtitel zu gewinnen. Man sieht: Oft wird das Gute gewollt und doch das Schlechte bewirkt.
Hier nun ein gelungener Versuch, es umgekehrt zu machen: Living with Things heisst die Diplomarbeit von Monika Hoinkis, bis vor kurzem Studentin der Visuellen Kommunikation an der UdK Berlin. Nach einigen Vorstudien (10 cm langes Ethernetkabel u.ä.) stellt sie sieben Objekte mit offensichtlichen Macken vor, darunter eine Schreibtischlampe, die man festhalten muss, einen Wecker, der nur klingelt, wenn man an seiner Schnur zieht, und einen Kompass, der immer in die Richtung seines Benutzers ausschlägt.
Für die hier runterladbare Arbeit gab es von der UdK im Übrigen einen Preis und, zusammen mit den Ergebnissen der weiteren Preisträgerinnen, bis zum 13. Januar eine Ausstellung in der hauseigenen designtransfer-Galerie am Einsteinufer. Und, wer weiss, vielleicht ist dies ja der Beginn eines globalen Trends in der Warenwelt, der unter dem Label Stupid Design die kommenden Jahre bestimmen und ganz nebenbei zu neuen Ufern in der Garantie- und Gewährleistungsrechtssprechung führen wird.
... 418 419 420 421 422 [423] 424 425 426 427 428 ...
|
IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Expeditionsarzt
- Ein Eimer Erbsen/mittelfein
- fortfahren
- "Dursty" Getränkeshops
SO NICHT:
- Anstellerei
- Verbrechen
- Expeditionshypochonder
- Ford fahren
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Franklyn", Gerald McMorrow (2008)
Plus: 5, 86 Minus: 1, 14, 54 doppelt, 74, 91, 101, 134, 135, 161, 173 Gesamt: -9 Punkte
KATEGORIEN
ARCHIV
|
|