Riesenmaschine

25.03.2007 | 22:09 | Berlin | Alles wird besser | Sachen kaufen

Vom Trug der geraden Schönheit


Schon nicht schlecht, aber noch Luft nach oben (235 Euro oder 124,53) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Spätestens seit Britney Spears' Unten-Ohne-Fotos ist dem Philosophen klargeworden, dass das Konzept von der Schönheit, die im Auge des Betrachers liegen sollte, so nicht aufgeht, sondern dass auch das betrachtete Objekt mitspielen muss. Der Begründer der Ästhetik, Alexander Gottlieb Baumgarten, setzte im 18. Jahrhundert der bis dahin geltenden busenorientierten Schönheit nach Rubens offiziell eine wissenschaftliche Definition mit Erkenntnis und so vor die Stielaugen und brockte uns damit Forscherkram wie die Wissenschaftsästhetik ein. Erst Paul Dirac schlug eine Bresche zurück durch den mathematischen Wust, der zwischenzeitlich die Schönheitsforschung dominierte, indem er sagte, "Hauptsache, die Formel sieht gut aus, der Rest ist doch egal." Dahinter steht mathematisch die schmuck klingende Bezeichnung "Kolmogorow-Komplexität", die Erkenntnis von der Einfachheit der Schönheit und der Schönheit des Einfachen, das nicht mehr reduziert werden kann. Deren Gültigkeit wurde erst im 21. Jahrhundert getrübt, als der einfache Mann auf der Strasse begann, Fotos von sich selbst ins Internet zu stellen.

Nun aber zeigt sich, dass das Einfache vielleicht schön sein mag, aber total unpraktisch. Jahrhundertelang war der diracisch fehlgeprägte Schönheitsbegriff von bankangestellten Ingenieuren dafür veranwortlich, dass am Geldautomaten so trügerisch schöne, runde Summen wie 50, 100, 200 und 500 Euro zu bekommen waren. Eine Vorstellung von Ästhetik, die wenige Sekunden später beim versuchten Kauf einer Busfahrkarte mit einem 50-Euro-Schein zerplatzte. Zu loben ist an dieser Stelle das Bankhaus August Lenz, das auf seinen Geldautomaten erzieherisch tätig ist und wunderschön unrunde Summen wie 110 oder 210 Euro zur Auszahlung bereitstellt. Es muss also immer auch ein kleiner, schöner Schein dabei sein. Dass man im Bus aber auch noch mit einem 10-Euro-Schein den Hass des Fahrers auf sich zieht, ist kein Problem der Ästhetik, sondern der Berliner Verkehrsbetriebe.


25.03.2007 | 14:28 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Kleben, nur zum Schein


Saturn als Warze, abgeklebt (Foto: striatic, Lizenz )
Klebeband ist für Nicht-Kosmologen in etwa das, was für Kosmologen das Anthropische Prinzip darstellt: Man kann damit alles in Verbindung bringen, was sonst nicht zusammengehört. Bewiesen ist ausserdem, dass Klebeband auch als Hausmittel gegen die drei Reiter der Apokalypse, Fluiddynamik, Schwerkraft, und Nacktheit einsetzbar ist. Seit Klebebandexperte MacGyver das Feld mit seinen klassischen empirischen Studien befruchtete, ist viel Zeit vergangen und seine Epigonen gehen in die Millionen. Dean "Hannibal" Focht zum Beispiel bestätigte im Jahr 2002 auf wissenschaftliche Art und Weise den jahrhundertealten vor-macgyverianischen Volksglauben, Klebeband ersetze den plastischen Chirurgen – nicht weil es Brüste vergrössert (was bestimmt auch geht), sondern weil Warzen verschwinden, wenn man sie abklebt. Neuere Ergebnisse von Marloes "Ducte" de Haen scheinen dies tendenziell zu bestätigen. Oberflächliches Googeln jedoch bringt leicht hilfslose Klebebanddilettanten zutage, die an renitenten Warzen verzweifeln. Und dann platzt am Donnerstag die Bombe: Es funktioniert überhaupt nicht, sagt Rachel "Brathering" Wenner, jedenfalls nicht mit durchsichtigem Klebeband. Aber hätte MacGyver je durchsichtigen Stoff benutzt? Klebeband, offenbar nichts für Amateure.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


25.03.2007 | 03:32 | Alles wird besser | Was fehlt

Little Boxes Made Of Ticky-Tacky


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Auf den ersten Blick ist das oben abgebildete Handy im Zigarettenschachtelformat (via Boing Boing) nur eine Fortführung des von uns angstvoll erahnten und dann auch postwendend eingetretenen Trends zum Handy im Nonsensformat – zumal es durch sein Design und die tatsächliche Zweitfunktion als Zigarettenbox einen unguten Yps-Detektivserien-Touch annimmt.

Aber eben nur auf den ersten Blick. In Wirklichkeit handelt es sich um nichts Geringeres als den Beginn einer längst überfälligen Revolution im nach wie vor völlig unzureichend entwickelten Bereich des Individualtransports. In naher Zukunft werden nicht nur Handys die Form von Zigarettenschachteln besitzen, sondern einfach alle Dinge: MP3-Player, Portemonnaies, Laptops, Wohnungsschlüssel – der modulare und stapelbare Weg in eine bessere Welt, in der mühsames Gewühle in den Hosentaschen der Vergangenheit angehört, im Logistikbereich hat das schliesslich auch funktioniert. Der Einwand, dass bereits eine einzige Zigarettenschachtel in der Hosentasche stört, gilt selbstverständlich nicht. Auf einen Dreimaster passen schliesslich auch keine ISO-Container, das Problem sind hier also nicht die Schachteln, sondern die Hosen. Aber keine Sorge, es wird sich bereits gekümmert.


24.03.2007 | 19:42 | Anderswo | Fakten und Figuren

Vita secunda


U-Bahn-Station in Rom. Sie können hier zwar nicht einsteigen, aber dafür Ausgrabungen bewundern.
Jeder Versuch, die sagenhaften zwei U-Bahnlinien in Rom auszubauen, scheitert an der Übersättigung des Stadtuntergrundes mit archäologisch wertvollem Gemäuer. In Deutschland hat man es da besser, die alten Römer haben uns weitestgehend mit ihrem historischen Humus verschont, mit Ausnahme mancher steinerner Städte hinter der Grenze zu den Holzhüttengermanen. So beginnen bald in Köln umfangreiche Ausgrabungen im Zentrum, die bis hinab zu den antiken Fundamenten gehen sollen. Noch ein Weiteres haben die Kölner von den Römern übernommen: Im Museo della Civiltà Romana steht eine riesige Modellrekonstruktion des antiken Roms, eine gigantische Spielzeugstadt, die des Römerfans Fantasie sondergleichen beflügelt. Köln macht nun dasselbe mit Colonia Claudia Ara Agrippinensium, wie die Römer Köln mit ihrem feinen Gespür für lässige Namen nannten – und zwar als virtuelle 3D-Rekonstruktion. Endlich mal durch die antiken Latrinen surfen! Vielleicht auch bald vor altertümlicher Kulisse eine Wiedergeburt des vergangenen Lebens, ein Second Life für den Römerfan?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Schnaftitudo novissima

Ruben Schneider | Dauerhafter Link


24.03.2007 | 13:52 | Berlin | Anderswo | In eigener Sache

Riesenmaschine plant ihre Woche


In der neuen Rubrik Alle Termine kann man immer rechtzeitig erfahren, wann Riesenmaschine-Autoren auf Bühnen stehen und von Zetteln vorlesen.
(Foto: Michael Brake)
Ein neuer Rekordversuch biblischen Ausmasses wird schon morgen gestartet: Es muss möglich sein, an jedem Tag des Jahres mindestens zwei Riesenmaschine-Autoren auf ein Podium zu setzen. Es beginnt am Sonntag, wenn Kathrin Passig und Tex Rubinowitz in Hamburg im Kaffeesatz lesen. Zwei Tage später werden Kathrin und Sascha Lobo wieder einmal das Erfolgsmusical Riesenmaschine TV aufführen, dieses Mal bei blogspiel.de im Hebbel am Ufer in Berlin; kurz vorher, nämlich nachmittags um vier, ist Kathrin Passig zu Gast in der Blogsprechstunde bei politik-digital. Am Mittwoch ist immer noch Kathrin bei dem unterschätzten Longitudinalprojekt Die Weltchronik von Jochen Schmidt und Falko Hennig zu Gast, wo sie Jochen Schmidt unter Zuhilfenahme von Gewalt endlich die Grossschreibung von Substantivierungen beibringen wird. Am selben Tag jedoch wird es sich zutragen, dass Holm Friebe und der bereits erwähnte Sascha Lobo im PZ-Forum (nicht verwandt mit dem Paparazzi-Forum) in Pforzheim ihre Geheimschrift WNEA erklären. Am Donnerstag, man wagt es kaum zu sagen, liest die renitente Kathrin Passig bei den 5. Tagen der jungen deutschsprachigen Literatur im Bierstindl in Innsbruck, einer Veranstaltung, bei der am Freitag auch Riesenmaschinen-Edelreservist Klaus Nüchtern zu besichtigen sein wird. Die Combo Friebe/Lobo wird an dem eben schon erwähnten Donnerstag nochmals auftreten, und zwar mit dem weltweit ersten Workshop, der in einem Musikhaus in Mannheim stattfindet. Montag ist bislang noch eine erbärmliche Lücke im Terminplan, hat denn niemand was für Montag? Zustände. Die Termine ab kommenden Samstag werden nachgereicht.


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Minus: 1, 10, 13, 17, 38, 138
Gesamt: 10 Punkte


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