Riesenmaschine

12.08.2005 | 01:05 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt

Angriff aus dem All


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
In diesen Stunden werden wir von irgendwelchen Irren auf dem Kometen "Swift-Tuttle" angegriffen, und zwar mit kleinen Steinchen. Das ist natürlich total albern, und deshalb werden auch dieses Jahr wieder zahllose Menschen die Nacht im Freien verbringen, um angesichts der vielen hundert Steinchen, die hilflos als Sternschnuppen in der Atmosphäre verglühen, die waffentechnische Überlegenheit der Menschheit zu feiern.

Weniger albern wäre die Angelegenheit, wenn man mal ein etwas größeres Steinchen verwenden würde. Es gibt in der Nähe der Erde schätzungsweise 150.000 Felsbrocken mit mehr als 100 Meter Durchmesser, die mehr Zerstörungskraft haben als die beste Wasserstoffbombe, und immer noch 1000 oder so, die sofort alles, also wirklich alles, vernichten würden. Daher ist "Beschuss mit Asteroiden" auch eine der wenigen wirklich plausiblen Strategien, die Erde ein für allemal zu zerstören. Immer vorausgesetzt, dass sie endlich mal treffen, diese Aliens oder Gott oder wer auch immer, was allerdings so wahrscheinlich ist wie, naja, wie etwas, das gar nicht passiert.

Trotzdem, ein schönes Endzeitszenario, sagte sich Hollywood, und warf Ende der 90er gleich fünf gefährliche Asteroiden auf den Markt. Menschen gerieten in Panik, alte Dinosaurier (Überlebende der Yucatan-Katastrophe) zogen mahnend durchs Land, so lange, bis Politiker schließlich "Krieg den Sternschnuppen" versprachen. Die ersten Riesenteleskope zur Asteroidensuche entstehen, und schon in wenigen Jahren werden wir alles wissen, alles, was wir brauchen, um die wirklich gefährlichen Angriffe zurückzuschlagen. Aber bis dahin haben sie sich bestimmt etwas Neues, noch Tödlicheres ausgedacht.


12.08.2005 | 01:08 | Berlin | Zeichen und Wunder

Neuer Trend zur Höflichkeit II


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wo soll das alles noch hinführen? Wird demnächst selbst die Gewalt, die vom Staat ausgeht, nur noch konsensuell ausgeübt? "Wir bedauern, dass Sie oder Ihre Oberbekleidung selbst bei bestimmungsgemäßer Anwendung unseres Wasserwerfers ein klein wenig nass werden könnten und bitten Sie daher, am 1. Mai nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben, wenn's keine Umstände macht"? Das muss wohl diese repressive Toleranz sein, die Marcuse 1965 angedroht hat, und wer das Gegenteil behauptet, der kriegt auf die Fresse. Natürlich nur, wenn er das gern möchte.

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11.08.2005 | 18:08 | Anderswo | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Phonesexatron

Wie Wired in Ausgabe 07/2005 berichtet, gibt es mittlerweile nützliche Skripte nicht nur für das Telefonmarketing und zur Telefonmarketing-Abwehr, sondern auch für Telefonsex – eins der raren Beispiele, in denen eine Innovation mal nicht den üblichen Weg Raumfahrttechnik – Pornographie – Endverbraucher nimmt. Die 23-jährige Friday Goldman dokumentiert mit dem Tool Phonesexatron (neben Tipps zur Gesprächsführung und einem Thesaurus mit Genital-Synonymen) eine Telefonsex-Formel, die sie seit ihrem achtzehnten Lebensjahr in ihrem Beruf als Ferkeltelefonistin entwickelt hat. Durch Phonesexatron stieg die durchschnittliche Dauer der Gespräche in sechs Monaten von 14,47 auf 24,2 Minuten und damit die Umsätze von Goldmans Arbeitgeber um stattliche 42 Prozent. Goldman betreibt mittlerweile ein eigenes Telefonsexunternehmen mit 30 Angestellten; Ende August diesen Jahres soll phonesexatron.com in Betrieb gehen.. Warum haben wir eigentlich nichts Vernünftiges gelernt?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?


11.08.2005 | 17:42 | Berlin | Essen und Essenzielles | Zeichen und Wunder

Den Hunger respektieren


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Mit dem schönen, geradezu erleuchteten Satz "Nie wurde der Hunger so respektiert" bewirbt hier die Bäckerei Göhs in Berlin-Kreuzberg ein "Schoki-Vanille-Hörnchen". Wie wurde unser Hunger bisher mit Füssen getreten! Wie hat man seine elementaren Rechte (Existenz!) missachtet, ihn in Entwicklungsländer abzuschieben versucht und ihm den schäbigen Durst Abend für Abend vorgezogen. Ein Glück, dass das ein Ende hat. Herzlich willkommen, Hunger! Angesichts von "Schoki-Vanille-Hörnchen" bist du uns gleich noch viel lieber.


11.08.2005 | 17:25 | Berlin | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt

Counter-Targeting


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)


Erst kürzlich war Kreuzberg praktisch flächendeckend mit Werbung für den DSL-Provider "Alice" plakatiert; keine Pizza konnte man bestellen, ohne dass einem Alice vom Karton entgegengrinste. Dabei waren Alice-Anschlüsse im weiten Umkreis gar nicht zu haben. ("Aber ich kann von hier aus das Plakat auf der anderen Straßenseite sehen!" – "Ja, aber auf der anderen Straßenseite sind wir auch nicht verfügbar.") Damals glaubten wir noch, die Werbeagentur hätte vielleicht quasi nur den Pinsel leergemalt.

Ganz ähnlich geht derzeit die FDP in Kreuzberg vor. "Mehr Arbeitsplätze", hallo, FDP, würden wir nicht vielleicht in München wohnen, wenn wir "Arbeitsplätze" wollten? Und "weniger Steuern", also, wenn wir noch weniger Steuern zahlen würden, müssten wir ja noch Geld rauskriegen, und das ist selbst für ein Wahlversprechen ein bisschen gewagt.

"Targeting" heißt es, wenn man Werbung dort anbringt, wo die Zielgruppe sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu sehen bekommen könnte. Analog handelt es sich hier anscheinend um die revolutionäre Taktik des Counter-Targeting, über deren geheime Wirkungsweisen wir noch viel zu wenig wissen. Aber die Riesenmaschine bleibt am Ball.


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